Ein Selfie am Flughafen in Delhi. Die Familie will alle Freunde in Haslach grüßen.

Foto: Lopez

Die am Donnerstagabend aus Österreich abgeschobene indische Familie Lopez ist um sieben Uhr Ortszeit in Delhi gelandet. DER STANDARD konnte nun mit der Mutter und dem 15-jährigen Sohn telefonieren. Sie befinden sich, mittlerweile ist es in Delhi früher Nachmittag, immer noch am Flughafen in Gewahrsam.

VIDEO: Am Donnerstag fand eine Protestaktion gegen die Abschiebung der Familie statt. DER STANDARD war vor Ort und holte Stimmen von der Kundgebung ein.
DER STANDARD

"Traurig und gestresst"

"Wir sind alle sehr müde, traurig und gestresst", erzählte die 40-jährige Emilia Lopez am Telefon. Sie wurden von insgesamt acht Polizeibeamten nach Indien begleitet, "sechs Männer und zwei Frauen", erzählt Lopez. "Sie waren sehr freundlich und haben den Behörden am Flughafen gesagt, dass wir nichts verbrochen hätten und man freundlich zu uns sein solle." Dann habe sich die österreichische Polizei verabschiedet, und man habe stundenlang auf die für Einwanderung zuständige indische Polizei gewartet.

Kurz nach dem ersten Telefonat mit dem STANDARD meldete sich die Mutter nochmals: Die Polizei sei nun hier, sie werde versuchen, sich wieder zu melden. Die Familie habe noch einen fünfstündigen Flug nach Goa, wo sie herkomme, aber keine Verwandten mehr habe, vor sich. Der Sohn erzählte am Telefon hörbar müde und sehr traurig, dass er sich nur per Textmessages von seinen Freunden verabschieden konnte. Joshua Lopez hat Indien mit elf Jahren verlassen und sagt, es fühle sich "fremd an, hier zu sein".

Kein persönlicher Abschied von Schulfreunden

Er habe nur einen Wunsch: "Ich will nur wieder heim nach Haslach." Die Mutter, die als Köchin in einem Wirtshaus in Haslach und als Mesnerin in der Kirche arbeitete, sagt: "Liebe Grüße an alle Freunde in Haslach." DER STANDARD kontaktierte am Freitagvormittag auch das Sekretariat von Kardinal Christoph Schönborn, da die Familie katholisch ist. Dort sei man seit Tagen "intensiv mit dem Fall befasst", heißt es. Man will nun auch nach der Ankunft in Indien nicht aufgeben: "Wir werden versuchen, alles, was in unserer Macht steht, zu tun, um der Familie zu helfen."

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hatte das Vorgehen gegenüber der Familie zuletzt im Rahmen einer Pressekonferenz am Mittwoch verteidigt. Am Freitag hält Karner dazu fest: "Der Fall wurde letztinstanzlich vom Bundesverwaltungsgericht entschieden – das ist zu akzeptieren." Darüber hinaus sei klar festgehalten: "Illegale Zuwanderung und Asylmissbrauch sind klar von legaler Zuwanderung zu Arbeitszwecken zu trennen."

Die Familie Lopez gab in Österreich wiederholt an, aufgrund ihres katholischen Glaubens in Indien gefährdet zu sein. Ihre Vorfahren waren aus Portugal nach Indien gekommen.

Verzweiflung herrscht derweil auch in Haslach. Der Wirt Alfred Baier, bei dem Emilia Lopez als Köchin arbeitet, weiß nicht mehr weiter, wie er Freitagfrüh erzählt: "Ich stehe jetzt da. Ein Jahr habe ich eine Köchin gesucht, weil unsere in Pension gegangen ist. Mit Frau Lopez hat es super gepasst. Sie beherrscht die Küche, hat ja auch in Indien als Köchin gearbeitet."

Die Gaststube von Alfred Baier könnte bald geschlossen bleiben.
Foto: Baier

Beim AMS im Bezirk seien über 100 offene Stellen gemeldet, erzählt Baier weiter. "Wir sind bald gezwungen, den Küchenbetrieb einzustellen oder das Wirtshaus ganz zu schließen."

Frau Lopez war 2019 legal mit einem Visum eingewandert und hatte erst 2021 um Asyl angesucht. Sie arbeitete in einem Mangelberuf, so auch ihre Tochter Joia, die mitten in der Ausbildung zur Altenpflegerin war.

Am Freitagnachmittag erklärten sich auch der Geschäftsführer der IG Autoren, Gerhard Ruiss, sowie Autor Peter Paul Wiplinger und Schriftstellerin Olga Flor in einem Brief solidarisch mit der Familie. Darin verlangen sie einen anderen polizeilichen Umgang mit Asylsuchenden. "Asylsuchende sind keine Verbrecher, die bei ihren Familien oder mit ihren Familien nachts im Schlaf überrascht werden müssen." Die Abschiebung sei zudem "menschenrechtlich und sachpolitisch falsch".

Weiter nach Goa und ins Ungewisse

Bei einem weiteren Telefonat am späten Nachmittag wartet Familie Lopez auf ihren Anschlussflug nach Goa. "Von dort sind es nochmals etwa einunddreiviertel Stunden mit dem Auto zu Freunden, wo wir zwei, drei Tage bleiben können", sagt sie. Danach wisse man nicht weiter. Und nochmals lobt sie die Beamtinnen und Beamten, die rund um und neben ihnen im Flugzeug saßen und nach der Erfahrung der Abholung und Schubhaft der letzten Tage eine Wohltat gewesen seien: "Sie haben uns auch gesagt, dass sie von unserem Fall gelesen haben und wir ihnen leid tun. Sie haben beim Abschied sogar gesagt, dass sie uns viel Glück wünschen und hoffen, wir können durch die Rot-Weiß-Rot-Card wieder nach Österreich kommen", sagt Emilia Lopez. (Colette M. Schmidt, 14.4.2023)