Die sterblichen Überreste des Gründers der spanischen faschistischen Partei Falange, José Antonio Primo de Rivera, ruhen seit Montagnachmittag auf dem katholischen Friedhof San Isidro in Madrid. Die Familie des 1936 zu Beginn des Spanischen Bürgerkrieges im Alter von 33 Jahren hingerichteten Faschistenführers hatte der Umbettung zugestimmt, nachdem ein vergangenen Herbst in Kraft getretenes "Gesetz zum demokratischen Erinnern" dies angeordnet hatte.

Bisher lag der Leichnam von Primo de Rivera in dem faschistischen Monument Spaniens schlechthin, der von der Diktatur errichteten Felsenkathedrale mit angeschlossenem Kloster im "Tal der Gefallenen" in der Bergen nördlich von Madrid, und wurde dort immer wieder mit Gedenkgottesdiensten geehrt.

Von Polizisten bewacht, verließ der Leichnam Primo de Riveras das "Tal der Gefallenen".
Foto: REUTERS/Silvio Castellanos

Das "Gesetz zum demokratischen Erinnern" aus dem vergangenen Jahr bestimmt, dass aus dem "Tal der Gefallenen" eine staatliche Gedenkstätte zur Erinnerung an die Gräuel des Bürgerkrieges wird. Das Tal heißt mittlerweile wieder nach seinem geografischen Namen, Cuelgamuros. Es wird vom religiösen Ort zu einer zivilen Einrichtung. Außerdem dürfen Vertreter des Putsches und der Diktatur nicht weiter an herausragenden Orten, wie in Kathedralen, beerdigt sein. Deshalb die Umbettungen.

Regierung zufrieden

Die Regierung lobte die "Normalität", mit der die Exhumierung vonstattengegangen sei. Die Umbettung beende "eine historische Anomalie", die es so "in keinem anderen Land Europas gibt", erklärte die Zweite Vizepräsidentin der Regierung, Arbeitsministerin Yolanda Díaz.

Der Konvoi mit dem Sarg wurde von Dutzenden von Falangisten auf dem Friedhof in Madrid mit "Viva España"-Rufen empfangen. Es war der 120. Geburtstag von Primo de Rivera.

Primo de Rivera saß zu Beginn des Bürgerkrieges wegen eines tödlichen Anschlags auf einen der Verfassungsväter der Republik durch seine Falange in Haft und wurde in den ersten Kriegstagen hingerichtet. 1959, nach Fertigstellung der Kathedrale durch republikanische Zwangsarbeiter im Tal der Gefallenen, ließ Diktator Francisco Franco die Überreste des Falange-Gründers dorthin überführen. Das Grab des faschistischen Nationalhelden befand sich direkt vor dem Hauptaltar. Später, 1975, wurde an seiner Seite der Diktator selbst beerdigt. Francos Überreste wurden bereits 2019 exhumiert und auf einen kleinen Friedhof unweit der königlichen Residenz in Madrid beigesetzt.

Das Tal der Gefallenen ist das größte Massengrab Spaniens. Hier ließ Franco rund 34.000 Gefallene beider Konfliktparteien, der Verteidiger der Demokratie und der faschistischen Putschisten, beisetzen, ohne die Familien zu fragen. Es sollte ein Zeichen der Aussöhnung sein.

Opfergedanke

Da Primo de Rivera wegen seiner Hinrichtung als Opfer des Bürgerkrieges gilt, hätte sein Sarg vom Altar in die Stollen der Massengräber umgelegt werden können, doch die Familie wollte dies nicht. Der Faschistenführer habe in einem Testament hinterlassen, dass er in katholischer, geweihter Erde ruhen wolle. Deshalb wurde er jetzt neben seiner Schwester auf dem katholischen Friedhof San Isidro beerdigt.

Neben Franco und Primo de Rivera wurden auch andere Putschisten bereits aus Kathedralen auf Friedhöfe umgebettet. Die Verlegung der Überreste von zwei weiteren franquistischen Führern steht noch aus. Ihre Grabstätten befinden sich in der Festung Alcázar in Toledo, einem Gebäude, das heute als Militärmuseum dient.

Auch im einstigen Tal der Gefallenen werden wohl bald weitere Exhumierungen vorgenommen. Die Familien von 118 in den Stollen der Kathedrale liegenden Opfern der Faschisten fordern die Überführung der Ihrigen auf einen Friedhof eigener Wahl. "Das Mindeste ist, die Überreste unserer Lieben zu bergen, um einen Ort zu haben, an dem wir um sie weinen und Blumen ablegen können", sagte Fausto Canales, der gerichtlich die Exhumierung seines von der Falange 1936 hingerichteten Vaters erstritten hat. Bisher wurde das Urteil nicht umgesetzt, da die Familien von 260 faschistischen Gefallenen dagegen klagen und "Ruhe" für die Ihrigen verlangen. (Reiner Wandler aus Madrid, 24.4.2023)