KPÖ-Wahlparty: Die Wählerinnen und Wähler kamen aus allen Richtungen.

Foto: APA/EXPA/JFK

Salzburg/Wien – Jede neunte Stimme der Salzburg-Wahl vom Sonntag ging an die KPÖ plus – eine bisher völlig unbedeutende Partei. Diese Stimmen sind nicht aus dem Nichts gekommen, wie die Wählerstromanalyse des Sora-Instituts für den ORF zeigt. Oder zumindest: nicht nur. Denn natürlich kommen bei jeder Wahl Stimmen dazu, die es beim vorherigen Wahlgang nicht gegeben hat, weil die betreffenden Personen noch nicht wahlberechtigt waren – ebenso sterben etliche Wählerinnen und Wähler der vorigen Wahl weg, rechnerisch werden sie zu Nichtwählern. Tatsächlich haben bei der Wahl 2018 35 Prozent der im Wählerverzeichnis aufscheinenden Personen nicht gewählt, diesmal waren es rund 29 Prozent, die Wahlbeteiligung ist also gestiegen.

Video: Salzburg hat gewählt. Petra Stuiber, stellvertretende Chefredakteurin des STANDARD, analysiert das vorläufige Ergebnis
DER STANDARD

Sora errechnete, dass von den 138.000 Nichtwählern der vorigen Landtagswahl wiederum circa 102.000 den Urnen ferngeblieben sind – 36.000 aber eine Parteistimme abgegeben haben. Davon gingen nur 5.000 an die KPÖ – viel stärker aus dem Kreis der bisherigen Nichtwähler konnten die FPÖ (12.000 Stimmen), die SPÖ und die ÖVP (je 7.000) mobilisieren. Die Grünen motivierten 4.000 neue Wählerinnen und Wähler, auch die Neos waren bei rund 1.000 früheren Nichtwählern erfolgreich.

3.000 wechselten von der FP zur KP

Um zu verstehen, wo die 30.000 neuen kommunistischen Stimmen herkommen, hat Sora errechnet, dass jeweils rund ein Viertel der KP-Wählerschaft von 2023 vor fünf Jahren noch SPÖ und Grüne gewählt hat – was insgesamt etwa 16.000 Stimmen ausmacht. Von den neuen kommunistischen Wählern haben aber auch jeweils 3.000 vor fünf Jahren noch ihr Kreuz bei den Neos, der ÖVP und sogar der FPÖ gemacht.

Die ÖVP hat nach den Sora-Berechnungen die höchste Behalterate – zwei Drittel ihrer Wählerschaft von 2018 sind ihr treu geblieben. Das sind 63.000 Personen – aber die ÖVP konnte kaum dazugewinnen. Außer den erwähnten 7.000 früheren Nichtwählern waren das gerade einmal 4.000 frühere Neos und je 3.000 ehemalige Freiheitliche und 3.000 Gefolgsleute von Karl Schnells FPS. Viel bedeutsamer waren die Abgänge, die Sora für die ÖVP verbuchte. 19.000 Stimmen wanderten direkt zur FPÖ, je 3.000 zu Neos und KPÖ, je 2.000 zur SPÖ und zu den Nichtwählern und je 1.000 zu Grünen und Kleinparteien.

FP gewann direkt von der VP

Die aktuelle Salzburger FPÖ-Wählerschaft setzt sich im Wesentlichen aus 43 Prozent früheren FPÖ-Wählern, 28 Prozent früheren ÖVP-Wählern, 17 Prozent früheren Nichtwählern und sieben Prozent Heimkehrern aus der seinerzeit abgespalteten FPS zusammen. Das heißt: Mehr als die Hälfte der FPÖ-Wähler vom Sonntag hat bei der letzten Landtagswahl noch nicht FPÖ gewählt.

Noch deutlicher wird der Vergleich, wenn man den statistischen Vergleich mit der Nationalratswahl 2019 anstellt und die entsprechenden Wählerbewegungen errechnet. Da sieht man nämlich, dass beinahe jeder zweite FPÖ-Wähler vom Sonntag (47 Prozent) bei der Nationalratswahl vor dreieinhalb Jahren die ÖVP mit Spitzenkandidat Sebastian Kurz gewählt hat. Für die ÖVP lässt sich umgekehrt errechnen, dass ihr Landeshauptmann Wilfried Haslauer nur 51 Prozent der Stimmen für die Kurz-ÖVP der Nationalratswahl halten konnte, während 23 Prozent der Nationalratsstimmen von der ÖVP zur FPÖ gewandert sind. 14 Prozent der ÖVP-Wähler von 2019 haben diesmal nicht gewählt.

Für die Grünen ergibt sich – sowohl im Vergleich zur vorigen Landtagswahl als auch im Vergleich mit der Nationalratswahl – eine Abwanderungstendenz etwa zu gleichen Teilen zu den Kommunisten und zu den Nichtwählern. Dieser Abfluss an Stimmen konnte allerdings durch Aktivierung bisheriger Nichtwähler und Abwerben ehemaliger Neos-Stimmen diesmal ausgeglichen werden. Ähnlich sieht es für die SPÖ aus, die ihre Verluste zum Teil durch Stimmen früherer Nichtwähler und früherer Wählerinnen und Wähler von FPÖ und ÖVP ausgleichen konnte. (Conrad Seidl, 24.4.2023)