Michael Marlovics und Dominik Uhl (re.) betreiben seit 20 Jahren das Label Noise Appeal Records. Das wird gefeiert.

Kurt Prinz

In die Nähe eines Grammy sind sie schon gekommen. Das ist nicht nichts für ein österreichisches Independent-Label, mit einer Ausrichtung, die sich dem Mainstream nicht direkt andient. Aber als Noise Appeal Records vor drei Jahren das ursprünglich 1994 erschienene Album Mountains of Madness von H. P. Zinker erstmals auf Vinyl aufgelegt hat, war das von Stefan Sagmeister rekonstruierte Cover Grammy-nominiert.

H. P. Zinker war in den 1990ern eine der Bands des Tiroler Musikers und Autors Hans Platzgumer. Der lebte damals in New York und war dafür verantwortlich, dass das Label Matador Records gegründet wurde, um seine Musik zu veröffentlichen. Matador ist heute Heimat von Bands wie Interpol, Queens of the Stone Age oder Yo La Tengo, aber das nur nebenbei.

Mit seinem aktuellen Act Convertible veröffentlicht Platzgumer bei Noise Appeal und wird nächste Woche beim Geburtstags-Freak-out des Labels im Wiener Chelsea auftreten. An drei Abenden feiert Noise Appeal 20-jähriges Bestehen. Auf der Bühne empfangen die Buben im Pelz, Fuckhead, Heckspoiler, Hella Comet, Scarabeusdream, Dun Field Three und andere das Publikum.

Noise Appeal Records

Noise Appeal Records wird von den beiden Überzeugungstätern Dominik Uhl und Michael Marlovics betrieben. Das Ottakringer Label schreibt nach zwanzig Jahren schwarze Zahlen, das eigentliche kommerzielle Standbein ist das gemeinsame Designbüro.

Im Rock verwurzelt

Viele Umbrüche im Musikgeschäft hat Uhl überstanden, viel Erfahrung gesammelt, zu bereuen gibt es wenig. "Ich würde heute einfach bei der Auswahl der Künstler vorsichtiger sein", sagt Uhl. "Bands, die ständig neues Material veröffentlichen und das Rundherum vernachlässigen, das geht nicht lange gut."

CQUENCE

Gegründet wurde Noise Appeal als Rock-Label, und das ist es bis heute geblieben, denn im Kern seien alle Bands im Rock verwurzelt, egal, wie viel Elektronik da daneben noch reinbrutzelt. Es ist dies eine Form milder Starrsinnigkeit, die dem Profil des Labels gutgetan hat. Uhl sagt, er sei nie in Versuchung gewesen, auf irgendwelche Trends aufzuspringen. Man kann dieses Festhalten an dem, was man kann und liebt, vielleicht als Strategie des Verlags verstehen.

Metallica und große Brüder

Uhl ist 44, sein Partner Marlovics 42 Jahre alt. Mit Musik kam Uhl schon als Kaulquappe in Berührung, die EAV nennt er als erste Prägung, da sei er sogar backstage gelandet. Später profitierte er von der Toleranz seiner Eltern, die ihn 1991 in die Ferne ziehen ließen und dem Oststeirer eine Karte nach Wien und ein Ticket für ein dortiges Metallica-Konzert geschenkt haben.

Noise Appeal Records

Dazu driftete er ins Milieu der großen Brüder von Freunden ab, die einschlägigen harten Lärmrock aus den USA hörten. Musik von Labels wie Touch and Go, SST, Sub Pop. "Das lief ganz klassisch ab, so mit Kassetten aufnehmen." Später veranstaltete er Punk-Konzerte in Gleisdorf und spielte in einer Band, bis die Einsicht kam, dass er eher kein Jimi Hendrix sei. Nach einem Wink seiner damaligen Freundin verlegte er sich aufs Labelmachen.

Stattliche 175 Veröffentlichungen umfasst der Katalog des Labels bisher, so etwas wie ein Mission-Statement hat man nicht. "Es ist Liebhaberei", sagt Uhl und wünscht sich, dass es in zwanzig Jahren immer noch so läuft wie jetzt. "So als Beschäftigung in der Pension wär das schon super." Die erste Hälfte hätte er geschafft. (Karl Fluch, 22.4.2023)