Mandy in Berufskleidung irgendwann in den 1970er-Jahren.

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Mitte der 1960er-Jahre verkauften die Bambis in Österreich mehr Schallplatten als die Beatles. Vor allem mit Melancholie, geschrieben von Bambis-Gitarrist Conny Fuchsberger, wurden die Briten mit ihrem 1964er-Hit A Hard Day's Night von Platz eins geholt. Der ungezügelten Wildheit der Weltjugend konnte mit einem in tränenersticktem Moll gehaltenen Trauergesang wegen einer verlorenen Urlaubsliebelei romantisch Einhalt geboten werden: "Melancholie – im September, das ist alles, was mir blieb von dir." Dann setzt ein mit elektrischer Gitarre nachgestelltes einköpfiges Mandolinenorchester ein – und die Trauer gerät zur bitteren Klage in Dur: "Arrivederci war dein letztes Wort, Arrivederci – und dann gingst du fort!"

Apropos Mandolinen: Dem damaligen Fernweh und der Sehnsucht nach "Freiheit" in der großen weiten Welt während des spießigen deutschen Wirtschaftswunders geschuldet, sang der 1935 im bayerischen Rosenheim geborene Georg "Mandy" Oswald mit exotischem italienischem Akzent. Das Timbre war im Falsett gehalten. Mal gurrte seine Stimme wie ein verliebtes Täubchen, mal klang sie wie eine fordernde Trompete. Jedenfalls bebte dieser Sänger aufgrund einer romantischen Stimmungslage, die sehr schnell in eine im Affekt gesetzte Tat umschlagen konnte.

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Wie jede Musik, die Bestand hat, musste ein guter deutscher Schlager neben aller absehbaren Pflichterfüllung und Treuherzigkeit immer auch den Moment der Unberechenbarkeit und Gefahr beinhalten.

Melancholie gilt noch bis heute als fixer Bestandteil jeder gutsortierten Jukebox eines gutgeführten Tschocherls. In einer Absturzhütte müssen die vom Leben gebeugten Leute an der Budl schließlich sachgemäß akustisch begleitet in ihr Bier weinen können. Es wird geschätzt, dass es weltweit über hundert Coverversionen des Liedes in dutzenden Sprachen gibt.

Die Bambis gründeten sich 1957 als halbwegs gesittete Tanzkapelle. Den Rock 'n' Roll pflegte man zwischen Engagements in Wiener Nachtlokalen und mondänen Hotels am Wörthersee mehr als Lebensstil und weniger musikalisch. Der Wörthersee, das war damals fast Italien, aber mit deutscher Speisekarte. Zwar existieren auch einige Ausreißer der Bambis wie der spukige Song Inka City, ebenfalls von 1964. Für ein zünftig nach guter Laune gierendes Publikum gaben es die Bambis aber abseits der großen Erfolge oft auch billiger.

Wolfgang Moran

Jock-A-Mot-A-Hucke-Pack-Ju-Ju-Hand oder Ticke-Tacke Slop und Mini Kini Baby und Daddy-Twist sind heute längst vergessen. Kommerziell gesehen waren die Bambis in ihrer großen Zeit bis Ende der 1960er-Jahre weiter auf Melancholie gebucht. Man erinnere sich an die auch heute noch berührenden Lieder Nur Ein Bild von Dir, Es war ein Sommertraum und Es ist aus.

Mit dem Geld aus diesen Klassikern kauften sich die Bambis damals auch in Wien das Tanzlokal Tamarin in der Annagasse im ersten Bezirk. Bis 2004 zählte es unter dem Namen Tenne als Klassiker des Nachtlebens aus vergangenen Zeiten. Die Erfolge der Bambis wurden zwar über die Jahre wieder kleiner, man blieb aber aktiv.

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Die Bambis trennten sich nach diversen On/Off-Phasen 1990 endgültig. Mandy machte als Mandy von den Bambis noch bis ins hohe Alter für ein mit ihm älter gewordenes Publikum zwischen Wien und Wörthersee weiter. Erst voriges Jahr feierte er seinen offiziellen Bühnenabschied. Nun ist Georg "Mandy" Oswald in Wien gestorben. Er wurde 87 Jahre alt. (Christian Schachinger, 28.3.2023)