554 Millionen Euro – das ist die Summe, die der Europäische Forschungsrat ERC dieses Jahr als "Advanced Grants" ausschüttet. Aus 1.650 Einreichungen wurden 218 ausgewählt. Vier davon gehen an in Österreich tätige Forschende. Die jeweils mit bis zu 2,5 Mio. Euro dotierten Preise sollen es etablierteren Forscherinnen und Forschern ermöglichen, anspruchsvolle und risikoreiche Projekte durchzuführen. Drei der Preise gehen an Wiener Institutionen, einer an die Universität Graz.

Die über fünf Jahre laufenden Advanced Grants stellen das "Flaggschiff-Programm" des ERC dar, mit dem im EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe Grundlagenforschung gefördert wird. Die meisten Auszeichnungen, insgesamt 37, gehen diesmal nach Deutschland. 35 Advanced Grants gehen nach Großbritannien, 32 nach Frankreich und 16 nach Spanien.

Anthropologie und Biologie

Über eine Zuerkennung kann sich unter anderem die an der Universität Wien tätige Kultur- und Sozialanthropologin Manuela Ciotti freuen. In ihrem Projekt mit dem Titel "Anthrofuture" will die Forscherin in die Zukunft blicken. Als Ausgangspunkt soll die Betrachtung von durch die Covid-19-Pandemie zusätzlich beschleunigten gesellschaftlichen Entwicklungen dienen. Ein Feld, in dem sich vieles davon festmachen lasse, sei die Welt der Kunst mit ihrem hohen Maß an Experimentierfreude und der starken Zukunftsorientierung, heißt es seitens der Uni Wien.

Elly Tanaka vom Wiener Institut für Molekulare Pathologie erhält einen ERC Advanced Grant für ihre Forschungen an dem Schwanzlurch Axolotl.
Foto: IMP

Ihre Forschungen am gemeinhin als "Regenerationswunder" geltenden mexikanischen Schwanzlurch Axolotl wird Elly Tanaka vom Forschungsinstitut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien mit ihrem Förderpreis vorantreiben; es ist bereits ihr zweiter Advanced Grant. Trotz seiner erstaunlichen Fähigkeit, ganze Körperteile nachwachsen zu lassen, sind die Nervenbahnen darin mitunter nicht richtig verkabelt. Warum dem so ist, sollen neue Studien zur Nervenbildung im Zusammenhang mit Regeneration aufklären.

Chemie und Physik

Seinen zweiten Advanced Grant erhält auch Jörg Schmiedmayer vom Atominstitut der Technischen Universität (TU) Wien, und zwar um das Prinzip der Emergenz in der Quantenphysik zu untersuchen. Diesem Prinzip zufolge können sich durch das Zusammenspiel vieler Einzelteile in einem System völlig neue Phänomene ergeben. Der Physiker nutzt dabei Systeme, die sich im Experiment extrem gut kontrollieren lassen. Weil der Speicher- und Rechenbedarf exponentiell mit deren Größe ansteigt, kann man gar nicht mehr alle Details auf mikroskopischer Ebene analysieren, sondern muss sich auf emergente Eigenschaften des Systems konzentrieren.

Von der Universität Graz wurde der Physiker Leonhard Grill ausgezeichnet. Sein Ziel ist es, Nano-Maschinen praxisfit zu machen. Dazu will er chemische Prozesse so verändern, dass sich damit Mini-Maschinen betreiben lassen, die etwa winzige Mengen Fracht transportieren können. (APA, red, 30.3.2023)