GPA-Vorsitzende Barbara Teiber wehrt sich gegen einen "Generalverdacht".

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien – Die Gewerkschaft weist die Klage des Handels über einen massiven Anstieg der Kurzzeitkrankenstände zurück und sieht darin einen unverschämten und unbegründeten Generalverdacht. Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will hatte am Mittwoch eine deutliche Zunahme an kurzen Krankenständen zwischen einem und drei Tagen beklagt und eine Abschaffung der telefonischen Krankmeldung gefordert.

GPA-Vorsitzende Teiber: "Generalverdacht entschieden zurückzuweisen"

"Abgesehen davon, dass diese Möglichkeit ohnehin nur noch eingeschränkt existiert, ist dieser Generalverdacht entschieden zurückzuweisen. Wir hören im Gegenteil vermehrt von Fällen, wo Beschäftigte krank zur Arbeit gehen, um ihre KollegInnen nicht im Stich zu lassen", sagt die Vorsitzende der Angestelltengewerkschaft GPA, Barbara Teiber, am Donnerstag laut einer Aussendung. "Wenn es ein Problem mit vermehrten Krankenständen im Handel gibt, dann ist das ganz wesentlich dem durch Personalnot hervorgerufenen Stress und krank machenden Arbeitsbedingungen geschuldet."

Auch die Arbeiterkammer (AK) übte Kritik. "Wir wissen aus einer AK-Befragung, dass 90 Prozent der Beschäftigten krank arbeiten gehen", sagte AK-Direktorin Silvia Hruška-Frank. Dass der Handelsverband die Beschäftigten unter Generalverdacht stelle, krank zu feiern, weil Kurzzeit-Krankenstände zugenommen haben, ist aus Sicht der AK nicht akzeptabel. "Eine Branche, die händeringend Personal sucht, ist nicht gut beraten, ihre Beschäftigten derart zu diskreditieren", so Hruška-Frank

Die Zahl der Krankenstände ist im vergangenen Jahr nach den Corona-Ausnahmejahren 2020 und 2021 deutlich gestiegen, gab die Österreichische Gesundheitskasse kürzlich bekannt. Mit mehr als sechs Millionen Krankenstandsfällen war es auch im Vergleich zu 2018 (5,0 Millionen Fälle) und 2019 (5,1 Millionen) ein Plus von etwa 20 Prozent.

In absoluten Zahlen seien damit auch die Kurzzeitkrankenstände gestiegen, nicht aber prozentuell, sagte ÖGK-Sprecherin Marie-Theres Egyed den "Salzburger Nachrichten". "Und die telefonische Krankmeldung ist mit Mai des Vorjahres ausgelaufen", so Egyed. Nur bei Corona-Verdacht sei sie möglich.

Arbeitnehmervertreter ortet politische Spielchen

Ein gestiegenes Krankenstandsaufkommen sei schon absehbar gewesen, denn seit 1. August 2022 gelte eine Corona-Erkrankung nicht mehr als Absonderung nach dem Epidemiegesetz, sondern als normaler Krankenstand und schlage sich auch in der Krankenstandsstatistik nieder, so der Österreichische Gewerkschaftsbund.

Dass mit einer zusätzlichen Krankheit in der Infektionssaison zusätzliche Krankenstände auftreten, dürfe auf keinen Fall den Beschäftigten angelastet werden und für politische Spielchen zur Verschlechterung der Arbeitsbedingungen missbraucht werden, sagte ÖGK-ArbeitnehmerInnen-Obmann Andreas Huss. "Arbeitgeber sollten lieber mit guten Arbeitsbedingungen Krankenständen vorbeugen, am besten strukturiert mit der betrieblichen Gesundheitsförderung."

Bessere Arbeitsbedingungen gefordert

Auch die Gewerkschaft GPA sieht seitens des Handels einen großen Handlungsbedarf, wenn es darum geht, attraktivere Arbeitsbedingungen zu schaffen. "Insbesondere bei der Umsetzung von mehr Arbeitszeitqualität sind Arbeitgeber gefordert, etwa eine Fünftagewoche für alle und eine bessere Planbarkeit der Arbeitszeit", so Gewerkschafterin Teiber. Auch bei den Gehältern sei Luft nach oben, die Einstiegsgehälter müssten auch im Handel "endlich" über 2.000 Euro brutto angehoben werden. (APA, 30.3.2023)