Ein verschmitzt werbender Blick in Richtung sozialdemokratischer Basis: Hans Peter Doskozil, Bewerber um den Parteivorsitz.

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Die Augenpaare unzähliger Interessierter sind sehnsüchtig auf die Basis der SPÖ gerichtet. In den Sektionsbüros der immer noch stolzen Partei herrscht knisternde Vorwahlstimmung. Man könnte einen Kugelschreiber auf den Linoleumboden fallen hören ("Jetzt Werner Faymann wählen!"), so still ist es in den Sesselkreisen der meist hochbetagten Funktionärinnen und Funktionäre geworden. Soll ärztliche Frauenpower die Oberhand behalten (Pamela Rendi-Wagner)? Wäre es klüger, den Spürsinn eines burgenländischen Ordnungsorgans auf das übrige Österreich loszulassen (Hans Peter Doskozil)? Soll aus dem Land ein einziges Traiskirchen werden (Andreas Babler)?

Als dicklicher Babyboomer, der unter der Gnadensonne Bruno Kreiskys in den 1970ern dahinlebte, hatte ich nur vage Vorstellungen von Demokratie und ihren nicht immer leicht verständlichen Gepflogenheiten. Die Crux von Auswahlverfahren erlebte ich am ehesten dann, wenn es um die Zusammenstellung von Fußballmannschaften ging. Die beiden Wortführer wählten so lange Spieler aus, bis ich übriggeblieben war – und mich in eines der beiden Tore stellen musste.

Hatte ich das Leder mehrmals an mir vorbeirutschen lassen, wurde ich paradoxerweise aufgewertet. Dann beorderte mich der Jungscharleiter mit ironischer Miene an eine der beiden Seitenlinien. Dort durfte ich, sobald der Ball ins Off gehoppelt war, mein fleischiges Ärmchen hochreißen: Out! Ich weiß mittlerweile, dass Peter Handke auf der ganzen (Torout-)Linie geirrt hat. Es hat nicht der Tormann Angst vor dem Elfmeter. Das Buch hätte eher folgenden Titel tragen müssen: Die Angst des Bladen vor dem Aus.

Macht der Argumente

Erst später bemerkte ich, dass ich – trotz lispelnder Aussprache – Mitschüler mit der Macht der Argumente zu behexen verstand. Bei den ersten Klassensprecherwahlen wurde ich abgeschlagen Dritter. Ich hatte bestimmt zwei oder drei Mitbewerber hinter mir gelassen. Ich empfand dieses Votum – wiewohl es für mich keinerlei praktische Auswirkungen hatte – im Lichte meines Vorlebens als strahlenden Erfolg.

Ergo freue ich mich schon jetzt zu sehen, wie der oder die Drittgereihte im roten Voting mit stolzgeschwellter Brust vom Parteitagspodium herabgrüßt! (Ronald Pohl, 5.4.2023)