Genau. Es gibt auch sprachliche Ansteckungsgefahren. In diesem Fall leidet aber nicht die Gruppe derer, die sich das Genau-Virus schon eingefangen haben, sondern vielmehr jene, die von den Genau-Emanationen ihrer infizierten Mitmenschen überflutet werden. Und dann die Angst, selbst erwischt zu werden! Denn das geht schneller, als man denkt. Genau.

Vorsicht! Es gibt auch eine sprachliche Ansteckungsgefahr.
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Wobei in letzterem Fall "genau" falsch eingesetzt ist, nämlich richtig. Als Genau-Virus-Erkrankte(r) verwendet man "genau" nämlich genau (!) dort, wo die Affirmation, die üblicherweise mit "genau" signalisiert wird, absolut sinnlos ist. So etwa: "Wie ist das Wetter heute?" "Genau."

Wer damit angefangen hat, ist nicht mehr nachvollziehbar. Ein chinesisches Labor wird es diesmal nicht gewesen sein. Auch Bill Gates ist hier eher unverdächtig. Aber Chips können natürlich immer im Spiel sein. Irgendwo im deutschsprachigen Raum ist es passiert, wahrscheinlich in einem TV-Studio, wo Reporter und Reporterinnen gechippt und danach in die Welt hinaus geschickt wurden: "Frau X, können Sie uns beschreiben, wie sich heute früh die Situation auf den Straßen von Y darstellt? Was sehen Sie?" "Genau. Es herrscht angespannte Ruhe ..."

Allergische Reaktionen gibt es – nicht zuletzt bei der geduldigen STANDARD-Leserschaft – auch auf "es braucht" oder "ins Tun kommen". Aber Leute, im Vergleich sind das rein ästhetische Leiden! Bei "genau" hingegen schrillt der Nonsens-Alarm! (Gudrun Harrer, 19.4.2023)