Die Grenzkontrollen zur Slowakei, hier ein Bild vom Grenzübergang Kittsee, wurden im Februar beendet, jene zu Slowenien und Ungarn laufen aber noch und sollen erneut verlängert werden.

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Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) begründet seine Entscheidung für weitere Grenzkontrollen zu Slowenien und Ungarn damit, dass Österreich auf steigenden Migrationsdruck rechtzeitig reagieren müsse.

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Sie sollen abermals um ein halbes Jahr verlängert werden: die Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte an, dass Österreich in den nächsten Tagen die Europäische Kommission darüber informieren werde.

Frage: Wie begründet Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) diesen Schritt für Österreich?

Antwort: Der Migrationsdruck in Slowenien und Italien sei in den vergangenen Monaten deutlich gestiegen, und Österreich müsse "rechtzeitig" darauf reagieren und sich wappnen, "weil wir diese Situation, wie wir sie im letzten Jahr hatten, unter allen Umständen vermeiden müssen", sagt Karner. Daher sei "es notwendig, diese Kontrollen fortzusetzen, was wir jetzt auch tun". Darüber hinaus seien Grenzkontrollen notwendig, solange der EU-Außengrenzschutz nicht funktioniere.

Frage: Wie groß war der Andrang im Jahr 2022?

Antwort: Genau 108.781 Menschen haben im Vorjahr in Österreich um Asyl angesucht – selbst im Jahr der Flüchtlingskrise 2015 waren es mit 88.340 Anträgen deutlich weniger. Etliche Antragsteller zogen aber weiter und blieben nicht im Land..

Frage: Wie ist die Lage aktuell?

Antwort: Die Zahlen gingen zuletzt deutlich zurück, was laut dem Innenminister auch das "Ergebnis dieser Kontrollen" sei. Während es im Februar dieses Jahres 2600 Asylanträge gegeben habe, seien es im November 2022 noch 12.000 Asylanträge gewesen. "Und damit wir diesen konsequenten Weg auch weitergehen können, müssen wir auch die Kontrollen weiter fortführen."

Frage: Ist die Verlängerung der Grenzkontrollen rechtens?

Antwort: Ein EU-Land darf im Schengen-Raum solche Kontrollen nur im Fall einer ernsthaften Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit für maximal sechs Monate einführen. In einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs von April 2022 hieß es, dass Österreich seit Jahren keine neue Bedrohung seiner öffentlichen Ordnung nachgewiesen habe. Das Landesverwaltungsgericht Steiermark hatte sich für einen Vorabentscheid an den EuGH gewandt und hat auf Basis dessen im Juni 2022 entschieden, dass ein Mann, der sich weigerte, seinen Pass bei einer Grenzkontrolle herzuzeigen, die ihm verrechnete Strafgebühr nicht zahlen müsse, da die Grenzkontrollen rechtswidrig seien.

Frage: Was sagt man dazu im Innenministerium?

Antwort: Dort heißt es, dass das Vorliegen einer neuen Bedrohungslage erstmals in jenem EuGH-Urteil von April 2022 festgehalten worden sei. Kontrollen, die nach diesem Urteil neuerlich wiedereingeführt wurden, seien dann alle mit einer neuen Bedrohungslage begründet worden. "Die Aussage, dass Österreich seit Jahren säumig ist, jeweils bei der Verlängerung eine neue, ernsthafte Bedrohung nachzuweisen, kann daher verneint werden", heißt es aus dem Ministerium.

Frage: Führen andere Länder Grenzkontrollen im Schengen-Raum durch?

Antwort: Ja, auch Schweden, Norwegen, Dänemark und Deutschland haben bis 11. Mai temporäre Grenzkontrollen laufen. Frankreich hat seine Ende April auslaufenden Kontrollen bereits um ein halbes Jahr verlängert, begründet mit "neuen terroristischen Bedrohungen", auch in Bezug auf die im Herbst dort stattfindende Rugby-WM, sowie mit einer erhöhten Zahl irregulärer Grenzübertritte. Deutschland hat nach Angaben seines Innenressorts noch nicht über den Fortgang der Kontrollen zu Österreich entschieden, tue das aber bis Mitte April. Die EU-Kommission will, dass Mitgliedsstaaten Kontrollen an Binnengrenzen besser begründen. Eine Reform des Schengener Grenzkodex ist seit Jahren im Gespräch.

Frage: Seit wann kontrolliert Österreich bei Ungarn und Slowenien?

Antwort: Bereits seit Herbst 2015, also seit der großen Fluchtbewegung nach Europa, wurden Grenzkontrollen zu Ungarn und Slowenien durchgeführt und immer wieder verlängert. Vor 2015 gab es punktuell manchmal Kontrollen an Österreichs Grenzen, beispielsweise zu Ereignissen wie der Fußball-EM 2008, damals für einen Monat.

Frage: Die Grenzkontrollen zur Slowakei wurden nicht verlängert. Warum entschied man dort anders?

Antwort: Die Kontrollen an der Grenze zwischen Österreich und der Slowakei wurden Anfang Februar beendet. Anlass für die Strategieänderung war, dass auch Tschechien seine Kontrollen an der Grenze zur Slowakei eingestellt hat. Österreich hatte immer argumentiert, da im Gleichklang mit Prag agieren zu wollen. (Sandra Schieder, Gudrun Springer, 11.4.2023)