In dieser mit flockigem Pinselstrich gemalten Atelierszene soll sich, laut Kunsthändlerin Dorothea Apovnik, Rosa Hagenauer-Barducci mit ihrem Bildhauer-Ehemann verewigt haben.

Foto: Apovnik Kunsthandel / Roland Unger

Österreichische Schule, 18. Jahrhundert: Mit dieser spartanisch gehaltenen Einordnung gelangte im Dezember im Dorotheum ein kleinformatiges Gemälde zur Versteigerung, das eine Szene in einem Künstleratelier zeigte. Zur mutmaßlichen Identität der Dargestellten hatte der Experte Mark MacDonell die Namen Johann Baptist Hagenauer und Rosa Hagenauer-Barducci vermerkt. Angaben zu deren Wirken oder zur Biografie fehlten jedoch. Ebenso unerwähnt blieben die Lebensdaten – ganz im Gegensatz zu jenen der privaten Vorbesitzer des Bildes, die bei der Provenienz angeführt wurden.

Eine Achtlosigkeit, wie sie in der auf international gut vermarktbare Ware fokussierten Auktionsbranche bei der Massenabfertigung geringfügig eingestufter Werke bisweilen eben vorkommt. Aus der Sicht des Altmeister-Experten ging es ja quasi um nichts: Der Schätzwert für das knapp 34 mal 28 cm große Bild mit seinem historischen Rahmen war im Vorfeld der Onlineauktion mit lediglich 1000 bis 2000 Euro angesetzt worden.

Für rund 4900 Euro (inklusive Aufgeld) wechselte es in den Besitz der in Wien ansässigen Kunsthändlerin Dorothea Apovnik, die das Werk – eine Restaurierung und einige kunsthistorische Recherchen später – im Rahmen der Art-&-Antique-Kunstmesse in Salzburg (bis inklusive 10. April) neuerlich zum Verkauf anbot.

Im Salzburg Museum findet sich dieses um 1775 von Rosa Hagenauer-Barducci geschaffene Bildnis ihres Mannes, dem bekannten Salzburger Bildhauer Johann Baptist Hagenauer.
Foto: Salzburg Museum

Salzburgensie

Entsprechend der kulturhistorischen Bedeutung lag der für diese "Salzburgensie" veranschlagte Preis bei 19.500 Euro. Denn, so vermutet Apovnik, es dürfte sich um eine von Rosa Hagenauer-Barducci (1744–1786) in pastelligen Farben und mit flockigem Pinselstrich gemalte Atelierszenerie handeln: Im Vordergrund sitzend streckt sie die linke Hand samt Palette in Richtung Staffelei, im Hintergrund sitzt ihr Mann, der Salzburger Bildhauer Johann Baptist Hagenauer (1732–1810).

Beide richten den Blick prüfend zur Staffelei, umgeben von Büsten am Boden und vor einem Fenster mit Blick auf die Dachlandschaft einer Stadt. Hagenauer war – wie seine Brüder, die beiden Salzburger Architekten Wolfgang und Johann Georg – aus Ainring bei Freilassing gebürtig, das damals zum Fürstbistum Salzburg gehörte.

Unterstützt von Erzbischof Sigismund Graf Schrattenbach und seinem Onkel (Johann) Lorenz Hagenauer studierte Johann Baptist nach der Lehre bei einem Bildhauer an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Anschließend setzte er seine Ausbildung in Italien fort, zuerst in Bologna, später in Florenz und in Rom. Aus Italien brachte er nicht nur Auszeichnungen oder Abgüsse von antiken Skulpturen mit, sondern auch Rosa Barducci.

Eigenständige Künstlerin

1744 in Florenz als Tochter eines Gutsverwalters im Dienst eines Grafen geboren, sehr viel mehr ist aus ihren Jugendjahren nicht bekannt. Sieht man davon ab, dass sie Malunterricht bekommen haben muss und von "betörender Schönheit" gewesen sei: nachzulesen in einem 1997 von Lieselotte von Eltz-Hoffmann veröffentlichten Büchlein, das sich mit "Salzburger Frauen – Leben und Wirken aus 13 Jahrhunderten" befasst.

Der Überlieferung nach seien die Eltern wohl gegen eine eheliche Verbindung des Paares gewesen, weshalb es zu einer Art Entführung kam. Gesichert ist, dass die beiden am 26. November 1764 im Salzburger Dom heirateten und Rosa Hagenauer-Barducci von Anbeginn als eigenständige Künstlerin auftrat. Vor allem als Porträtistin machte sie sich einen Namen, wovon einige Werke in Salzburger Institutionen zeugen: etwa das ganzfigurige Bildnis (um 1775) ihres Mannes im Salzburg-Museum oder auch das Porträt von Wolfgang Amadé Mozarts Mutter Anna Maria in höfischer Kleidung (1766) im Bestand der Stiftung Mozarteum.

Im Bestand des Belvedere haben sich Reliefmedaillons des Künstlerehepaars erhalten. Sie stammen von Leonhard Posch, einem Schüler von Johann Baptist Hagenauer.
Foto: Belvedere

Klatsch der Familie Mozart

Die Verbindung der Familien Hagenauer und Mozart? Johanns Onkel Lorenz Hagenauer, ein überaus vermögender Salzburger Geschäftsmann, war ein eng befreundeter Gönner der Familie Mozart und als Hausherr ursprünglich auch deren Vermieter: In der Getreidegasse Nummer neun kamen sowohl Wolfgang Amadé als auch seine Schwester Nannerl zur Welt.

Die Künstlerin wurde, laut einem 1964 in den "Mitteilungen der Österreichischen Galerie" publizierten Beitrag, auch regelmäßig im Briefverkehr zwischen Vater Leopold Mozart und seinem Sohn erwähnt. Deren Meinung über die stets als "Madame Rosa" Bezeichnete war allerdings keine sonderlich gute und von Klatsch geprägt. Insbesondere ereiferten sie sich über ihre Freundschaft zum Tiermaler Josef Rosa, der auch Direktor der Belvedere-Galerie war, bei dem sie in Wien teils gewohnt haben soll, nachdem sie Salzburg 1773 verlassen hatte. Im Jahr darauf wurde ihr Ehemann durch Unterstützung des Staatskanzlers Fürst Wenzel Anton Kaunitz zum Direktor der Bildhauerklasse der Wiener Akademie bestellt.

Standesgemäße Heimat

Ein langes Leben und Wirken war Rosa Hagenauer-Barducci nicht beschert. Sie starb bereits im Alter von 42 Jahren im Jänner 1786 an Lungenschwindsucht in Wien. Ihrem Mann diente sie immer wieder als Modell für Skulpturen. Die bekannteste ist die Marienstatue auf dem Salzburger Domplatz. Aber auch in den Schlossparks von Nymphenburg oder Schönbrunn lassen sich ihre Figur und ihr Antlitz in vielen Statuen wiedererkennen.

Für das in der Literatur bislang unbekannte Gemälde fand Dorothea Apovnik bereits einen Käufer: Es fand im Salzburg-Museum eine standesgemäße und endgültige Heimat. (Olga Kronsteiner, 8.4.2023)