Foto: Cristina Rios Bordon/Sky

Gute Laune trotz unterkühlter Temperaturen? Ist nicht sehr wahrscheinlich, aber möglich. Angesichts der Serien im April bin ich persönlich im Vorfrühlingshoch. Es gibt, halten Sie sich fest: nicht eine einzige Dystopie! Ist das zu fassen? Kann sein, dass ich irgendwo irgendwie einen Weltuntergang übersehen habe. Bitte, nageln Sie mich nicht fest. Die großen Serienstarts sind in den kommenden Wochen zwar nicht zu hundert Prozent freundlich, aber immerhin ansehnlich spannend:

"The Good Mothers"

Wenn von Frauen und Mafia die Rede ist, denken gelehrte Serienjunkies zuallererst an die hoch wohlgeborenste von allen, natürlich Carmela Soprano, die den testosteron-gesteuerten Bonzen inklusive ihres Göttergatten Tony zu jeder Zeit und in allem voraus war. Schlau und smart alleine reicht jenen guten Müttern aus der Disney-Serie allerdings nicht. Sie brauchen die Macht der Justiz und viel Mut, um sich gegen ihre gewalttätigen Ehemänner zu stellen. Die neue italienische Originalserie wurde bei den Filmfestspielen Berlin mit dem "Berlinale Series Award" ausgezeichnet. Die Erzählung folgt der wahren Geschichte dreier Frauen, die in den tödlichen Ndrhangheta-Clan hineingeboren wurden und zeigt, wie es gelingt, dieses Monster von innen heraus zu stürzen. Gaia Girace ("Meine geniale Freundin"), Valentina Bellè ("Catch-22", "Medici: Herrscher von Florenz") und Barbara Chichiarelli führen die Besetzungsliste an. Das Projekt basiert auf dem Buch des Journalisten Alex Perry. 5.4., Disney+

Hulu

"LOL 4"

"Ernst auf Ernst, wer lacht, kriegt eine Tachtel", heißt es bei Amazon Prime mittlerweile zum vierten Mal. Joko Winterscheidt ist dabei, Cordula Stratmann, Moritz Bleibtreu, Martina Hill, Kurt Krömer, Michael Mittermeier, Jan van Weyde, Elton, Max Giermann und natürlich die Schweizer Lachwurze Hazel Brugger. Einmal mehr sehen wir unter der strengen Kontrolle von Michael Herbig verzerrte Gesichter und absurde Späße. Ein wenig nutzt sich das Konzept ab, vielleicht kann man es dann wieder gut sein lassen. 6.4., Amazon Prime

Amazon Prime Video Deutschland

"Beef"

Steven Yeun und Ali Wong geraten im Straßenverkehr aneinander, eine scheinbar harmlose Alltagssituation eskaliert komplett. Feine Variante des Stücks "Aus dem Ruder gelaufen" und der daraus resultierenden Folgen. 6.4. Netflix

Netflix

Tender Hearts

Sechs Tage ist der Monat schon alt, und noch immer keine Science-Fiction-Serie? Geht ja gar nicht. Hier also "Tender Hearts". Wir schreiben das Jahr 2036. Die alleinstehende Mila mietet sich zur eigenen Belustigung einen Lovedroid, "Typ Friendly Bo". Dieser gibt sich reichlich Mühe, was bei Mila gut ankommt, aber ein echter Mensch ist der Liebesbot eben doch nicht. Friederike Kempter macht den Echtheitstest. 6.4., Sky

Sky Österreich

"Transatlantic"

Mit "Unorthodox" hat Anna Winger eine sehenswerte Serie erschaffen und dem Publikum Einblicke in die hermetische Welt orthodoxen jüdischen Lebens gewährt. In "Transatlantic" erzählt sie nach der Vorlage von Julie Orringers Roman "The Flight Portfolio" die Geschichte von Varian Fry und Mary Jaye Gold, denen es 1940 über das Emergency-Rescue-Committee-Team von Marseille aus gelang, Künstlerinnen, Schriftsteller, Philosophinnen und andere Flüchtlinge außer Landes zu bringen. Entwickelt wurde die Miniserie von Winger und Daniel Hendler für Netflix. Cory Michael Smith und Gillian Jacobs spielen die Hauptrollen. Winger schafft es einmal mehr, mit Witz und Leichtigkeit diese gewichtige Story zu erzählen. Pflichtveranstaltung des Monats. 7.4., Netflix

Netflix

"Neue Deutsche Welle"

Darf ich mich an dieser Stelle wieder einmal über das nervige Geoblocking beschweren? Mit der vorsintflutlichen Regelung beschränken Anbieter den Zugang von Inhalten aus anderen Ländern, weshalb die ZDF-Serie hierzulande in der Mediathek nicht zu sehen ist: "Aus rechtlichen Gründen kann dieser Beitrag nur in Deutschland gezeigt werden." In drei Folgen erzählt die Doku die Erfolgsgeschichte des Deutschpops in den 1980er-Jahren. Von Düsseldorf und anderen Städten aus gründen sich Ende der 1970er zahlreiche Bands, provokant und kritisch, und finden eigenen Stil und Ausdrucksweise: da, da, da. In Ermangelung einer Alternative heißt es, Fernseher anwerfen. Skandal im Sperrbezirk! 9.4., ZDF Info

"A Town Called Malice"

"Wenn 'Dallas' mit 'Pulp Fiction' zu den Klängen von Duran Duran Liebe machen würde, käme 'A Town Called Malice' dabei heraus", kündigt Sky vollmundig dieses achtteilige Thrillerspektakel an. Klingt gut, könnte aber auch eine Spur zu hoch gegriffen sein. Jack Rowan, Tahirah Sharif und Jason Flemyng geben sich hier dem großem Bandenkrieg hin. Die Story: Gene, der Jüngste der Familie, fühlt sich von seiner kriminellen Familie nicht entsprechend anerkannt. Nachdem er eine Bandenschlacht knapp überlebt hat, fliehen er und seine Verlobte Cindy an die spanische Costa del Sol. Dort geraten sie in die lokale Unterwelt und mit den hiesigen Bandenbossen schwer in Konflikt. Und weil das alles in den 1980er-Jahren spielt, ist die von Nick Love ("Bulletproof") kreierte Serie auch ein Fest fürs Auge. 12.4., Sky

Sky TV

"Beschütze sie"

Jennifer Garner sucht mit ihrer Tochter den abgängigen Ehemann. Dieser ist plötzlich verschwunden, schickt aber aus der Ferne mysteriöse Nachrichten mit dem titelgebenden Hinweis. Nach und nach erhärtet sich der Verdacht, dass der gute Gatte nicht der war, der er vorgab zu sein. "The Last Thing He Told Me" heißt das im Original nach der gleichnamigen Vorlage von Laura Dave. Nikolaj Coster-Waldau spielt den abwesenden und doch sehr präsenten Gatten. Reese Witherspoons Hello Sunshine hat produziert. 14.4., Apple TV+

Apple TV

"The Marvelous Mrs. Maisel 5"

Frau Maisels Weg in die frauenfreie Welt der Stand-up-Comedy im Amerika der Fifties war in der ersten und, ja, auch in der zweiten Staffel phänomenal, danach oft mehr vom selben. Es darf jetzt zu Ende gehen, und es geschieht, wie der Trailer verspricht, mit Pauken und Trompeten. 14.4., Amazon Prime

Prime Video

"Planet Finance"

In der dreiteiligen TV-Doku-Reihe erklärt Marije Meerman, wie Finanzmärkte heutzutage funktionieren. Zum Auftakt geht es um sogenannte Cat Bonds, also Katastrophenanleihen, die spekulieren, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass es zu einer Katastrophe kommt. 18.4., Arte

"True Lies"

Irgendwann kommen alle dran: Jetzt spuckt Hollywoods Wiederverwertungsmaschine die Agentenkomödie mit Arnold Schwarzenegger und Jamie Lee Curtis aus dem Jahr 1994 als Serie aus. Sehen wir also Ginger Gonzag in der Rolle der Helen als vordergründig biedere Vorstadt-Hausfrau neben ihrem vordergründig schnarchfaden Ehemann Harry, gespielt von Steve Howey. Die Heli-Szene ist dabei, James Cameron hat auch die Serienfassung produziert. Ich sehe dem mit Wohlwollen entgegen, es war damals schon sehr lustig. 19.4., Disney+

Rotten Tomatoes TV

"Poker Face"

Natasha Lyonne, Benjamin Bratt, Chloë Sevigny, Adrien Brody, Dascha Polanco, Ron Perlman. Wer braucht noch mehr? Ich nicht. Die Story ist gleichfalls unwiderstehlich: Charlie (Lyonne) kann erkennen, wenn jemand lügt. Als personifizierter Lügendetektor nutzt sie ihre Fähigkeiten und gerät damit prompt selbst ins Visier. Auf ihrer Flucht quer durch die USA schlägt sie sich mit zweifelhaften Jobs durch und trifft auf ziemlich schräge Zeitgenossinnen und -genossen. Vor allem aber stößt Charlie immer wieder auf neue rätselhafte Todesfälle. 24.4., Sky

Peacock

"Sam – Ein Sachse"

Samuel Njankouo "Sam" Meffire war der erste schwarze Polizist Ostdeutschlands. Gesamtdeutsche Aufmerksamkeit erlangte er nach seinem Austritt aus dem Polizeidienst 1992, als er straffällig wurde und eine siebenjährige Haftstrafe verbüßen musste. Die Story wurde mehrfach verfilmt. Branwen Okpako erzählte im Dokumentarfilm "Dreckfresser" Meffires Biografie. 2006 erschien "Black Deutschland", in dem Meffire neben anderen afrodeutschen Protagonisten selbst zu Wort kam. Disney hat daraus eine Originalserie gemacht. Soleen Yusef und Sarah Blaßkiewitz führen Regie, Jörg Winger und Christoph Silber schrieben als Headautoren die Drehbücher. Malick Bauer übernimmt die Titelrolle. 26.4., Disney+

KinoCheck Heimkino

"George & Tammy"

Biopic und Country, das sind, wie man spätestens seit "Walk the Line" weiß, zwei, die sich gut verstehen. Herz und Drama prägen die Musik, beides kommt in der Serie nicht zu kurz, die von den Legenden Tammy Wynette und George Jones erzählt. Jessica Chastain und Michael Shannon spielen die Hauptrollen, ich sattle schon mal die Pferde. 27.4., Paramount+

SHOWTIME

"Citadel"

Achtung, das wird groß: Die Produzentenbrüder Joe und Anthony Russo ("Avengers"-Doppel "Infinity War" und "Endgame") bauen mit dieser Serie gleich ein ganzes Universum auf, Neben dem Hauptpart sind weitere Ableger geplant, die in derselben Welt der Spionage spielen sollen. Bereits in Arbeit sind indische und italienische "Citadel"-Serien. Im Spiel ist auch ein Batzen Geld. Alleine die Erstserie hat angeblich 250 Millionen Dollar gekostet und gilt als zweitteuerste der Welt. Die teuerste hat ebenfalls Amazon Prime zu verantworten. "Die Ringe der Macht" zeigte freilich, dass viel Geld alleine keine ganz gute Serie macht. Wir werden sehen. 28.4., Amazon Prime

Prime Video

"Fatal Attraction"

Und noch ein Exemplar aus der Wiederverwertungsabteilung – hier mit Option auf Wiedergutmachung. Adrian Lynes Film mit Michael Douglas und Glenn Close gilt als Synonym für die Kritik am Feminismus der 1980er-Jahre. "Fatal Attraction" wurde einst als Film angepriesen, der "Männer in Angst und Schrecken versetzte". Familienvater Dan (Michael Douglas) wurde von der intriganten Alex Forrest (Glenn Close) nach einem One-Night-Stand bedroht. Die unfruchtbare Karrierefrau, die sich verzweifelt nach Liebe, Heirat und einem Kind sehnt und dafür bereit ist zu töten: Das sollte so hoffentlich im Jahr 2023 nicht mehr durchgehen. 30.4., Paramount+

Paramount+ UK & Ireland

Frohes Schauen, kommen Sie gut durch den April, wünscht Ihre Prie. (Doris Priesching, 30.3.2023)