Um 1610/15 inszenierte die Künstlerin Fede Galizia Judith als selbstbewusste junge Frau, die sich in der von Männern dominierten Welt behauptet.
Foto: Dorotheum

Signatur in Zinnoberrot

Schwerpunkt 17. Jahrhundert ist auch verstärkter Forschungstätigkeit zu verdanken

Die Unterzeichnung reduzierte sich auf feine Konturlinien, die Komposition selbst wurde sorgfältig und überlegt auf die Leinwand gemalt, denn Änderungen während des Arbeitsprozesses, wie sie technische Untersuchungen offenbaren würden, sind nicht erkennbar. So lautet ein aktueller Befund, der mehr als 400 Jahre nach der Entstehung eines Gemäldes die Könnerschaft belegt: in diesem Fall jene von Fede Galizia (1578–1630), einer in Mailand als Tochter eines Miniaturmalers geborenen und von Spätmanieristen ausgebildeten Künstlerin.

Das zwischen 1610 und 1615 entstandene Werk zeigt Judith mit dem Haupt des Holofernes, ein biblisches Thema, das auf die Verherrlichung des Kampfes einer Frau anspielt, die sich in einer von Männern dominierten Welt behaupten muss. Ein Sujet, das Galizia schon früher behandelt hatte, in der vorliegenden Variation jedoch einen Wandel in ihrem Schaffen repräsentiert: mit einer selbstbewusste(re)n Judith, die den assyrischen Feldherrn nicht mit einem Krummsäbel köpfte, sondern mit einem Schwert – als schlagkräftigem Symbol ihrer Macht.

Dort, wo an der Naht des Sackes das Blut vom abgeschlagenen Haupt zu tropfen scheint, befindet sich Galizias in Zinnoberrot gemalte Signatur: ein Zitat der Enthauptung Johannes des Täufers (1608) von Caravaggio.

Das bislang unbekannte Meisterwerk gehört zu einer Gruppe von Bildern, mit denen das Dorotheum im aktuellen Auktionsangebot Malerinnen des 17. Jahrhunderts in den Fokus rückt, die erst in jüngerer Zeit Gegenstand kunsthistorischer Forschung und Ausstellungspräsentationen wurden. Vergleichsweise spärlich dokumentiert sind Arbeiten der aus Ravenna gebürtigen Barbara Longhi (1552–1638), deren Talent als junge Künstlerin schon Vasari erwähnenswert fand. Gemeinsam mit ihrem älteren Bruder hatte sie 1580 die Werkstatt ihres Vaters Luca Longhi übernommen.

Große Beliebtheit

Ihre Porträts und Andachtsbilder erfreuten sich bei Auftraggebern großer Beliebtheit. Die angebotene Darstellung der Heiligen Familie mit dem Johannesknaben dürfte von der Familie Bolognese beauftragt worden sein, die zu ihren frühen Förderern gehörte.

Eine für die Zeit beachtliche Karriere ist für Diana De Rosa (1602–1643), genannt Annella die Massimo, überliefert. In der Kunstszene Neapels hatte sie eine Vorrangstellung inne – bis sie von ihrem Mann, aus Eifersucht auf die platonische Beziehung zu Massimo Stanzione, einem führenden Maler der neapolitanischen Schule, ermordet worden sein soll. Beispielhaft für ihr Schaffen ist das Bild einer in ihr Violinspiel versunkenen Heiligen Cäcilie.

Repräsentativ für den Werkstattbetrieb der kommerziell äußerst erfolgreichen Artemisia Gentileschi (1593–1654), die viele junge Maler beschäftigte, steht Abraham und die drei Engel: eine Gemeinschaftsarbeit von Gentileschi mit Onofrio Palumbo, das Experten um die Mitte der 1640er-Jahre datieren. Einer piemonteser Malerdynastie entstammte wiederum Orsola Maddalena Caccia (1596–1676), die mit Kabinettbildern und eleganten Heiligenfiguren, wie jene einer Katharina von Alexandrien, zu Ruhm gelangte: weit über die Grenzen ihres Ateliers in einem Ursulinenkloster hinaus.

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Um 1810/15 gefertigter Salonluster wird in der Sparte Antiquitäten angeboten.
Foto: Dorotheum

Sortiment für den Salon

Antiquitäten aus dem Biedermeier

So altväterisch die Epoche des Biedermeiers bisweilen empfunden werden mag, sie barg durchaus innovative Ideen, wie die von Joseph Ulrich Danhauser, dem Vater des Malers Josef Franz, gegründete Möbelfabrikation belegt.

Für Bestellungen verschickte man Musterzeichnungen: Dem späteren Prinzip eines Versandhauses folgend, wählten Klientinnen und Klienten daraus die gewünschten Objektnummern. Anfänglich bediente man mit Möbelverzierungen sowie vergoldeten, versilberten oder bronzierten Bildhauer-Arbeiten – geschnitzt oder aus einer Masse (aus Sägespänen und Leim) gegossen – nur eine Nische. Ab 1814 wurde das Sortiment deutlich erweitert und umfasste neben Mobiliar auch Spucknäpfe, Wanddekorationen oder Luster. Innert kürzester Zeit avancierte das Unternehmen zum ersten großen Wiener Einrichtungshaus, das die Wohn- und Residenzräumlichkeiten des Wiener Hochadels oder des gehobenen Bürgertums der k. u. k. Monarchie prägte.

Beispielhaft dafür steht der ornamental reich verzierte und um 1810/15 gefertigte Salonluster (siehe Abb.), der in der Sparte Antiquitäten angeboten wird. (kron)

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Eine imposante Ansicht des Bosporus in Istanbul bei Sonnenuntergang schuf etwa der Franzose Auguste Etienne François Mayer.
Foto: Dorotheum

Abendrot am Bosporus

Gemälde des 19. Jahrhunderts

Konstantinopel war eine unter Künstlern des 19. und frühen 20. Jahrhunderts geschätzte Destination: nicht nur als Station auf Reisen durch den arabischen Raum, sondern auch für längere Aufenthalte. Davon erzählen einige Werke im Angebot der Sparte beispielhaft: mit charakteristischem Motivrepertoire, das bedeutende Sehenswürdigkeiten und Monumente Istanbuls ebenso umfasste wie Szenen aus dem Alltag.

Eine imposante Ansicht des Bosporus in Istanbul bei Sonnenuntergang schuf etwa der Franzose Auguste Etienne François Mayer (siehe Abb.). Links ist die um 1854 fertiggestellte Ortaköy-Moschee erkennbar, im Vordergrund ein Feld mit osmanischen Grabsteinen sowie Schiffe und Boote, die Menschen zwischen dem Ost- und Westufer der Meerenge transportieren.

Von der berauschenden Wirkung der Stadt schwärmte auch der Italiener Fausto Zonaro, der vom letzten osmanischen Sultan zum Hofmaler ernannt wurde. Von ihm stammt etwa eine Szene am Süßwasserfluss Göksu am asiatischen Ufer des Bosporus, einem bei den Bewohnerinnen und Bewohnern von Istanbul beliebter Erholungsort. (Olga Kronsteiner, 21.4.2023)