Antike Mumien aus Ägypten werden weltweit in Museen ausgestellt, hier im Manchester Museum in Großbritannien (Symbolbild).
Foto: Oli Scarff / AFP / APA

Vor dem Zettel am Zeh eines Toten kam das Holzplättchen: Mit solchen Etiketten wurden in der antiken römischen Provinz Ägypten Leichen versehen, damit sie zugeordnet werden konnten – was nach der Mumifizierung des Körpers immerhin besonders schwierig ist. Auf diesen kleinen Holztafeln standen die Namen der Toten und die ihrer Eltern, manchmal auch ein religiöser Kurztext.

Doch auch das beschriftete Material selbst hat Informationsgehalt, und dieser kam nun einem Schweizer Forschungsteam zugute. Den Fachleuten aus Basel und Genf gelang es, aus den Baumringen des Holzes Klimadaten zu gewinnen, wie sie im "International Journal of Wood Culture" schreiben. So konnten sie auf Dürren im antiken Ägypten schließen.

Die Holzplättchen in der Straßburger National- und Universitätsbibliothek.
Foto: Schweizerischer Nationalfonds, BNU Strasbourg

Die Forschenden untersuchten 300 dieser Mumienetiketten, wie der Schweizerische Nationalfonds (SNF) am Dienstag zu der von ihm geförderten Arbeit mitteilte. Dank der Jahresringe in den Täfelchen konnten sie Dürrejahre ausfindig machen, denn in solchen Jahren wachsen Bäume weniger, und die Wachstumsringe sind entsprechend schmaler.

Schwierige Datierung

Das reiche allerdings nicht aus, um das Klima im östlichen Mittelmeerraum, im heutigen Libanon, auf den griechischen Inseln und im Nildelta zu entschlüsseln, heißt es in der Aussendung. Die Überschneidungen der Jahresringe ließen aber eine erste Skizze des Klimas in diesem Raum zur Zeit der römischen Antike zu.

Auch sei es schwierig, den Jahresringen und damit den eingeschriebenen Umwelteinflüssen ein konkretes Datum zuzuordnen. "Wir sehen einige gute Jahre hier und eine unglückliche Folge von Dürren dort", sagt der leitende Archäologe François Blondel von der Universität Genf. "Doch diese zeitlichen Abfolgen sind noch nicht kontextualisiert." Die Wissenschafterinnen und Wissenschafter suchen daher nach anderen Holzstücken der gleichen Baumarten aus der gleichen Region, um einen Zeitraum festzumachen.

Kornkammer des Römischen Reichs

Mumienetiketten seien ideal, um Trockenheit und Temperaturschwankungen zu dokumentieren, sagt Blondel: "In Museen weltweit gibt es Tausende davon, und sie sind aus vielen verschiedenen Baumarten wie Kiefern, Zypressen, Zedern oder Wacholder gefertigt." Sollte dies nicht gelingen, lassen sich die Artefakte aber auch per Radiokarbonmethode datieren, wofür allerdings Museumsgenehmigungen eingeholt werden müssen. Immerhin muss dabei ein Stück Holz abgeschnitten werden.

Das römische Ägypten gilt als Kornkammer des römischen Weltreichs. Römische Truppen nahmen 30 vor Christus mit Alexandria das Machtzentrum der Ptolemäer ein, die nach der Eroberung durch Alexander den Großen über Ägypten herrschten.

Octavian, der spätere römische Kaiser Augustus, annektierte Ägypten als römische Provinz. 395 wurde das Römische Reich geteilt, und die Provinz fiel an Ostrom. Die oströmische Herrschaft und damit die byzantinische Epoche Ägyptens endete im 7. Jahrhundert mit der Eroberung durch arabisch-islamische Truppen. Die historische Klimaforschung könne helfen zu erklären, "wie klimatische Schwankungen zu gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Veränderungen beigetragen haben", sagt die beteiligte Historikerin Sabine Huebner von der Universität Basel, die das entsprechende SNF-Projekt leitet. (APA, red, 5.4.2023)