90 Prozent der Sinneseindrücke werden über die Augen wahrgenommen, deshalb brauchen sie auch einmal eine Pause. Ein breites Lächeln hilft beim Entspannen. Es bewegt die Gesichtsmuskeln und entkrampft die Augen.

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Mehr als die Hälfte aller Österreicherinnen und Österreicher haben mit einer Sehschwäche zu kämpfen. Im vergangenen Jahr wurden so viele Brillen wie noch nie verkauft, berichtet das Marktforschungsinstitut Spectra. Das liegt vor allem an der zunehmenden Kurzsichtigkeit. Grund dafür dürften die vermehrte Nutzung von elektronischen Geräten und das ständige Auf-den-Bildschirm-Schauen sein. Das In-die-Weite-Blicken kommt deshalb zu kurz, und das wird für die Augen zum Problem.

Bildschirmaugen und Geierhals

Zwar bekommt man vom ständigen Schauen auf den Bildschirm keine viereckigen Augen – wie man es als Kind sicher öfter gehört hat –, aber der Sehfähigkeit schadet es trotzdem. In ihrem Buch Der kleine Augen-Coach erklärt Autorin Heike Höfler, dass bei der Arbeit am Bildschirm unsere Augen dauerhaft in Anspannung sind. Die inneren Augenmuskeln, auch Ziliarmuskeln genannt, sind beim Sehen in die Ferne entspannt, beim Blick in die Nähe dagegen dehnen sie sich Richtung Linse.

"Der kleine Augen-Coach" von Heike Höfler ist im Verlag Trias erschienen und demonstriert Übungen für entspanntere Augen.
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Doch nicht nur die Augen leiden unter dem Starren auf den Bildschirm, auch der Rest des Körpers spürt es, betont die Autorin. Das kennen Menschen, die Brille tragen, wenn sie diese einmal zu Hause vergessen haben und ihnen der Tag ein wenig verschwommener begegnet. Man rückt immer näher an den Bildschirm, und bald macht man einen sogenannten Geierhals: Das Kinn ist nach vorne gestreckt und der Nacken gekrümmt anstatt gerade.

Verspannungen der Augenmuskulatur breiten sich oft in das Gesicht, die Kiefer, den Nacken und den Halsbereich aus. Umgekehrt gilt übrigens dasselbe – ein verspannter Nacken behindert die Entspannung der Augen. Bei einer schlechten Körperhaltung kann die Durchblutung des Gehirns und der Augen gestört werden, sie werden mit weniger Sauerstoff versorgt. Dadurch sinkt die Sehqualität – und das kann auch durch eine Brille nicht korrigiert werden.

Augengymnastik im Büro

Doch deshalb Bildschirme im Alltag zu meiden ist wohl utopisch. Doch mit etwas Augengymnastik kann man die Belastung durch die Bildschirme ausgleichen, betont Höfler und liefert einfache Übungen, die man überall machen kann. Vor allem die Balance zwischen Augenstress und Erholung ist wichtig.

Um den ermüdeten oder sogar brennenden Augen zwischendurch eine Pause zu bieten, kann man das sogenannte Palmieren ausprobieren. Einfach die Handflächen aneinanderreiben, damit sie warm werden, und dann die Hände leicht gewölbt über die geschlossenen Augen legen. Der Kopf ist hierbei leicht nach vorne geneigt, die Augenpartie selbst wird nicht berührt. Die Handballen ruhen auf den Wangenknochen, die Fingerspitzen auf der Stirn. Durchgeführt wird diese Übung für mindestens 30 Sekunden, dabei tief und entspannt atmen.

Das Dehnen der Augenmuskeln sowie des restlichen Körpers ist außerdem essenziell, wenn man lange am Schreibtisch sitzt. Dafür setzt man sich gerade im Stuhl hin, das Kinn leicht zurückziehen und dezent nach unten richten. Dann nur den Kopf nach links drehen, auch mit den Augen nach hinten links schauen. Diese Pose hält man für vier bis acht Sekunden, bevor man dasselbe auf der rechten Seite macht. Mindestens zweimal wiederholen.

Alles im Blick behalten

Ganz wichtig sind laut Höfler Akkommodationsübungen und Übungen für das periphere Sehen. Akkommodation bezeichnet die Anpassung der Augen an Nahsicht und Fernsicht. Dafür müssen Augenlinse und Ziliarmuskeln beweglich sein, das kann man durch Training unterstützen.

Eine Akkommodationsübung ist der Käfer: Den Arm in einer Daumen-hoch-Geste vor den eigenen Körper strecken und auf einen beliebigen Punkt in der Ferne fokussieren. Dann auf den Nagel des ausgestreckten Daumens fokussieren, anschließend auf die eigene Nasenspitze. Arm wechseln und die andere Seite trainieren. Fans von Insekten können sich währenddessen einen Käfer vorstellen, der von Punkt zu Punkt fliegt, und diesem mit dem Blick folgen. Jeder Punkt sollte dabei zwischen zehn und zwanzig Sekunden fokussiert werden.

Beim peripheren Sehen geht es um die Größe des eigenen Blickfelds, genauer gesagt, was man aus den Augenwinkeln noch wahrnehmen kann: das Auto, das auf der Straße vorbeisaust, oder der Hund, der von der Seite auf einen zurennt. Gerade Personen mit Brille haben hier oft Probleme, da die Brille nicht jeden Winkel abdeckt. Üben kann das periphere Sehen aber jeder.

Dafür konzentriert man sich auf ein Objekt in Linie mit der Nasenspitze und rahmt dieses mit den flachen Händen links und rechts ein. Das Objekt wird die ganze Zeit fokussiert, während man mit den Händen langsam immer weiter auseinandergeht, bis die Hände nicht mehr im eigenen Sichtfeld sind. Diese Übung wiederholt man zwischen zwei- und achtmal.

Mehr gähnen und mit den Augen klimpern

Gähnend am Schreibtisch sitzen und allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen zublinzeln könnte am Arbeitsplatz falsch verstanden werden – aber es ist gesund, betont Höfler. Durch das Gähnen atmet man tief ein und öffnet Mund, Rachen und Hals weit. Zusätzlich wirkt Gähnen wie eine Kühlung für das Gehirn. Eine Studie im Journal Physiology & Behavior bestätigt das: Gähnen spielt eine Rolle in der Temperaturregulierung des eigenen Körpers. Weiters kneift man beim Gähnen die Augen zusammen, das übt Druck auf die Tränendrüsen aus und regt damit die Produktion von Tränenflüssigkeit.

Beim Blinzeln verteilt man diese Flüssigkeit auf den Augen. Das ist deshalb wichtig, denn wenn der Blick über längere Zeit auf etwas fokussiert ist, sinkt die Zahl der Lidschläge, die Augen werden trockener. Das bewusste Augenklimpern hilft dagegen. Und auch ein herzliches Lächeln tut den Augen gut, bemerkt Höfler. Das bringt die Gesichtsmuskeln in Bewegung und entkrampft die Augen – auch wenn es an einem harten Arbeitstag vielleicht schwerfallen mag. (Laura Schnetzer, 21.4.2023)