Im Kalender der Maya endete die Zeit im Jahr 2012. Die Welt ging bekanntlich nicht unter, doch die Welt der Maya-Hochkultur fand ihre Ende bereits Jahrhunderte früher. Antike mittelamerikanische Hochkulturen waren in vieler Hinsicht erstaunlich hoch entwickelt, die Maya erfanden Astronomie und eine eigene Schrift, kannten aber weder das Rad noch den Pflug. Die antike Landwirtschaft basierte auf Brandrodung und war abhängig von regelmäßigen Regenfällen. Das machte sie anfällig für Naturkatastrophen oder Missernten.

Die Stadt Monte Alban überdauerte über 1.300 Jahre. Das könnte unter anderem mit der Architektur zu tun gehabt haben.
Foto: Linda M. Nicholas

Dass antike Städte der Region oft nur einige hundert Jahre besiedelt waren und als Ruinen für die Nachwelt stehen blieben, erscheint wenig überraschend. Doch nicht alle damals gegründeten Städte in Mittelamerika traf dieses Schicksal. Manche davon überdauerten Jahrtausende. Eine Studie im Fachjournal "Frontiers in Ecology and Evolution" untersuchte nun 24 antike Städte in Mexiko, um herauszufinden, warum manche Städte länger als andere überlebten.

"Seit Jahren untersuchen meine Kollegen und ich, warum und wie bestimmte Städte bedeutend bleiben oder untergehen", sagt Gary Feinman, Kurator für Anthropologie am Field Museum in Chicago und Erstautor der Studie. Bereits in früheren Arbeiten hatte sein Team gezeigt, dass bestimmte Faktoren dazu führten, dass antike Gesellschaften länger überlebten.

Zwischen 200 und 1.000 Jahren

Diesmal konzentrierte man sich auf Städte aus der gleichen Region und Zeit. 24 waren es in Summe, alle im heutigen Mexiko gelegen. Sie wurden zwischen 1000 und 300 vor Christus gegründet, also etwas vor dem Auftreten der Maya. Manche davon waren extrem kurzlebig, etwa die Stadt Monte Negro, die nur 200 Jahre bestand, andere wie die Zapotekenhauptstadt Monte Alban oder die Stadt Cantona blieben hingegen über tausend Jahre besiedelt. Aus den archäologischen Funden versuchte Feinman Rückschlüsse auf die Regierungsform zu ziehen. Hinweise sollten Überreste der Gebäude, Grundrisse, Plätze und Monumente geben.

"Wir sahen uns öffentliche Architektur an, die Wirtschaft und was die Städte am Leben hielt", erklärt Feinman. Besonders interessant waren Anzeichen für die Regierungsform, ob sich etwa alles um bestimmte zentrale Personen drehte. "Kunst und Architektur, die überlebensgroße Herrscher darstellten, deuten auf autokratischere Herrschaftsform hin. Gab es Abbildungen von Herrschern in Gruppen, dazu maskiert, zeugen sie eher von geteilter Macht", sagt Feinman.

Die Analyse der 24 Städte zeigte eine eindeutige Tendenz: Jene mit Machtteilung blieben länger bestehen als jene, die autokratisch regiert wurden.

Eine zapotekische Wandmalerei aus einem vor kurzem entdeckten Grab nahe der Stadt San Pedro Nexicho.
Foto: REUTERS/INAH

Doch auch unter den Städten mit geteilter Regierung gab es große Unterschiede. Das Team wollte also herausfinden, was den Unterschied machte. Dazu untersuchte man die Architektur. Es zeigte sich, dass Städte mit eng liegenden, stark vernetzten Siedlungsgebieten langlebiger waren. Ein weiterer positiver Faktor für das Überleben einer Stadt war das Vorhandensein zentraler, offener Plätze.

Nicht nur die Umwelt entscheidet

Feinmans Forschungsgruppe betont den Unterschied zu bisherigen Arbeiten, die sich vor allem auf Umweltfaktoren und die gesellschaftlichen Reaktionen darauf konzentriert hatten. Städte dieser Zeit sahen sich verschiedenen Schwierigkeiten ausgesetzt, darunter Erdbeben, Dürren, Unwetter sowie Konflikte mit anderen Städten. Dabei lasse sich oft ein Zusammenhang mit dem Untergang einer Stadt herstellen, wobei nicht berücksichtigt werde, dass andere Städte solche Schwierigkeiten erfolgreich gemeistert hätten.

"Die Reaktionen einer Stadt auf Krisen und Katastrophen sind bis zu einem gewissen Grad politisch", sagt Feinmans Kollegin und Co-Autorin der Studie, Linda Nicholas. Die langlebigsten Städte zeichneten sich durch eine Kombination von Infrastrukturmaßnahmen und gemeinschaftlicher Herrschaft aus. Eine Lektion, die womöglich heute noch gültig sei, betonen die Forschenden. (Reinhard Kleindl, 30.3.2023)