Es sei eine Abwägung zwischen der Freiheit, Karikaturen zu erstellen, und der Möglichkeit für chinesische Nutzer, Midjourney zu verwenden. Und diese Abwägung habe man zugunsten der Zugänglichkeit der eigenen Bilder-KI getroffen. So erklärt Midjourney-Chef David Holz die Entscheidung, keine Erzeugung von Bildern mit Xi Jinping mehr zuzulassen.

Der Name des Chefs des Staatsoberhaupts und Chefs der Kommunistischen Partei wurde als Prompt gesperrt. Für die Nutzung in China wäre das aufgrund der massiven Zensur in dem Land ja erwartbar, die Maßnahme gilt allerdings für Nutzer weltweit. Wer versucht, ein Bild unter Verwendung des Begriffs "Jinping" zu erzeugen, bekommt eine Warnmeldung zu sehen: "Die Phrase ,Jinping' ist verboten. Diesen Filter zu umgehen, um die Regeln zu brechen, kann zu einer Deaktivierung des Zugangs führen."

Wer den Begriff "Jinping" für einen Midjourney-Prompt nutzt, wird auch außerhalb Chinas mit einer Warnmeldung konfrontiert.
Foto: Screenshot

Es gehe bei dieser Maßnahme um die Freiheit des Zugangs in China und nicht um Geld, so Holz. Ein Argument, dem einige Kritiker nicht folgen können, würde doch eine Sperrung von Midjourney in China die tatsächliche und potenzielle Kundenbasis des Dienstes deutlich verkleinern.

Scharfe Kritik

"Für chinesische Aktivisten macht es das schwerer, kritische Inhalte zu erstellen – sowohl in als auch außerhalb Chinas", meint dazu der in Großbritannien lebende KI-Forscher Henry Ajder. Er attestiert Holz außerdem "Doppelmoral", zumal für Joe Biden, Olaf Scholz, Emmanuel Macron und andere westliche Spitzenpolitiker derartige Einschränkungen nicht gelten.

Midjourney war von in- wie ausländischen Regimekritikern immer wieder genutzt worden, um Bilder mit Xi Jinping und dem Kinderbuch-Bären Winnie The Pooh zu erzeugen. Das Meme geht zurück auf einen Staatsbesuchs von Xi Jinping in den USA 2013 infolge welchem der gutgelaunte und sehr honigaffine Waldbewohner aufgrund seiner kolportierten Ähnlichkeiten mit Xi zu einem Vehikel für Kritik am Staatschef wurde, ohne die Zensurregeln zu brechen. Bald darauf landete der Vergleich auf der Zensurliste.

2018 erlangte das Mene durch die Veröffentlichung des Films "Christopher Robin" neue Popularität, was prompt zu einem Verbot des Streifens in China führte.

Eine Karikatur von US-Präsident Joe Biden lässt sich mit Midjourney nach wie vor problemlos umsetzen.
Foto: DER STANDARD/Pichler/Midjourney

Wasserdicht ist die Prompt-Sperre allerdings nicht. Nutzer finden bereits Umwege, indem sie etwa statt "Xi Jinping" den Begriff "chinesischer Premierminister" verwenden. Damit riskieren sie allerdings ihren Zugang zur Bilder-KI. Midjourney betont in seinen Guidelines das Recht, Regeln nach eigenem Gutdünken durchzusetzen. "Wir sind keine Demokratie", heißt es dort. "Verhalte dich respektvoll oder verliere dein Recht, den Dienst zu nutzen."

"Jinping" ist auch nicht der erste Begriff, der von Midjourney geblockt wird. Nachdem Fake-Bilder einer angeblichen Festnahme von Donald Trump virales Potenzial entfalteten, wurden Verschärfungen vorgenommen. Ebenfalls blockiert werden Eingaben zum Thema Afghanistan. Dazu werden Stilvorgaben mit Verweis auf manche zeitgenössischen Künstler auf deren Verlangen hin ignoriert.

In Stable-Diffusion-Prompts gibt es keine Sperre von Xi Jinping.
Foto: DER STANDARD/Pichler/Stable Diffusion

Alternative

Wenngleich Midjourney vielfach als der aktuell beste Bildgenerator angesehen wird, gibt es Alternativen. Mit Stable Diffusion ist ein offenes und damit auch frei nutzbares KI-Modell verfügbar, das sich auch über verschiedene Online-Plattformen nutzen lässt. Wer möchte, kann damit auch ganz ohne Anbindung an ein Cloudsystem lokal auf dem eigenen Rechner Bilder erzeugen.

Mittlerweile gibt es unzählige spezialisierte Versionen von Stable Diffusion, von denen manche darauf ausgelegt sind, den Stil von Midjourney zu imitieren. Inhaltliche Beschränkungen bei der Verwendung gibt es selbst bei vielen damit laufenden Onlinediensten nicht. Selbst bei Dream Studio, dem offiziellen Webtool der Stable-Diffusion-Macher des Unternehmens Stability AI, lassen sich ohne Probleme Prompts mit Xi Jinping eingeben. Sperren gibt es dort fast ausschließlich im Bezug auf sexuelle Inhalte. (gpi, 4.4.2023)