Die Suche nach billigem Strom ist in Zeiten hoher Preisschwankungen schwierig. Ein paar Tipps gibt es dennoch.

Foto: imago images/U. J. Alexander

Eine neue Wohnung zu finden war schwierig, die Möbel mit der Mitbewohnerin abzustimmen schwieriger, aber in Zeiten der Energiekrise den passenden Stromvertrag zu finden und dabei alles richtig zu machen? Gefühlt unmöglich.

Die Energiebehörde E-Control empfiehlt ja wieder laufend, einen Blick auf Vergleichsplattformen zu werfen; entweder beim behördeneigenen Tarifkalkulator oder bei privaten Anbietern wie Durchblicker.at. Dadurch sollen sich nicht nur Kundinnen und Kunden Geld ersparen, auch der ins Stocken geratene Wettbewerb zwischen den Anbietern soll so angekurbelt werden. Also setze ich mich vor den Computer und mache den Vergleich.

Die Hoffnung, dass mir damit die mühsame Suche abgenommen wird, löst sich aber rasch in Luft auf. Anstatt eine Antwort zu bekommen, tun sich neue Fragen auf. Vertragsbindung? Preisgarantie? Floater? Und was ist eigentlich mit der Strompreisbremse? Nach zwei Stunden vor dem Computer ist mir alles egal. Ich zahle jeden Preis, lasse mich auf jeden Knebelvertrag ein, nur, bitte, lass es aufhören!

Ein wenig verzweifelt wechsle ich von der Rolle des Stromkunden in jene des Journalisten: Ich rufe bei Johannes Mayer von der E-Control an und bitte ihn, die drängendsten Fragen mit mir durchzugehen.

Johannes Mayer leitet die Abteilung Volkswirtschaft bei der Energiebehörde E-Control und würde persönlich einen Stundentarif abschließen.
Foto: E-Control, Wilke

STANDARD: Herr Mayer, im Tarifkalkulator finde ich jene Anbieter, die derzeit am billigsten sind, die Verträge unterscheiden sich aber im Detail. Bei manchen bin ich ein Jahr gebunden, inklusive fixem Preis. Bei anderen ändert sich der Preis laufend – und ich kann monatlich kündigen. Mit welchem Vertrag bin ich derzeit besser dran?

Mayer: In den letzten zwei, drei Monaten haben wir gesagt, dass man lieber noch warten soll, anstatt sich länger zu binden, weil die Preise stark gesunken sind. Mittlerweile ist es aber so, dass die billigsten Angebote nahe bei den Großhandelspreisen liegen, deshalb kann man sich ruhig für ein Jahr binden. Bevor dieses Jahr vorbei ist, sollte man natürlich wieder vergleichen und schauen, was das beste Angebot ist. Oft bekommt man für das erste Jahr einen Rabatt, der dann im zweiten Jahr wegfällt. Das sollte man im Blick haben und rechtzeitig wechseln.

STANDARD: Falls die Preise doch noch weiter sinken, bin ich mit einer Bindung auf ein Jahr aber unflexibel. Dann lasse ich weitere Preissenkungen ja liegen, oder? Wäre bei sinkenden Preisen nicht ein Floater besser, der sich monatlich an die aktuellen Marktpreise anpasst?

Mayer: Man kann natürlich auch zu einem preislich variablen Tarif ohne bestimmte Vertragslaufdauer greifen. Die Preise können in den nächsten Monaten theoretisch noch sinken, gleichzeitig kann es aber Ausreißer nach oben geben. Wer sich für einen Floater entscheidet, sollte den Markt gut im Blick haben und kündigen, wenn große Preissteigerung absehbar sind. Man muss also schon informiert sein. Wenn man ein Smart Meter hat, gibt es noch eine dritte Variante: sogenannte Stundentarife. Der Strompreis ändert sich hier stündlich. Mit Stundentarifen kann man den eigenen Verbrauch in Tageszeiten lenken, in denen der Strom billiger ist. Damit muss man sich aber natürlich ebenfalls beschäftigen.

Nach dem Telefonat setze ich mich wieder vor den Computer und steige auf den Vergleichsplattformen ein, diesmal auf Durchblicker.at. Im Tarifkalkulator der E-Control ist nämlich der Betrag, den man sich mit der Strompreisbremse spart, nicht ausgewiesen. Das sei derzeit noch in Arbeit, hat mir Mayer erklärt. Auf Durchblicker.at steht die Ersparnis dagegen beim Angebot dabei.

Ich suche also nach den billigsten Tarifen für einen Haushalt mit zwei Personen, rund 3.000 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr. Dabei fällt mir eines auf: Der Gesamtbetrag für ein Jahr unterscheidet sich zwischen den Anbietern oft enorm – zwischen 900 und 1.500 Euro. Rechnet man die jeweilige Ersparnis durch die Strompreisbremse weg, kommt man aber auf sehr ähnliche Beträge zwischen 800 und 900 Euro. Spielt der Vergleich also überhaupt eine Rolle?

Ich mache mir einen Termin für einen Videocall mit Karina Knaus aus. Knaus ist Expertin bei der Österreichischen Energieagentur und beschäftigt sich intensiv mit dem Strommarkt.

Karina Knaus ist Energiemarkt-Expertin bei der Österreichischen Energieagentur und setzt persönlich auf eine "konservative" Vertragsgestaltung.
Foto: Österreichische Energieagentur

STANDARD: Frau Knaus, ist es egal, für welchen Tarif ich mich entscheide, weil ich mit der staatlichen Preisbremse eh überall fast dasselbe bezahle?

Knaus: Der Staat fördert mit der Strompreisbremse grundsätzlich nur ein Kontingent von 2.900 kWh. Wenn ich als Zwei-Personen-Haushalt weniger verbrauche, ist der Unterschied tatsächlich nicht groß. Egal ist der Preis trotzdem nicht: Die Umsatzsteuer wird bei der Berechnung der Stromkostenbremse nicht berücksichtigt. Man bezahlt die Umsatzsteuer auf den Energiepreis. Wenn man einen Anbieter mit einem höheren Energiepreis hat, fällt also auch die Umsatzsteuer höher aus. Auf das Jahr gesehen kann das mitunter hundert Euro ausmachen. Und sobald man über die geförderten 2.900 kWh kommt, ist es sowieso nicht mehr egal. Außerdem greift die Strompreisbremse nur bis zu einem kWh-Preis von 40 Cent. Wenn man einen Tarif hat, der darüber liegt, bezahlt man ebenfalls mehr.

Einige der Stromanbieter, die auf den Vergleichsplattformen auf den ersten Plätzen gelistet sind, sind jüngere, kleinere Unternehmen, die keine eigene Produktion haben. Etablierte Landesversorger sind zum Teil weit abgeschlagen. Eine Frage habe ich deshalb noch an Knaus.

STANDARD: Viele Kundinnen und Kunden sind vergangenes Jahr zu den etablierten Landesversorgern wie EVN und Wien Energie zurückgekehrt, weil kleinere Anbieter sie gekündigt haben oder gar in Konkurs gegangen sind. Sollte das bei der Auswahl des Anbieters eine Rolle spielen? Lieber große etablierte statt kleine billige?

Knaus: Das ist letztendlich immer eine Frage der persönlichen Präferenz. Man braucht sich jedenfalls auch bei kleineren Anbietern keine Sorgen machen, ohne Strom dazustehen. Es gibt in Österreich Mechanismen, die in solchen Situation helfen. Dass man im Fall einer Kündigung oder einer Insolvenz ohne Lieferanten dasteht, gibt es also nicht. Wenn man ein Kündigungsschreiben bekommt, sollte man aber jedenfalls darauf reagieren und es nicht einfach ignorieren.

Nach den Gesprächen fühle ich mich für die Auswahl besser gewappnet. Aber die eine, richtige Entscheidung gibt es wohl nicht: Während Experte Johannes Mayer selbst einen Stundentarif abschließen würde, setzt Knaus auf eine "konservative" Vertragsgestaltung.

Für mich persönlich kommt ein Stundentarif oder ein Floater nicht infrage. Ich will den Strommarkt nicht ständig im Blick haben müssen und Gefahr laufen, plötzlich mehr zu bezahlen. Ich tendiere zu einem Vertrag mit einem fixen Preis, den ich aber dennoch jeden Monat kündigen kann, sollte sich eine billigere Alternative auftun. Dafür bin ich auch bereit, etwas mehr zu bezahlen. In meiner Situation federt die Strompreisbremse zudem einen großen Teil der Kosten ab. Nächstes Jahr wird sich das freilich ändern, aber spätestens dann muss ich ohnehin neu vergleichen. (Jakob Pflügl, 30.3.2023)