Der israelische Historiker Tom Segev sprach in seiner Eröffnungsrede beim Jüdischen Filmfestival in Wien am Mittwoch die verklärenden Mythen in der Geschichtsschreibung seiner Heimat an, die Wissenschafter wie er seit Jahren hinterfragen. In Israel werden sie dafür oft angefeindet. Das Narrativ der heroischen Staatsgründung vor 75 Jahren bleibt in der öffentlichen Meinung dominant. Aber auch auf der arabischen und palästinensischen Seite wird die Geschichte des Konflikts auf eine einseitige Weise erzählt, die die israelische Perspektive völlig ignoriert. Der Nahostkonflikt ist daher auch ein Krieg der Geschichtserzählungen: Die konträren Narrative verstärken auf beiden Seiten das Gefühl, dass sie ganz grundsätzlich im Recht sind und es daher keinen Grund für Kompromisse gibt.

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