Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler bewirbt sich um die SPÖ-Spitze.

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SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner und ihr Widersacher, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.

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Recht turbulent soll die Vorstandssitzung der SPÖ am Montag zur geplanten Mitgliederbefragung über die künftige Parteiführung abgelaufen sein. Hinter vorgehaltener Hand ließen SPÖ-Vertreterinnen und -Vertreter ihren Unmut etwa darüber aus, dass Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch die Pläne medial schon vorab verbreitet hatte. Die Mitglieder im roten Vorstand sollen teils "fassungslos" darüber gewesen sein, hieß es. Am Ende der stundenlangen Beratungen standen einige Minimalkompromisse.

Doch auch bei diesen steht die Partei vor ungeklärten Fragen. Beispielsweise: Wer soll auf dem Parteitag kandidieren, sollte niemand mehr als 50 Prozent der Mitglieder überzeugen können? Burgenlands Landeschef Hans Peter Doskozil machte bereits nach den Gremien klar: Liegt er nicht auf Platz eins, zieht er zurück. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner wiederum will das Ergebnis akzeptieren. Am Dienstag erklärte schließlich eine Sprecherin des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler dem STANDARD, er werde nicht verzichten, sollte es keine klare Mehrheit geben.

Ein Überblick, worauf man sich geeinigt hat und was noch offen ist.

Frage: Wer darf sich der Mitgliederbefragung um den SPÖ-Vorsitz stellen?

Antwort: All jene, die bis vergangenen Freitag ihre Kandidatur bekanntgegeben haben, stehen zumindest in der Ziehung. 72 Personen – darunter vier Frauen – und eine Giraffe (dem Vernehmen nach eine Fake-Kandidatur) wollen in Zukunft die SPÖ anführen. Dass sich so viele bewerben, dürfte die Parteispitze überrascht haben, denn eigentlich sollte das Match zwischen der aktuellen Parteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeschef Hans Peter Doskozil ausgetragen werden. Daher zogen die Gremien der SPÖ nun kleine Hürden ein, die bis diesen Freitag genommen werden müssen.

Frage: Welche Hürden wurden eingeführt?

Antwort: Zum einen müssen alle, die eine Kandidatur anstreben, vorab 30 Personen von sich überzeugen und Unterstützungserklärungen sammeln. Insbesondere zahlreiche rote Landesorganisationen hatten vorab auf Hürden gedrängt.

Neben den Unterstützungserklärungen müssen die Bewerbungen eine kleine Vorstellung inklusive Foto enthalten. Daraus soll hervorgehen, dass man sich mit den Werten der Sozialdemokratie identifiziert. Außerdem muss die Kandidatin oder der Kandidat ein Leumundszeugnis vorlegen, also einen Auszug aus dem Strafregister, und das passive Wahlrecht besitzen. Für den Nationalrat wählbar sind nur österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die über 18 Jahre alt sind. So sollen Fake-Kandidaturen ausgesiebt werden.

Frage: Wie muss eine Unterstützungserklärung aussehen?

Antwort: Für die Unterstützungserklärungen gibt es ein Formular, das am Dienstag an die Interessentinnen und Interessenten geschickt wurde. Supporter müssen Name, Adresse und Mitgliedsnummer angeben und unterschreiben. Ein Mitglied kann mehrere Kandidaturen unterstützen – wenn man möchte, sogar alle 73. Überprüft werden die eingereichten Erklärungen von der Wahlkommission mit Unterstützung der Bundesgeschäftsstelle.

Frage: Wann stehen die Bewerberinnen und Bewerber fest?

Antwort: Bis Freitag haben die Kandidatinnen und Kandidaten Zeit, ihre Bewerbung aufzupolieren und einzureichen. Diese und die abgegebenen Unterstützungserklärungen werden anschließend geprüft. Das kann ein wenig dauern. Denn sollten tatsächlich alle 73 Kandidaturen mit je 30 Unterschriften eingereicht werden, müssen knapp 2.000 Unterstützungserklärungen durchgegangen werden.

Frage: Wer hat die besten Chancen?

Antwort: Wie es bisher aussieht, dürfte es in dem riesigen Kandidatenfeld nur drei ernsthafte Anwärterinnen und Anwärter geben: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner selbst, Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil sowie Traiskirchens Bürgermeister Andreas Babler. Die anderen Kandidatinnen und Kandidaten dürften aus der Basis kommen und keine überregionale Bekanntheit haben.

Frage: Wie sieht der Stimmzettel aus?

Antwort: Andreas Babler dürfte eine weitere kleine Hürde in den Weg gelegt worden sein. Innerhalb der Parteigremien hat man sich auf eine Reihung geeinigt. So soll auf dem Stimmzettel erst gefragt werden, ob Rendi-Wagner SPÖ-Chefin bleiben und die Partei als Spitzenkandidatin in die Nationalratswahl führen soll. Danach wird nach Doskozil gefragt und nach allen anderen Kandidatinnen und Kandidaten. Und hier liegt Bablers Problem: Gereiht wird nicht, wie es anfangs zur Diskussion stand, nach der Funktionshöhe, sondern nach Einlangen der Bewerbungen. Sprich: Babler wird irgendwo weiter hinten, zwischen einfachen Mitgliedern, versteckt. Kreuzt ein Mitglied mehrere Kandidatinnen oder Kandidaten an, dann ist das Votum ungültig.

Frage: Ist das Ergebnis der Mitgliederbefragung bindend?

Antwort: Nein. Laut Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist die Befragung "ein Stimmungsbild", das über einen "Befragungszettel", nicht über einen "Stimmzettel" abgefragt wird. Das stimmt natürlich. Der Parteivorsitz muss laut Statuten auf einem Parteitag gewählt werden. Allerdings ist es weniger eine Frage der Statuten als des Willens, sich an das Votum der Mitglieder zu halten. Und da kommt es besonders auf die Kandidatinnen und Kandidaten an.

Frage: Was passiert auf dem Sonderparteitag?

Antwort: Am 3. Juni soll endlich die letzte Phase der Vorsitzfindung abgeschlossen sein. Die rund 650 Delegierten aus den Ländern, Bezirken und roten Organisationen werden wählen, wer künftig auf dem Chefsessel der SPÖ sitzen soll. Kandidieren kann auf dem Parteitag jedes Mitglied, vorab innerhalb einer Frist oder sogar erst bei dem Treffen selbst.

Frage: Wer kandidiert am Parteitag?

Antwort: Das ist noch offen. Klar hat sich Burgenlands Hans Peter Doskozil dazu geäußert: Sollte er nicht als Erster aus der Mitgliederbefragung hervorgehen, will er auch nicht auf dem Parteitag kandidieren, selbst wenn er nur eine Stimme hinten liegen sollte. Pamela Rendi-Wagner erklärte ebenfalls, sie werde das Ergebnis der Mitgliederbefragung akzeptieren.

Andreas Babler sieht das anders: Sollte niemand mehr als 50 Prozent erhalten, will er eine Stichwahl. Der Prozess müsse demokratisch zu Ende gebracht werden. Es brauche eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden mit stabiler Mehrheit der Mitglieder. Und natürlich könnten auch ganz neue Namen beim Sonderparteitag ihr Glück versuchen. (Oona Kroisleitner, Sandra Schieder, 28.3.2023)