Für Charles ist es keine Premiere, auf Umlaufmünzen abgebildet zu sein, allerdings blieb er bisher auf dem Revers: Schon 1981 war er anlässlich seiner Hochzeit mit Diana Spencer auf einer 25-Pence-Münze zu sehen, 1998 und 2008 wurde er anlässlich seines 50. respektive 60. Geburtstages mit einer Fünf-Pfund-Münze geehrt. Der Avers, die Vorderseite der Münzen, war bisher seiner Mutter Queen Elizabeth II. vorbehalten.

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DER STANDARD

Charles' Mutter brachte es in ihrer Amtszeit auf insgesamt fünf offizielle Porträts. Ab 1953 zierte ein Jugendporträt der neuen Königin die Münzen, das 1968 in Vorbereitung der Einführung der Dezimalwährung aktualisiert wurde. 1985, 1998 und 2015 wurden neue Porträts eingeführt, die das Altern der Langzeitregentin dokumentieren. Da alle Münzen seit der Abschaffung von Farthings, Shillings und Crowns bis heute ihre Gültigkeit behalten haben, können die Briten also vier verschiedene Porträts der Königin in ihren Geldbörsen finden.

Auf fünf offiziellen Porträts blickte Queen Elizabeth II. nach rechts, nun schaut King Charles III. in die entgegengesetzte Richtung.
Foto: Reuters/Nicholls

Barhäuptiger Charles

Nach dem Tod der Königin gibt es nun die Möglichkeit, ein fünftes Porträt zu entdecken. Im vergangenen Dezember wurden die ersten Münzen mit dem Bild von King Charles III. in Umlauf gebracht.

In zwei Merkmalen müssen sich die Briten nun an eine neue Darstellung gewöhnen: Während die Queen auf allen Münzen nach rechts blickte, sieht Charles in die entgegengesetzte Richtung. Und die Königin war auf allen Münzen mit Krone, Tiara oder zumindest belorbeert zu sehen, während Charles barhäuptig abgebildet ist.

Die ersten Münzen mit dem Porträt von Charles. Im Gegensatz zu seiner Mutter trägt er keine Krone.
Foto: APA/AFP/Royal Mint/TOM HARRISON

Gepflegte Traditionen

Beides ist kein Bruch mit der Vergangenheit, sondern ganz im Gegenteil der Tradition geschuldet. Die britischen Monarchen werden auf den Münzen seit Jahrhunderten immer abwechselnd nach links und nach rechts blickend dargestellt. Wie bei jeder guten Regel gibt es eine Ausnahme: Der Kurzzeitkönig Edward VIII. bestand darauf, wie sein Vater George V. nach links blickend dargestellt zu werden. Doch bevor die Royal Mint in Produktion gehen konnte, trat Edward zurück. Außer ein paar Testexemplaren wurden keine Münzen in seinem Namen geprägt, sie wurden nie offizielles Zahlungsmittel und kamen nicht in den Umlauf. Edwards Nachfolger George VI. kehrte zur Links-rechts-Tradition zurück und blickte, der Thronreihenfolge entsprechend, ebenfalls nach links. Und auch eine Krone trugen die Vorgänger Elizabeths auf ihren britischen Münzen üblicherweise nicht. Charles knüpft also daran an.

Porträt mit Krone

Jede Regel hat natürlich Ausnahmen: Anlässlich der Krönung des neuen Monarchen prägte die Royal Mint im walisischen Llantrisant Gedenkmünzen in verschiedenen Nominalen, die Charles in einem modifizierten Porträt sehr wohl gekrönt zeigen. Die 50-Pence-Münze zeigt am Revers die Fassade von Westminster Abbey, während auf der Fünf-Pfund-Münze die St Edward's Crown zu sehen ist, davor sind zwei Szepter abgebildet: The Sovereign's Sceptre with Cross trägt im Kopfstück den Diamanten Cullinan I, den "Großen Stern von Afrika", The Sovereign's Sceptre with Dove ist auch als "Stab der Gerechtigkeit und Barmherzigkeit" bekannt.

Auch mit Krone ist Charles seit kurzem auf Münzen zu sehen: hier auf einer Fünf-Pfund-Münze mit der St Edward's Crown auf dem Revers.
Foto: Reuters/Darlington

Entwurf von Martin Jennings

Das Porträt Charles', das sich künftig in den Geldbörsen der Briten befinden wird, wurde vom Bildhauer Martin Jennings entworfen. Der 65-Jährige ist unter anderem für seine Bronzestatuen von Schriftstellern bekannt. Eine von ihm gefertigte Statue von George Orwell steht vor dem BBC-Gebäude in London, eine Statue in Portsmouth zeigt Charles Dickens. Ein Bildnis von Philip Larkin steht in Kingston upon Hull, der Dichter John Betjeman wurde von Jennings für die Londoner Bahnstation St Pancras verewigt. Die National Portrait Gallery in London hat drei von Jennings gefertigte Porträts in ihren Beständen: Edward Heath, Philip Pullman und Thomas Bingham sind hier zu sehen.

Martin Jennings mit einer neuen 50-Pence-Münze, die sein Kunstwerk trägt.
Foto: AP/Heap
Die Statue von John Betjeman wurde von Jennings für die Londoner Bahnstation St Pancras gefertigt.
Foto: AP/Dunham

The Queen Mother saß Modell

Jennings fertigte auch schon ein Bildnis eines Mitglieds der königlichen Familie an: Für den hundertsten Geburtstag von Charles' Großmutter Queen Elizabeth the Queen Mother gab der Verein der Freunde der St Paul's Cathedral eine Skulptur der betagten Königinmutter in Auftrag. In sieben Sitzungen saß Elizabeth dem Bildhauer im Clarence House Modell. Ursprünglich in Gips gefertigt, wurde der Bronzeabguss im Sommer 2000 in der Kathedrale aufgestellt. Nun ist ein Kunstwerk Jennings' für alle Menschen frei verfügbar.

Das Münzporträt von King Charles III. wurde vom Bildhauer Martin Jennings entworfen.
Foto: Reuters/Nicholls

Der König hat einen Vogel

Das Porträt weist ein kurioses Detail auf, das, wenn es einmal entdeckt wurde, immer wieder sofort ins Auge springt. Vor dem Ohr des Königs sitzt ein kleiner Vogel, mit langen Schwanzfedern, der ihm etwas ins Ohr zu flüstern scheint. Ob die Darstellung vom Künstler in dieser Form beabsichtigt ist oder es sich um eine Pareidolie handelt, ist unsicher, hat aber zu Spekulationen geführt. Tatsächlich ist das Porträt dem König naturgetreu nachempfunden, dies betrifft auch die Hautpartie Charles' vor seinem Ohr. Vermutet wird aber auch, dass Jennings möglicherweise dabei die Vorliebe des Königs für den Naturschutz unterstreichen wollte, um damit zu zeigen, dass Charles auf die Natur hört.

Auch Briefmarken zeigen nun Charles

Charles ziert seit Anfang April auch die britischen Briefmarken. Stilistisch wird damit eine Tradition fortgesetzt, die seit 183 Jahren gepflegt wird. Am 1. Mai 1840 erschien die erste Briefmarke der Welt, die One Penny Black. Sie zeigte eine Porträtbüste von Queen Victoria.

Auf jeder seither veröffentlichten britischen Briefmarke ist traditionell ein Bild des regierenden Monarchen zu sehen – auf Sondermarken in Form einer kleinen Silhouette in einem Eck der Marke, auf den Dauermarken als Porträtbüste. Für dieses Porträt wurde ebenfalls das neue Münzporträt Charles' verwendet.

Die Briefmarken mit dem Porträt des neuen Königs.
Foto: AP/Cheung
Mitte März erschien ein Satz von zehn Briefmarken mit Gartenblumen. Darauf war erstmals die Silhouette des neuen Königs zu sehen.
Foto: EPA

Matrix statt Stempel

In der Theorie könnten die Briefmarken mit dem vertrauten Bild Elizabeths noch ihre Gültigkeit behalten. Tatsächlich wird die Queen rasch von den Briefkuverts verschwinden: Die britische Post stellt vom altehrwürdigen System der Markenentwertung mittels Poststempel auf einen modernen Matrixcode um. Bald haben nur noch Dauermarken mit einem solchen Code Frankaturgültigkeit, die alten müssen daher umgetauscht werden. Bei den Sondermarken wird der Wechsel noch etwas länger dauern.

Im Februar 2022 brachte die Royal Mail erstmals Briefmarken mit einem Matrixcode heraus, der künftig zu allen Dauermarken gehören soll.
Foto: AFP
Die Dauermarken mit dem Bildnis Charles' gibt es ausschließlich mit dem neuen Matrixcode.
Foto: REUTERS/Maja Smiejkowska

Pickerl statt Gummierung

Auch in einem anderen Bereich hat sich die Handhabung der Briefmarken seit ihrer Einführung wesentlich verändert: Während die Postwertzeichen damals durch die Anfeuchtung der rückseitigen Gummierung fixiert wurden, sind heute selbstklebende Marken mittlerweile der Normalfall. Deshalb werden die Briten unter Charles nicht in dieselbe Verlegenheit kommen wie Victorias Untertanen: Sie werden nicht die Rückseite des Monarchen ablecken.

Am 6. Juni 1840, also etwa einen Monat nach der Einführung der One Penny Black und ihrer großen Schwester, der Two Penny Blue, veröffentlichte das wöchentlich erscheinende Krawallblatt "The Town" ein Schmähgedicht auf das neue "Post Office Medallion", das auf ebendiesen Umstand Bezug nahm:

You must kiss our fair Queen, or her pictures, that's clear

Or the gummy medallion will never adhere

You will not kiss her hand, you will readily find

But actually kiss little Vickey's behind.

Auch ein zeitgenössischer Brief eines Schulbuben an seine Schwester wird in diesem Zusammenhang immer wieder zitiert: "Hast du schon die Briefmarken ausprobiert? Ich halte sie für absurd und lästig. Ich habe keine Lust, meinen Mund zu einem Leimtopf zu machen, obwohl man die Befriedigung hat, Ihre Majestät auf den Rücken zu küssen oder vielmehr zu sabbern. Das ist die größte Beleidigung, die das Ministerium der Königin hätte bieten können". Se non è vero, è molto ben trovato.

Warten auf Charles-Geldscheine

Während Münzen und Briefmarken also schon das Konterfei des neuen Königs tragen, wird die Verbreitung auf den Banknoten der Bank of England noch eine Zeit dauern. Der Grund dafür ist die nötige technische Umrüstung bei zahlreichen Geräten wie bei Automatenkassen, damit diese in der Lage sind, die neuen Designs zu erkennen – ein monatelanger Prozess. Deshalb werden die Geldscheine mit Charles III. erst Mitte 2024 ausgegeben, obwohl sie bereits millionenfach gedruckt werden.

Von den Geldscheinen mit dem Gesicht der Queen sind rund 4,7 Milliarden Stück im Umlauf, sie werden nicht von einem Tag auf den anderen verschwinden, sondern vielmehr nach und nach ersetzt, wenn sie beschädigt oder abgenutzt sind. Das entspricht auch dem Wunsch des Buckingham Palace: Die ökologischen und wirtschaftlichen Folgen des Wechsels auf dem Thron sollen nach Möglichkeit minimiert werden – nicht umsonst gilt Charles als eingefleischter Umweltschützer. Die Rückseiten der Banknoten zu fünf, zehn, zwanzig und fünfzig Pfund bleiben unverändert und werden weiterhin Sir Winston Churchill, Jane Austen, William Turner und Alan Turing zeigen.

Die Banknoten der Bank of England tragen künftig ein frontales Porträt von Charles.
Foto: APA/AFP/Bank of England

Unterschiedlicher Umgang in den Ländern des Commonwealth

Neben Großbritannien war die Queen auch in den zahlreichen anderen Ländern des Commonwealth ein täglicher Anblick auf Münzen und auch Geldscheinen. Ein Wechsel zu Charles wird in manchen Fällen länger dauern oder vielleicht gar nicht stattfinden. In Australien werden die neuen Münzen für die zweite Hälfte des Jahres 2023 erwartet. Auf den Geldscheinen zu fünf Dollar wird das Bild der Queen künftig durch ein Motiv mit Bezug auf die Aborigines geändert. Auf anderen Nominalen sind bereits geänderte landesspezifische Motive zu sehen. Neuseeland hat es mit Änderungen wie auch Kanada nicht eilig. Und in Jamaika stehen die Zeichen ohnehin auf eine Abwendung von der Monarchie und die Einführung einer Republik. Auf den Münzen und Scheinen wird ohnehin seit einiger Zeit kein Bezug mehr auf die Royals genommen, weshalb Münzen mit dem Kopf des neuen Königs unwahrscheinlich erscheinen. (Michael Vosatka, 3.5.2023)