Stickstoffverbindungen bilden den Hauptbestandteil der in der Landwirtschaft eingesetzten Düngemittel. Ein großer Anteil des Düngers kommt aber nicht in der Pflanze an, sondern wandert in den Gewässerkreislauf und von dort ins Meer. Nun berichtet eine Studie im Fachjournal "PNAS", dass sich der jährliche Eintrag in Form von Ammoniak 2018 gegenüber dem Jahr 1970 um etwa 89 Prozent erhöht hat.

Ammoniak (NH3) ist eine gasförmige Stickstoffverbindung, deren weltweite Emissionen fast ausschließlich auf den Agrarsektor zurückgehen. Stickstoff wird seit Jahrzehnten als Dünger eingesetzt, um die Lebensmittelproduktion zu maximieren. Neben der von Ammoniak geht etwa auch die Freisetzung von klimaschädlichem Lachgas (N2O) und Nitraten darauf zurück.

Stickstoffdünger löst im Meer eine Reihe von Effekten aus. Problematisch sind unter anderem die Versauerung und die Begünstigung von Algenblüten.
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Globales Problem

Vor allem in Küstenregionen liege Ammoniak inzwischen vor Stickstoffoxid-Emissionen (NOx) aus der Verbrennung fossiler Energieträger, berichtet das überwiegend chinesische Forschungsteam um Lei Liu von der Universität Lanzhou. Die Überdüngung der Meere habe sich zu einem globalen Problem entwickelt. Sie löse zahlreiche biogeochemische Rückkopplungen aus, darunter eine Versauerung der Ozeane, eine Verschlechterung von Flachwasser-Lebensräumen sowie die Entstehung schädlicher Algenblüten und sauerstoffarmer Bereiche.

China hatte der Studie zufolge im Jahr 2018 von allen Ländern die höchsten NH3- und NOx-Emissionen, gefolgt von Indien, der Europäischen Union, den USA und Brasilien. Für das Jahr 2010 ergab die Rechnung, dass etwa 38 Prozent des landwirtschaftlichen Stickstoffdünger-Einsatzes übermäßig waren – diese Menge also weggelassen werden könnte, ohne dass der Ertrag vermindert würde. Zu übermäßiger Verwendung kommt es demnach vor allem in China, Indien und den USA etwa beim Mais- und Reisanbau zum direkten Verzehr und für die Tiermast.

Algenwachstum als Problem

Ein zu hoher Stickstoffanteil in Gewässern beschleunige das Algenwachstum, erklärt Mönnich. "Wenn die Algen zu stark wachsen, gelangt zu wenig Licht darunter. Dann ist nicht mehr allzu viel Leben möglich für Lebewesen, die auf Licht angewiesen sind." Die Algen sterben demnach schließlich, sinken ab und werden von Bakterien abgebaut, die dafür Sauerstoff verbrauchen. "Wenn davon zu viel abgebaut wird, entstehen dann, wie es in der Ostsee häufig vorkommt, Sauerstoffminimum-Zonen", sagt Mönnich.

Dünger aus China wird zum Transport nach Sri Lanka verladen.
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Der in der Studie beobachtete Langzeittrend halte nach wie vor an, betont Wera Leujak vom UBA. "Das Problem ist ja im Endeffekt auch die steigende Weltbevölkerung mit ihrem steigenden Proteinbedarf und dem damit einhergehenden Bedarf an mehr Nahrungsmitteln, mehr Landwirtschaft und eben auch immer mehr Fleischkonsum."

Bereits in einer früheren Studie des Teams hat sich gezeigt, dass die Ammoniak-Emissionen von 1980 bis 2010 weltweit um fast 80 Prozent gestiegen sind. "Die Landwirtschaft ist verantwortlich für etwa zwei Drittel der globalen Belastung mit reaktivem Stickstoff", schrieb die Gruppe in der ebenfalls im Journal "PNAS" erschienenen Studie. Der starke Einsatz von Dünger spiegelt sich nicht zur Gänze im Gewinn an Produktivität wieder. Zwar hat sich die Nahrungsmittelproduktion in den vergangenen vier Jahrzehnten verdoppelt, doch der Einsatz von synthetischem Stickstoffdünger verdreifachte sich im selben Zeitraum. (APA, red, 19.4.2023)