Leicht hat es Georg Willi schon lange nicht mehr. Die Viererkoalition, die der grüne Innsbrucker Bürgermeister geschmiedet hatte, war bereits 2021 zerbrochen, das seitdem herrschende "freie Spiel der Kräfte" ist ihm bald entglitten. Kaum ein Vorhaben, für das er sich glaubwürdig einsetzte, gelang.
Die Verantwortung für den stadtpolitischen Stillstand schob und schiebt er jedoch stets von sich und der "rechtskonservativen Allianz" zu, die er seine kühnen Reformpläne mutwillig torpedieren sieht. Letztere wiederum geißelt beständig Willis angeblich mangelnden Teamgeist, eine chaotische Amtsführung sowie (mediale) Alleingänge.
Der Gegenwind wehte schließlich auch in den ureigenen grünen Gefilden: Im vergangenen November traten drei grüne Gemeinderäte aus der Fraktion aus und gründeten einen eigenen Klub. Sie stießen sich unter anderem an Willis angeblicher Unfähigkeit zur transparenten Kommunikation und Führung.
Sonderverträge, die der 63-jährige Studienabbrecher mit seiner Ex-Personalamtsleiterin ausgehandelt hatte, brachten das schon seit geraumer Zeit brodelnde kommunale Sorgenfass schließlich zum Überlaufen. Mehrere politische Parteien brachten Sachverhaltsdarstellungen ein. Nun hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ein Ermittlungsverfahren wegen Untreue und Amtsmissbrauchs eingeleitet. Willi wird als Verdächtigter und nicht als Beschuldigter geführt, es gilt die Unschuldsvermutung. Er selbst ging in einer Stellungnahme gegenüber dem STANDARD davon aus, dass die Ermittlung eingestellt wird.
Willi trotzt dem Gegenwind gelassen. Seelenruhig taumelt er, umgeben vom engen Kreis seiner Vertrauten, scheinbar unbeirrt durch die stadtpolitischen Turbulenzen. Bedächtig war der gebürtige Innsbrucker, der nebenbei auch einen Kirchenchor leitet, schon immer. Bieder, ja konservativ wirkt er, wie er so durch die grüne Hochburg Innsbruck schreitet, forschen Schrittes im Sakko und dem akkurat gebügelten Hemd. Oft ist er auf dem Fahrrad zu sehen, immer mit Helm, um das Hosenbein ein Band aus Klettverschluss. "Grüß Gott", sagt er dann, nickt bedächtig, sein Lächeln mutet fast schüchtern an.
Der verheiratete Vater eines Sohnes gilt als grünes Urgestein: Von 1989 bis 1994 saß er für die Vereinten Grünen im Innsbrucker Gemeinderat. 1994 wechselte er als Klubobmann in den Tiroler Landtag, 2013 in den Nationalrat. Von dort kehrte er zurück, um 2018 den Innsbrucker Bürgermeistersessel zu erobern. Seine Chancen auf eine Wiederwahl 2024 schwinden. (Maria Retter, 28.3.2023)