Bundeskanzler Karl Nehammer will den Zugang zu Sozialhilfe einschränken.
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Die Sozialhilfe – oder Mindestsicherung – ist das unterste staatliche Absicherungsnetz. Sie soll Menschen vor dem Sturz in existenzielle Armut schützen. Bundeskanzler Karl Nehammer will jetzt den Zugang zur Sozialhilfe ändern. Die, wie er es nennt, "Zuwanderung ins Sozialsystem" soll damit gestoppt werden – mit Überlegungen, die das sprichwörtliche Kind mit dem Bade ausschütten.

Dem Kanzler nämlich schwebt eine Sozialhilfe-Wartefrist für alle vor, für Inländer und Ausländer ebenso wie für neu Dazugekommene. Nach dänischem Vorbild könnte die Leistung erst nach mehrjährigem Aufenthalt in Österreich ausbezahlt werden. Eine solche Regelung würden Höchstgerichte wohl nicht wegen Ungleichbehandlung kippen, glaubt Nehammer. Dies war bisher bei Kürzungen nur für Ausländer – Stichwort Indexierung der Familienbeihilfe – stets der Fall.

Diese Rechnung könnte aufgehen – doch sie wäre höchst problematisch. Um unliebsame Ausländer fernzuhalten, gäbe es eine Verschlechterung für alle – mit zweifelhafter Wirkung: Denn Drittstaatsangehörige, die Wege nach Europa suchen, studieren davor die Sozialsysteme nicht im Detail.

Außerdem: "Die, die hier aufwachsen, trifft es ja nicht", versucht der Kanzler die Hiesigen zu beschwichtigen. Ja, aber nur, wenn sie brav im Lande bleiben oder nach einem längeren Auslandsaufenthalt mit genügend Vermögen heimkehren. Einen solchen unsozialen Provinzialismus sollten wir uns ersparen. (Irene Brickner, 31.3.2023)