Gegen die endlos anrückenden Zombies wehren wir uns in "The Last Spell" mit magischem Bombardement, aber auch dem üblichen weltlichen Hau-drauf-Werkzeug.

Foto: Screenshot, The Arcade Crew

Mit letzter Kraft feuert die Bogenschützin einen Pfeil auf den Höllenhund, der sich gerade auf den Magier stürzen will. Das Biest geht zu Boden. Glück gehabt, hätte es den Magier erwischt, wäre das Dorf in einer gewaltigen Mana-Explosion in Schutt und Asche verwandelt worden. Die Bewohnerinnen und Bewohner sind gerettet, zumindest bis die nächste Nacht hereinbricht und die Zombiehorden wiederauferstehen.

"The Last Spell" ist ein rundenbasiertes Taktikspiel mit Roguelite-Elementen, was bedeutet, dass man nach dem Tod der Spielfiguren oder dem Ableben des eingangs erwähnten Magiers wieder von vorne anfängt. Das klingt nicht nur knallhart – das ist es auch.

Wir starten mit drei zufällig zusammengestellten Helden, die jede Nacht ausrücken, um der Zombiehorden Herr zu werden. In der Mitte unseres Dorfes befindet sich ein Magier, der dabei ist, den "letzten Zauberspruch" zu entwickeln. Dieser soll nicht nur die Untotenarmeen für immer ruhen lassen, sondern die Welt endlich wieder einigermaßen bewohnbar machen. Diese größenwahnsinnigen Zauberzausel haben nämlich die Welt mit ihren magischen Experimenten erst in den Abgrund gestürzt, indem sie eine Art nuklearen Superzauber gezündet haben. Jetzt ist es also die Aufgabe des Spielenden, hinter den Herren und Damen mit Spitzhut und Zauberstab aufzuräumen.

Mit dem Fantasy-Arsenal gegen den Untergang

Unsere drei Helden (später werden es noch mehr) könnten unterschiedlicher nicht sein. Die Kriegerin haut mächtig zu, leidet aber unter Klaustrophobie, weshalb sie keinen Helm tragen möchte. Unsere Magierin dagegen kann nur Barfuß zaubern. Jeder Held hat individuelle Nachteile, die es im Kampf gegen die anrückenden Untoten zu beachten gilt. Diese kommen jede Nacht hervor und wanken in Wellen auf das Dorf zu. Unsere Helden wehren sich mit Bögen, Armbrüsten, Hämmern, Feuerbällen und allem, was das Fantasy-Arsenal hergibt, gegen den Untergang.

Die Zombies greifen jede Nacht an.
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Wer schon mit der "Xcom"-Serie, "Jagged Alliance" oder "Battletech" das Vergnügen hatte, dürfte sich im Spielprinzip sehr schnell heimisch fühlen. Den Helden stehen ganz genretypisch Bewegungs- und Aktionspunkte zur Verfügung. Erstere dienen dazu, das Schlachtfeld zu überqueren, mit letzteren werden Armbrustbolzen abgefeuert, Flüche gesprochen und Schwertstreiche verteilt. Stilistisch sind die Ähnlichkeiten zu dem grandiosen "Darkest Dungeon" nicht zu leugnen. In diesem Punkt hätten die Entwicklerinnen und Entwickler von Ishtar Games aus Frankreich kein besseres Vorbild wählen können.

Die Gegner gehen in ihrem Kampf gegen unser Dorf mit keiner erkennbarer Intelligenz vor. Wie in einem Tower-Defense-Game fluten sie stur vom Kartenrand aufs Spielfeld und schieben sich Runde für Runde vorwärts. Das mag einerseits die taktischen Finessen im Kampf einschränken, andererseits fühlen sich die Zombies wie eine unaufhaltsame Welle an. Erst wenn der letzte Zombie gefallen ist, bricht der Tag an. Die Helden dürfen rasten, und wir wechseln in den Strategie-Modus.

Ein Aufbauspiel im Taktik-Game

Hier dürfen wir Barrikaden und Holzwände bauen und Arbeiter in den Überresten der Zombies nach Gold und Essenz suchen lassen. Beim Händler kaufen wir neue Ausrüstung für die Kämpfer. Nach einigen Runden können wir uns sogar neue Gebäude leisten – so können wir in der Taverne neue Helden rekrutieren oder in der Goldmine nach neuen Einkommensquellen schürfen. Außerdem wollen tagsüber Barrikaden repariert werden. Kernstück ist aber das Aufleveln der Helden, und hier spielt "The Last Spell" eine große Stärke aus: Wer seinen Helden hier die richtigen Skills verpasst, und sich der Heldentrupp in seinen Fähigkeiten ergänzt, kann sich die kommende Nacht deutlich erleichtern. So kann der Armbrustschütze Zombies vergiften. Wenn dann der Krieger noch die Fähigkeit hat, dass er gegen vergiftete Gegner mehr Schaden verursacht, stehen die Chancen gut, dass man vielleicht noch einmal einen Sonnenaufgang erlebt.

Die Helden steigen regelmäßig auf und werden immer mächtiger – wenn sie überleben.
Foto: Foto: Screenshot, The Arcade Crew

Außerdem dürfen wir uns tagsüber mit einer Dämonin und einem Engel unterhalten, die uns gegen verdorbene Seelen oder für ruhmreiche Taten und überlebte Nächte permanente Boni verleihen. Diese bleiben übrigens permanent, machen also den nächsten Run einfacher.

Hart und gnadenlos ist nicht nur der Soundtrack

Das ist auch bitter nötig, denn "The Last Spell" ist definitiv kein Kindergeburtstag und fordert uns ab Sekunde eins. Wer seine Züge nicht plant oder die Fähigkeiten seiner Helden nicht aufeinander abstimmt, dürfte nach wenigen Nächten schon wieder von vorne anfangen. Wird das Dorf zerstört, wird der Fortschritt zurückgesetzt, und "The Last Spell" beginnt mit neuen Helden von vorne. Hier liegt auch der größte Kritikpunkt am Spiel: Hat man seine Helden einmal aufgelevelt und ihnen die richtigen Fähigkeiten gegeben, schmerzt ein Scheitern umso mehr, denn die Pixelkriegerinnen und -krieger wachsen einem nach einigen Spielstunden schon ans Herz.

Besonders angetan hat es uns der Soundtrack. Das Gewitter aus E-Gitarren und treibenden Doublebass-Drums erinnert an das Dämonengeschnetzel von "Doom Eternal", und daran kann nichts falsch sein.

Fazit: Bockschweres Taktikrollenspiel mit Charme

"The Last Spell" erfreut sich seit dem offiziellen Release am 9. März 2023 in der Gaming-Community größter Beliebtheit. 92 Prozent der Steam-Reviews sind positiv. Kein Wunder: Das Konzept eines Dorfes im permanenten Belagerungszustand vermittelt ein beklemmendes Gefühl, das sehr an das ähnliche Hype-Game "They Are Billions" erinnert, und schafft diese unheimliche Atmosphäre permanenter Bedrohung. Gleichzeitig gibt es kaum etwas befriedigenderes, als ganze Reihen von Zombies im Pfeilhagel untergehen zu sehen. Wer ein schnelles Spiel für Zwischendurch sucht, ist mit "The Last Spell" aber nicht gut beraten: Jeder Durchgang braucht seine Zeit und ist ein gnadenloser Test der eigenen Strategie. Wer keine Angst vor Herausforderungen hat und dafür mit einem befriedigenden Spielerlebnis belohnt werden will, ist bei "The Last Spell" genau richtig. "The Last Spell" ist auf Steam erschienen und kostet 24,99 Euro. (Peter Zellinger, 31.3.2023)