Wandprojektion schlägt Bildschirm, findet der Autor dieser Zeilen.

Foto: DER STANDARD/Pichler

Warum existiert Programmfernsehen?`Das ist eine Frage die ich mir als jemand, der eigentlich im Zeitalter der "Flimmerkiste" aufgewachsen ist, in den letzten Jahren immer wieder gestellt habe. Technologie – genauer genommen Breitbandinternet und Videostreaming – macht es eigentlich zu einer unnötigen Übung, den Terminkalender für eine bestimmte Serie oder einen Film nach den Vorstellungen eines TV-Senders auszurichten. Wenn es nicht gerade die Liveübertragung eines Events ist, kann ich Dinge auch einfach anschauen, wenn es mir am besten passt.

Und das ist in meinem Falle oft vor dem Schlafengehen. Nicht die gesündeste Angewohnheit, was aber auch an den Eigenschaften von Bildschirmen liegt. Denn die strahlen kraft ihrer Beleuchtung dem Zuseher direkt ins Auge, was uns länger wach hält als nötig und im Nachgang auch die Schlafqualität mindern soll. Meine Lösung vor zweieinhalb Jahren: den weitgehend verwaisten Fernseher im Wohnzimmer abgeben und im Schlafzimmer einen Beamer installieren, der das dort bisher genutzte Tablet als Streaminggerät ablöst.

Freude

Die vormals ungenutzte weiße Wand vor meinem Bett dient jetzt als Heimkino, die bestrahlte Fläche entspricht jener eines 72-Zoll-TVs – bloß ohne ein monströses, schweres Fernsehgerät an die Wand montieren zu müssen. Dass ich mit einem kleinen, flexibel platzierbaren Gerät eine Bilddiagonale bekomme, für die ich sonst ein Elektronikmonster aufstellen müsste, ist aber ein universaler Vorteil. Dass es in meinem Falle auch noch an einer sinnvollen Abstellfläche fehlt, macht diese Lösung noch einmal attraktiver.

Tatsächlich finde ich den indirekten Lichteinfall durch den Beamer wesentlich angenehmer als die Direktbestrahlung durch einen Bildschirm. Das ist mir auch einen kleinen Aufpreis wert, wobei ich mich mit Full HD-Auflösung zufriedengebe. Wobei hier anzumerken ist, dass die Preisdifferenz zwischen tauglichen Beamern und guten Fernsehern bei gleicher Auflösung oft gar nicht mehr so drastisch ist.

Auch die Einrichtung ist in der Regel ein Kinderspiel. Beamer platzieren, einschalten, fertig. Viele Geräte bringen mittlerweile Autofokus mit und bieten auch eine selbstständige Neigungskorrektur des Bildes. Und selbst wenn nicht, ist das üblicherweise eine Einstellung, die man selten bis gar nicht anpassen muss, wenn man das Gerät nur in einem Raum verwendet.

Kehrseiten

Aber es gibt natürlich auch Haken, die nicht verschwiegen werden sollten. Ob man zu einem günstigeren Projektor greifen kann, hängt stark mit der Ausgangssituation zusammen. Je größer der Abstand zwischen Stellplatz und Wand und je höher der grundlegende Lichtpegel des Raumes, desto teurer wird es. Man kommt also nicht in jeder Situation mit einem günstigeren Modell weg, das vielleicht nur 300 ANSI Lumen (die aussagekräftigste Helligkeitsangabe für Beamer) ausspuckt. Auch sind die unterschiedlichen Technologien (HID-Birne, LED, Laser) mit ihren eigenen Vor- und Nachteilen behaftet. Extra Aufpreis zahlt man für die Möglichkeit, das Bild aus extrem kurzer Distanz nach oben an die Wand werfen zu können.

Ein Thema ist auch die Lautstärke, denn so ein Beamer benötigt im Betrieb Kühlung. Das Werken der Lüfter ist in der Regel hörbarer als bei einem Fernseher, zumal auch die integrierten Lautsprecher im Vergleich leiser sind. Allerdings kann man ihn an Wand oder Decke befestigen und damit den Abstand zum eigenen Gehör vergrößern. Und sowohl Beamer als auch Fernseher sollte man ohnehin mit einer vernünftigen Lautsprecherlösung koppeln.

Beamer oder TV?

Ist ein Beamer also die ultimative Lösung für jeden? Nein. Aber wer ein großes Stück weißer Wand (oder andere Projektionsfläche) zur Verfügung hat und eine augenschonende Lösung für abendliches Filmvergnügen sucht, sollte diese Option auf jeden Fall in Erwägung ziehen. Das Kinofeeling, das ein Fernseher so nicht bieten kann, gibts als Bonus obendrauf. (Georg Pichler, 6.4.2023)