Ein gewisses Misstrauen ist bei Onlinebewertungen immer angebracht. Ob Gerätehersteller, App-Anbieter oder auch das Restaurant um die Ecke: Alle haben ein gesteigertes Interesse an möglichst guten Reviews. Insofern ist die Versuchung, gezielt nachzuhelfen, die Bewertung also zum Positiven zu beeinflussen, groß. Genau das ist natürlich bei so gut wie allen Anbietern verboten, also suchen die Hersteller immer neue Tricks, um ihren Produkten stärkere Prominenz zu verschaffen.

Täuschung

Einer dieser Tricks wird nun durch das Vorgehen der US-Behörden öffentlich: Die Federal Trade Commission (FTC) hat eine Strafe von 600.000 US-Dollar gegen die Nestlé-Tochter The Bountiful Company ausgesprochen. Diese soll Amazon-Kunden gezielt getäuscht haben, um ihnen wenig beliebte Produkte anzudrehen. Mit dem Strafgeld sollen nun die betroffenen Käufer entschädigt werden.

Simpler Trick

Die Firma nutzte dabei ein eigentlich recht sinnvolles Feature von Amazon – die Möglichkeit, mehrere Produkte unter einem Beitrag zusammenzufassen. Das ist etwa dafür gedacht, wenn es ein Kleidungsstück in vielen verschiedenen Größen oder Farben gibt. Immerhin ist es in solchen Fällen praktisch, alle Varianten auf einer Seite zu haben, anstatt durch eine lange Liste unterschiedlicher Listings stöbern zu müssen.

Ein Beispiel für die Kombination komplett unterschiedlicher Produkte aus dem Urteil der FTC.
Grafik: FTC

Diese Kombination geht aber auch mit etwas anderem einher, nämlich der Zusammenführung von Bewertungen und Kommentaren. Genau das hat sich die Bountiful Company zunutze gemacht, um komplett unterschiedliche Produkte zusammenzufassen – also beliebte Produkte mit Ladenhütern zu vermischen.

Highlights

Die Konsequenz: So manch ungeliebtes Produkt erbte die guten Bewertungen des anderen, die Absätze zogen entsprechend an. Einige landeten als Konsequenz gar in den "Amazon's Choice"- und "Highlights"-Listen für besonders beliebte Angebote, denn auch diese werden bei solchen Sammeleinträgen geteilt.

Im konkreten Fall ging es um Nahrungsergänzungsmittel, die unter der Markte Nature's Bounty verkauft wurden. Dabei wurden die Produkte offenbar wild gemischt, also Pillen mit ganz unterschiedlicher Wirkungsweise unter einem Eintrag zusammengefasst. Dass dies kein Versehen war, belegt die US-Handelsbehörde mit internen Dokumenten von The Bountiful Company, in denen diese Methode im Detail beschrieben wird.

Keine Einsicht

Bei dem verurteilten Unternehmen scheint man sich übrigens keiner Schuld bewusst zu sein. Man habe das Urteil nur akzeptiert, um eine langwierige und teure Berufung zu vermeiden, heißt es gegenüber US-Medien. Bei Amazon sieht man das offenbar anders: In einer Stellungnahme heißt es, dass solche Methoden ganz klar durch die eigenen Regeln verboten sind und dass man die Einträge laufend durchsuche, um so etwas zu verhindern. (apo, 12.4.2023)