Die Hollywoodschaukel ist nurmehr ein nostalgisches Überbleibsel.

Foto: imago images/Westend61

Die Hollywoodschaukel hat längst ein Imageproblem. Was früher für Glanz und Glamour im Garten sorgte, ist mittlerweile nur ein nostalgisches Überbleibsel. Das aktuelle Bedürfnis: bitte gleich das gepolsterte Sofa von drinnen nach draußen verfrachten. Leichter gesagt als getan, denn außerhalb der eigenen vier Wände herrschen harte Bedingungen für das Mobiliar. Es regnet und stürmt. Im Sommer knallt die Sonne erbarmungslos auf den Stoffbezug. Sonnencreme bleibt darauf haften, und Insekten krabbeln vergnügt in den Polsterritzen. Die Ästhetik soll auch stimmen, schließlich wohnt das Auge mit.

In den letzten Jahren reagiert man gerade im höherpreisigen Möbelsegment auf diese Anforderungen. Namhafte Unternehmen widmen sich vermehrt dem privaten Außenbereich und investieren in die Entwicklung von Materialien. Mit den modernen Werkstoffen eröffnen sich für Hersteller neue Möglichkeiten. Gartenmöbel werden noch strapazierfähiger und die Gestaltung raffinierter. Davon profitiert auch die Kundschaft. Was halten diese Wundermaterialien aus, und welche Rolle spielt dabei das Thema Inkontinenz?

"Patio" nennt sich ein Textil aus Trevira-CS-Garn, das vom bekannten Stoffhersteller Kvadrat für den Außenbereich angeboten wird. Das von Karina Nielsen Rios entwickelte Textil verfügt über ein flourocarbonfreies umweltfreundliches Finish, das wasserabweisend und schnell trocknend ist.
Foto: Kvadrat

Vom Altersheim zum Outdoor-Sofa

Florian Asche kennt sich in der Outdoor-Branche aus, Möbel für den Außenbereich interessieren den Designer schon seit mehr als 15 Jahren. Er ist Geschäftsführer von April Furniture. Weil ihm die Auswahl an Outdoor-Stoffen nicht genügte, war Einfallsreichtum gefragt. Der brachte ihn ins Altersheim. Dort müssen Materialien viel leisten: Bei Inkontinenz beispielsweise darf sich das Bett nicht mit Feuchtigkeit vollsaugen. Aus diesem Grund legt man wasserabweisende Kunststofffolien unter das Bettzeug. Asche kontaktierte den Produzenten dieser Unterlagen und verbaute sie kurzerhand in Stoffsofas für draußen. Damit das Möbel innen wirklich trocken bleibt, wird die Folie mit zahlreichen Klebertupfen direkt unter dem Couchbezug befestigt. Der Überzug besteht meistens aus "Sunbrella"-Acrylgewebe, einem Wunderkind der Outdoor-Textilindustrie. Das Acryl ist "spinndüsengefärbt". Will heißen, die Farbe wird im flüssigen Zustand beigemischt. Dann bleicht das Ganze später nicht aus. Außerdem muss es wasserabweisend, schnelltrocknend und mit fungizider Beschichtung daherkommen, also schimmelresistent sein.

Kundinnen und Kunden legen viel Wert auf Komfort im Garten, weiß Jasmin Kapp, eine der Geschäftsführerinnen bei Designfunktion am Wiener Bauernmarkt. In die Outdoor-Planung investiere man inzwischen genauso viel Zeit wie für den Innenbereich des Eigenheims. Besonders verkaufsfördernd sei übrigens ein schöner Frühling: Ein Sommerkleid kaufe man sich auch lieber, wenn die Sonne scheine, sagt Kapp.

"Mittlerweile halten die neuen Materialien optisch mit dem Indoor-Angebot mit", bestätigt auch der vielfach international ausgezeichnete Produktdesigner Sebastian Herkner. Er entwirft Outdoor-Möbel für Labels wie Dedon oder Emu. Bei seiner Arbeit verwendet er häufig Acryl, Aluminium, Teak und Polypropylen. Letzteres klingt wie ein Zungenbrecher, steckt aber in vielen Alltagsgegenständen wie Joghurtbechern, Spielzeug oder Fahrradhelmen.

Auch die Möbelindustrie hat diesen Kunststoff für sich entdeckt. Das Material ist hautverträglich und wasserabweisend, hat eine geringe Dichte und somit wenig Gewicht. Also noch so ein Wunderkind. Unter den Holzarten ist Teak hoch im Kurs. Es gilt als unempfindlich gegen Witterung und Wasser. Verschüttet man im morgendlichen Delirium den Kaffee, macht das auch nichts: Kautschukeinlagerungen unterstützen die Säureresistenz. Bei der Verarbeitung von Holz ist es wichtig, auf die Zertifizierung zu achten, so Herkner. Andernfalls ist nicht gewährleistet, dass die Möbel aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen.

Außenbereich als Privileg

Im Designprozess setzt sich der Topdesigner auch mit dem Transport und der Stapelbarkeit des Mobiliars auseinander. Diese logistischen Fragen müssen mitgedacht werden. Schließlich wächst die Nachfrage nach Outdoor-Möbeln, vor allem in Europa und in den USA. "Die Sehnsucht nach Natur im privaten Kontext ist da. Zeitgleich ist ein persönlicher Außenbereich ein Privileg", erklärt Herkner. Besonders die Corona-Pandemie habe dazu beigetragen. Reisen war nicht drin, deswegen wurde – falls möglich – draußen aufgehübscht.

Wer sich selbst neues Mobiliar zulegen will, sollte die klimatischen Bedingungen des persönlichen Außenbereichs genau beobachten. Da ist nämlich jeder für sich ein eigenes Ökosystem, erklärt Designer Asche. Deswegen sei es schwierig, die Materialanforderungen pauschal von geografischen Regionen abhängig zu machen. Wie zirkuliert die Luft, und wie ist die Sonneneinstrahlung auf dem Balkon? Steht Regenwasser auf der Terrasse, oder trocknet es schnell? Anhand dieser Information berät dann der Profi. Prinzipiell gilt: Im Indoor-Bereich muss gute Qualität nicht zwingend kostspielig sein. Für Gartenmöbel investiert man aber besser in eine teure Garnitur und freut sich wesentlich länger daran, so Asche. Die Hollywoodschaukel hält er übrigens für ein tolles Produkt und, wenn man so will, fürs allererste Outdoor-Sofa. (RONDO, Elena Sterlini, 18.4.2023)