Rauchwolken über Khartum.

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Khartum – Im Sudan haben sich die Konfliktparteien auf eine 24-stündige Feuerpause verständigt. Die Waffen sollten ab Dienstag 18 Uhr mitteleuropäischer Zeit für einen Tag schweigen, teilte die Armee mit. Auch nach 18 Uhr waren Berichten zufolge jedoch Schüsse in der Hauptstadt Khartum zu hören. An eine Verlängerung der Waffenruhe sei zudem nicht gedacht, sagte General Schams El Din Kabbaschi vom regierenden Militärrat im TV-Sender "Al-Arabiya". Der Anführer der mit der Armee rivalisierenden Paramilitärs (RSF), General Mohammed Hamdan Dagalo, erklärte, seine Einheiten befürworteten die Feuerpause.

Am Dienstag hatten sich die Gefechte zwischen den rivalisierenden Lagern der Armee und des Paramilitärs fortgesetzt. Im seit drei Tagen wütenden Machtkampf zwischen der sudanesischen Armee unter Kommando des sudanesischen Generals Abdel Fattah al-Burhan und den paramilitärischen Einheiten seines Stellvertreters Mohamed Hamdan Dagalo, genannt Hemedti, haben sich die Fronten weiter verhärtet. Nach UN-Angaben sind bislang 185 Menschen getötet und mehr als 1800 verletzt worden – darunter seien sowohl Kämpfer als auch Zivilistinnen und Zivilisten.

Der Botschafter der EU im Sudan ist in seiner Residenz in Khartum angegriffen worden.
AFP

Das sudanesische Ärztekomitee forderte die Konfliktparteien am Montag auf, ihre "ständigen Angriffe" auf Krankenhäuser, Krankenwagen und medizinisches Personal einzustellen. Der deutsche UN-Vermittler Volker Perthes kritisierte, internationale Organisationen und Zivilisten würden bei den Gefechten zwischen der Armee und der paramilitärischen Gruppe Rapid Support Forces (RSF) nicht geschützt.

Zivilisten im Gefechtsgebiet

In der Hauptstadt Khartum gab es Perthes zufolge weiter heftige Gefechte um die geschlossenen Brücken, den internationalen Flughafen und die Hauptquartiere des Militärs und der RSF. Nach Angaben von Amnesty International richtete der Einsatz schwerer Waffen, darunter Artillerie, Panzer und Düsenflugzeugen, in dicht besiedelten Gebieten in Khartum große Zerstörung an. Zivilisten seien mitten im Gefechtsgebiet gefangen, so Amnesty. Wer in dem Machtkampf der rivalisierenden Lager die Oberhand hat, blieb angesichts der unübersichtlichen Lage und der widersprüchlichen Angaben beider Konfliktparteien unklar.

Anwohner in der Hauptstadt Khartum berichteten von anhaltenden Schüssen und Explosionen. Aber auch in anderen Teilen des Landes gingen die Kämpfe weiter – etwa in der Stadt Merowe, die über einen wichtigen Flughafen verfügt, sowie in der Stadt Njala in Darfur. Der Gouverneur von Nord-Darfur, Nimr Abdul Rahman, sagte am Montagabend, allein in seiner Region seinen mindestens 65 Menschen getötet und 160 weitere verletzt worden. Die Strom- und Wasserversorgung sei in Teilen Nord-Darfurs unterbrochen, so Rahman.

Internationale Vermittlungsversuche

US-Außenminister Antony Blinken sprach nach Angaben seines Ministeriums vom Montagabend (Ortszeit) sowohl mit Al-Burhan als auch mit Dagalo. Er habe die Dringlichkeit eines Waffenstillstands deutlich gemacht, um die Lieferung humanitärer Hilfe sowie die Wiedervereinigung sudanesischer Familien zu ermöglichen – und der internationalen Gemeinschaft in Khartum die Möglichkeit zu geben, ihre Präsenz zu sichern. Blinken habe an die Verantwortung der beiden Generäle appelliert, die Sicherheit und das Wohlergehen der Zivilisten, des diplomatischen Personals und der humanitären Helfer zu gewährleisten.

Drei ostafrikanische Präsidenten sowie ein Vertreter der Afrikanischen Union sollen als Vermittler nach Khartum reisen. Aufgrund der anhaltenden Kämpfe, die auch am internationalen Flughafen in Khartum ausgefochten wurden, war das bislang nicht möglich.

Auch die G7-Runde wirtschaftsstarker Demokratien hat von den Konfliktparteien im Sudan ein sofortiges und bedingungsloses Ende der Kämpfe verlangt.

Ein US-Diplomatenkonvoi geriet am Montag im Sudan unter Beschuss, offenbar durch Kämpfer, die mit der paramilitärischen Gruppe RSF in Verbindung stünden, sagte Blinken am Dienstag.

Angriff auf EU-Botschafter

Auch die EU bemühe sich, die Konfliktparteien davon zu überzeugen, eine humanitäre Feuerpause in Erwägung zu ziehen, teilte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montagabend mit. Details zu den Friedensbemühungen nannte er nicht. Eine Sprecherin hatte am Mittag bereits über Krisengespräche Borrels mit Spitzenpolitikern aus Kenia, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten berichtet.

Nach Angaben Borrells wurde der EU-Botschafter im Sudan in seiner eigenen Residenz angegriffen. Die Tat stelle einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen dar, schrieb der EU-Außenbeauftragte auf Twitter. Die Sicherheit diplomatischer Einrichtungen und des Personals liege primär in der Verantwortung der sudanesischen Behörden und sei eine völkerrechtliche Verpflichtung. Angaben zur Art des Angriffs und zu dem Täter oder den Tätern machte Borrell nicht. Aus Diplomatenkreisen hieß es am Abend in Brüssel, der Botschafter sei wohlauf und nicht verletzt worden. (APA, red, Reuters, 18.4.2023)