Der April 2023 wird in den USA ein kleines Stückchen Mediengeschichte schreiben. Es ist nämlich jener Monat, in dem die letzten gedruckten Ausgaben von "Maximum PC" und "Mac Life" erscheinen. Danach gibt es beide Medien nur noch in digitaler Form, wobei Inhalte der "Maximum PC"-Redaktion auf der Website von "PC Gamer" erscheinen.

Das wäre im Online-Zeitalter an sich keine spektakuläre Neuigkeit. Allerdings handelt es sich um die letzten beiden Computerzeitschriften abseits von Fachnischen, die ihre Printpräsenz einstellen. Und ein Blick nach Deutschland und Österreich zeigt: Auch bei uns ist eine solche Entwicklung absehbar. Dass die Hefte rund um Software, Hardware und Games subjektiv kaum noch in Regalen abseits von Trafiken auffindbar zu sein scheinen, dürfte kein Zufall sein.

Die fetten Zeiten sind vorbei

Das zeigen die Zahlen, die sich über die Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern (IVW) in Deutschland bzw. die Österreichische Auflagenkontrolle (ÖAK) abrufen lassen, als auch Angaben, die von den Verlagen selbst bereitgestellt werden.

Generell hatten Breitenmedien mit Fokus auf Computer und Videospiele ihre große Zeit in den Jahren 2002 bis 2004. Vor allem Altersgruppen zwischen Teenagern und Enddreißigern griffen gerne zu, um sich zumeist im Monatstakt über Neuigkeiten bei Anwendersoftware, Hardware und Spiele auf dem Laufenden zu halten, Previews und Tests nachzulesen. Die steigende Verfügbarkeit von Breitbandinternet, der Siegeszug von Onlinevideos und Smartphones und ein steigendes Angebot an jungen Online-only-Alternativen für tagesaktuelle Tech- und Games-Inhalte sorgten für einen massiven Wandel.

2002 wurde etwa die österreichische "E-Media" noch mit einer Auflage von über 200.000 Stück pro Monat verlegt. Im zweiten Halbjahr 2013 wurden der ÖAK nur noch 60.267 Stück gemeldet, wovon 26.382 an Abonnenten gingen. Gemäß den vom Verlag VGN angegebenen Mediadaten belief sich die Auflage im zweiten Halbjahr 2022 nur noch auf 28.191. Tatsächlich waren davon aber nur 12.555 Stück das Printprodukt. Der Rest entfällt auf die mittlerweile eingeführte E-Paper-Version.

Die "PC-Go" hat nur noch einen Bruchteil ihrer Leserinnen und Leser. Sie wurde mit dem ebenfalls angeschlagenen "PC Magazin" zusammengelegt.

Mit einer Halbierung ihrer Verkaufszahlen hat die "c't" die vergangenen 20 Jahre hingegen vergleichsweise gut überstanden.
Foto: DER STANDARD/Pichler

Minus 90 Prozent durch die Bank

Ähnliche Verläufe sieht man auch beim Blick nach Deutschland anhand der IVW-Zahlen für das vierte Quartal 2022, die auch E-Paper umfassen. Vor 20 Jahren kam etwa die "Computer Bild" des Axel-Springer-Verlags noch auf fast eine Million monatlich verkaufte Heftauflage. Zehn Jahre später hatte sich diese auf 532.000 nahezu halbiert. Am Ende des letzten Jahres unterschritt man die Sechsstelligkeit. 97.568 Exemplare konnten gemäß IVW-Statistik verkauft werden – ein Minus von satten 90 Prozent. Von einst 129.000 Abonnenten waren noch 59.000 übrig.

Die "Chip", ebenfalls einst ein Riese in der Branche, buchte zuletzt über 77.000 Verkäufe bei rund 38.000 Abonnenten ein. Das ist nur noch ein Fünftel bis ein Viertel der Zahlen von 2002. Ziemlich genau 90 Prozent Schwund im Printverkauf muss auch das "PC Magazin" hinnehmen, von 210.000 auf 20.400. Dazu 73 Prozent weniger Abonnenten, die mit knapp 17.000 nunmehr die große Mehrheit der verbliebenen Käufer sind. Es wurde kürzlich mit der "PC-Go", die ihrerseits nur noch sechs Prozent der Stückzahlen von 2002 verkauft, in ein gemeinsames Heft fusioniert.

Für die "PC-Welt" weist die IVW zuletzt im dritten Quartal 2021 Daten aus, bereits dort zeigte sich im Vergleich mit Ende 2002 ein Verkaufsminus von 90 Prozent. Vergleichsweise glimpflich davongekommen ist die stärker an ein Fachpublikum gerichtete "c’t", deren verkaufte Stückzahlen sich seit 2002 "nur" halbiert haben.

Diverse ehemalige Marktteilnehmer gaben schon vor Jahren auf. Anfang 2014 sperrte die "PC Praxis" zu, Mitte 2017 die "PC Professionell" – um nur zwei bekanntere Namen zu nennen.

Spielehefte im freien Fall

Auch bei Spielemedien sieht es nicht anders aus. Ende 2002 war die "Computer Bild Spiele" noch die mit Abstand größte Games-Zeitschrift ihrer Art am deutschsprachigen Markt. 735.077 verkaufte Exemplare wies man für das vierte Quartal aus, wenn auch mit einem sehr niedrigen Abonnentenanteil von rund 27.000 Empfängern. Die letzten Daten stammen von Anfang 2019, als der Verlag die Einstellung verkündete. Zu diesem Zeitpunkt verkaufte sich das Heft nur noch rund 28.000-mal im Monat. Ein wenige Jahre zuvor versuchter Relaunch hatte nicht gefruchtet.

Andere, teils viel länger etablierte Namen sind in Sachen Printausgabe ebenfalls nur noch ein Schatten ihrer selbst. Über 300.000 Hefte pro Monat konnte die "Gamestar" dereinst verkaufen. Die letzten bei IVW verfügbaren Zahlen von 2016 weisen mit 54.000 Stück bereits einen deutlichen Absturz aus. Verlagseigenen Angaben zufolge verkaufte man per Jahresanfang 2023 noch etwa 30.000 Stück. Auch hier zeigt sich also ein Minus von 90 Prozent.

Die "PC Games" war einst 250.000 Verkäufe stark und zog sich 2014 aus der IVW-Erfassung zurück, für die man Ende 2014 noch knapp 32.000 veräußerte Hefte pro Monat gemeldet hatte. Die Entwicklung hatte sich abgezeichnet. 2012 war die Schwesterzeitschrift "PC Action" eingestellt und die Redaktionen fusioniert worden. Seitdem meldete der Computec-Verlag öffentlich keine Verkaufszahlen mehr, machte aber immer wieder Angaben zur Auflage. Und die liegt seit diesem Jahr bei 16.400 Stück.

Alternativloser Wandel

Das dräuende Aus für ihre Printprodukte bedeutet freilich nicht das Ende der Medien per se. Viele von ihnen haben sich – wenn auch teilweise spät – dazu durchgerungen, ihren Lesern auch online mehr als bloß die Zweitverwertung von gedruckten Texten anzubieten. Podcasts und Videos gehören zum Repertoire, auch Livestreaming-Formate werden von manchen gepflegt.

Der Weg ist auch alternativlos, denn die Strategien zur Rettung der gedruckten Version scheinen sich erschöpft zu haben. Selbst die monatlichen Spielevollversionen fruchten offenkundig nicht mehr. In Zeiten, in denen es ohnehin auf Steam, Gog und im Epic Games Store regelmäßig kostenlose Unterhaltung gibt und man sich mit Abo-Angeboten wie dem Xbox Game Pass Zugriff auf viele aktuelle Titel verschaffen kann, dürfte für viele Leserinnen und Leser das vielleicht letzte Argument wegfallen, sich ein Heft zu kaufen, statt das Onlineportal anzusurfen.

Wer die "Gamestar"-Seite aufruft, findet dort auch keinen großen Hinweis auf die papierene Monatsausgabe. Sie scheint entweder als Punkt in einem Untermenü auf oder als eine Variante des "Plus"-Abos, dessen drei andere Angebote einen rein digitalen Umfang bieten. Hinter dem Medium steht allerdings seit 2015 auch der auf Onlineprojekte spezialisierte Webedia-Verlag.

Die "Gamestar" gilt heute als ein Beispiel für eine geglückte Transformation und erreichte im Jänner laut IVW 33,6 Millionen Visits. Damit schnupft man auch den Auftritt der "Computer Bild", die thematisch breiter aufgestellt ist, aber trotzdem nur 20,8 Millionen Visits verzeichnete. Ein absoluter Frühstarter war allerdings "Chip", dessen Website Anfang 1996 ihre Pforten öffnete und zuletzt 76 Millionen Visits anzog. Ein Schritt, der aber bloß konsequent war, gehört das 1978 gegründete Medium doch zu den Urgesteinen der deutschsprachigen Tech-Medien. (gpi, 18.4.2023)