Das Pensionsantrittsalter soll auf 64 Jahre angehoben werden – zu viel für viele Französinnen und Franzosen.

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Paris – Im Streit über die Pensionsreform in Frankreich ist Berichten zufolge ein Gespräch zwischen Regierung und Gewerkschaften in Sicht. Anfang kommender Woche will Premierministerin Elisabeth Borne Vertreter der Gewerkschaften empfangen, wie französische Medien berichteten. Laurent Berger, Chef der Gewerkschaft CFDT, sagte am Mittwoch im Sender France Info: "Ich werde hingehen, um zu erklären, warum diese Reform eine Sackgasse ist, warum die 64 Jahre abgelehnt werden."

Vehemente Ablehnung der Reform

Man müsse verstehen, dass es eine vehemente Ablehnung der Reform und einen starken Groll gegen die Art und Weise gebe, wie die Dinge dabei gelaufen seien, so Berger. Frankreichs Mitte-Regierung unter Präsident Emmanuel Macron will das Pensionsantrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben, um eine drohende Lücke in der Pensionskasse zu schließen. Bereits seit Jahresanfang wird dagegen gestreikt und protestiert. Die Gewerkschaften halten das Vorhaben für brutal und ungerecht. Der Streit verschärfte sich zuletzt, weil die Regierung den Text ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung drückte. Vor einer Woche scheiterten zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung. Die Reform ist damit verabschiedet. Sie wird nun vom Verfassungsrat überprüft. Macron will, dass die Reform bis zum Jahresende in Kraft tritt.

Macron hatte zuvor bereits angedeutet, dass es Gespräche mit den Gewerkschaften geben solle, allerdings nicht zur Pensionsreform, sondern zu anderen Themen des Arbeitslebens – und auch erst in einigen Wochen. Die Anhebung des Pensionsalters auf 64 Jahre hatte die Regierung zudem als nicht verhandelbar dargestellt. "Ich werde darüber reden", sagte Berger. "Und wenn man mir sagt, 'Sie dürfen darüber nicht reden', dann muss man gehen."

Verfassungsentscheidung Mitte April

Der französische Verfassungsrat fällt am 14. April ein mit Spannung erwartetes Urteil darüber, ob die umstrittenen Pläne der Regierung zur Anhebung des Pensionsalters mit der Verfassung vereinbar sind. Das teilte der Rat am Mittwoch mit. Bereits für 6. April ist ein weiterer Streik- und Protesttag geplant.

Der Rat kann ein Gesetz – oder einen Teil davon – ablehnen, wenn es seiner Meinung nach gegen die Verfassung verstößt. In der Praxis lehnt er aber selten Gesetze in Gänze ab.

Die Opposition hat den Verfassungsrat aufgefordert, das Gesetz aus Verfahrensgründen abzulehnen. Verfassungsexperten zufolge könnte der Rat Maßnahmen streichen, die älteren Arbeitnehmern helfen sollen, einen Job zu finden. Begründung wäre, dass dies nicht in ein Pensionsgesetz gehört. Meinungsumfragen zufolge lehnt eine große Mehrheit der Wähler das Pensionsgesetz ab und unterstützt die Proteste trotz gewaltsamer Zusammenstöße am Rande der jüngsten Demonstrationen. (APA, Reuters, 29.3.2023)