Die Draqqueen Freya Van Kant anlässlich der Lesung 'Drag Storytime 4 Kids' am Sonntag.

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Aufgrund eine Kinderbuchlesung einer Dragqueen haben sich unterschiedliche Gruppierungen vor der Türkis-Rosa-Lila-Villa in Wien zu umfassenden Demonstrationen und Gegendemonstrationen eingefunden. Grund dafür war die vorlesende Person. Die Dragueen Freya Van Kant hat den Kindern als ein bunt geschminkter Mann in Frauenkleidern vorgelesen.

Video-Porträt: Dragqueen Candy Licious liest Kinderbücher vor. Zu den Lesungen kommen Kinder und Erwachsene, und die Polizei. DER STANDARD war bei der umstrittenen Veranstaltung dabei.
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Geschätzte hundert Personen hatten sich daher direkt vor dem Gebäude versammelt, um zu den Klängen unter anderem des Radetzkymarschs gegen die Dragqueen-Lesung zu protestieren, darunter auch Vertreter der FPÖ, der Identitären um Martin Sellner und Personen aus dem Hooligan-Umfeld. Auch christliche Fundamentalisten waren erwartet worden. Zu sehen war neben Bannern mit dem Schriftzug "Kinder schützen ist kein Verbrechen" oder "Keine Genderindoktrination mit meinen Steuern" auch ein Demonstrant mit Kreuz.

Wann die Sperre der linken Wienzeile genau aufgehoben wird, konnte die Polizei auf Nachfrage nicht beantworten.
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Der Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp hatte eine Absage der Dragqueen-Lesung gefordert, hier finde "eine inakzeptable Frühsexualisierung von Kleinkindern" statt. Anfang März hatte die FPÖ in einer Sondersitzung des Wiener Landtags ein generelles Verbot von Drag-Queen-Shows für Kinder gefordert.

Gegendemonstration: "Drag is not a crime"

Die Lesung war dennoch gut besucht. Rund 40 Personen waren, wie ursprünglich geplant, zur Veranstaltung gekommen, die wegen der Demos in den ersten Stock verlegt worden war.

Gleichzeitig zeigten sich geschätzt 400 bis 500 Menschen mit der Dragshow solidarisch, unter anderem auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der auf Twitter den Satz "Für ein Klima der Vielfalt" samt gemeinsamem Bild mit einer Drag-Queen postete. Regenbohnenfahnen wurden geschwenkt, Plakate mit der Aufschrift "Drag is not a crime" hochgehalten. Auf den sozialen Medien wurden mehrere Video gepostet, in denen die 70er Jahre Klassiker "We are Family" oder "Y.M.C.A" von den Village People zu hören waren. Noch bis 18 Uhr läuft eine Solidaritätskundgebung unter dem Motto "Wien ist queer! Drag is not a crime", bei der unter anderem auch Conchita Wurst auftreten wird.

Sperre zwischen Getreidemarkt und Pilgramgasse

Die Landespolizeidirektion Wien gab dem STANDARD auf Anfrage bekannt, dass derzeit noch die Linke Wienzeile auf der Höhe Getreidemarkt bis Pilgramgasse gesperrt sei, eine absehbare Aufhebung der Sperre wurde nicht genannt. Laut Polizei bewege sich eine Kundgebung in Richtung Innenstadt, die derzeit die Ringstraße blockiert.

Auf Twitter teilte die Landespolizeidirektion Wien außerdem mit, dass eine Person nach dem Verbotsgesetz angezeigt worden sei. Laut einem Pressesprecher verlaufe aber alles "soweit friedlich".

Die Türkis Rosa Lila Villa war erst Ende März Angriffsziel, als mutmaßliche Rechtsextreme auf ein Baugerüst kletterten, ein Plakat mit einer gegen die Community gerichteten Parole befestigten und hunderte Flugblätter verteilten. Auch Drag-Queen-Lesungen waren bereits im Visier von mutmaßlich Rechtsextremen: Im Vorjahr wurde vor einer Lesung in einer Wiener Bücherei im Rahmen des Pride-Monats der Eingang zugemauert. Aktivistinnen und Aktivisten der Community, Grüne und SPÖ hatten für die heutige Lesung ursprünglich ein Platzverbot gefordert, um den Lesungsteilnehmern sicheren Zugang zu ermöglichen. Stattdessen wurde nur der bei mehreren Demos vorgeschriebene Schutzbereich eingerichtet. (awie, red, 16.4.2023)