Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) traf seinen Amtskollegen Lucian Bode in Bukarest bei großem Medieninteresse.

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Bukarest/Wien – Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) hat Rumänien bei einem Besuch am Mittwoch in Bukarest keine Hoffnung auf ein baldiges Ende der Blockade des Schengen-Beitritts des Landes gemacht. Der Forderung der rumänischen Regierung nach einem Zeitplan erteilte er bei einem Treffen mit seinem Amtskollegen Lucian Bode in Bukarest eine Absage. "Wir sind derzeit noch sehr weit davon entfernt, dass das System funktioniert", sagte Karner. Bode sah dennoch ein Tauwetter in den abgekühlten Beziehungen.

Das System des grenzkontrollfreien Schengen-Raums funktioniere schlecht, so der Innenminister. Das gebe auch Deutschland zu, wenn es wie vor drei Wochen die Grenzkontrollen gegenüber Österreich verlängere, verwies Karner auf das Nachbarland, das sich für einen Schengen-Beitritt Rumäniens und Bulgariens starkmacht. "Ich kämpfe nicht gegen Rumänien oder den rumänischen Innenminister Lucian Bode, sondern gemeinsam kämpfen wir dafür, dass das System funktioniert", betonte er. Gemeinsam wolle man Druck auf die EU-Kommission machen, damit der Außengrenzschutz stärker und robuster werde. Ein Datum für ein Ende der Blockade der Schengen-Erweiterung werde er keines nennen, so Karner.

Trotz der fehlenden Zusage hielt sich der rumänische Innenminister vor Journalisten mit Kritik zurück. Der Besuch Karners in Rumänien taue die Ende des vergangenen Jahres abgekühlten bilateralen Beziehungen auf, sagte Bode laut Agerpres. Er äußerte die Hoffnung, dass der Besuch Karners am Ende des Tages einen Beitrag leisten werde, "um das Verfahren zum Schengen-Beitritt zu deblockieren".

Aktionsplan zur Bekämpfung der illegalen Migration

Was Rumänien konkret tun solle, um dies zu erreichen, beantwortete Karner nicht. "Meine Aufgabe ist es nicht, Oberlehrer zu spielen", sagte er gegenüber den mitreisenden Journalisten. Rumänien tue viel, sagte er und lobte die bilaterale Zusammenarbeit bei der Schlepperbekämpfung. Was nicht funktioniere, sei das gesamte System, so Karner mit Verweis auf Handlungsbedarf der EU-Kommission.

Bei dem Treffen unterzeichneten Karner und Bode einen Aktionsplan zur Bekämpfung der illegalen Migration. Vereinbart wurde darin, dass österreichische Polizisten, die in Ungarn an den Grenzen zu Rumänien und Serbien im Einsatz sind, künftig auch gemeinsame Streifen im Gebiet des rumänischen Grenzübergang Nădlac im Dreiländereck durchführen können.

Karners Veto gegen den Schengen-Beitritt Rumäniens vor viereinhalb Monaten hat zu massiven Verstimmungen in Bukarest geführt. Das Interesse der rumänischen Medien an Karners Besuch war daher sehr groß. Vor dem rumänischen Innenministerium warteten schon Stunden vor dem Besuch Karners zahlreiche TV-Teams. Ein Demonstrant machte seinem Ärger über die Blockade im Hintergrund Luft und rief immer wieder: "Rumänien Schengen!"

Die Erwartungen in Rumänien an den Besuch Karners waren gering. Bestenfalls werde die Visite "ein leichtes Tauwetter" in puncto Dialogbereitschaft beider Seiten einläuten, berichtete die Tageszeitung "Adevărul" (Mittwoch) unter Berufung auf Regierungskreise. Die Behörden in Wien würden nach den drei Landtagswahlen in Österreich zwar mittlerweile im Dialog mit Bukarest auf etwas "mildere Töne" setzen, nichtsdestoweniger gebe es keinerlei Signale, dass sie zum Umdenken bezüglich ihrer Schengen-Blockade bereit wären, hieß es.

Erstes bilaterales Treffen seit Schengen-Veto

Nach dem Treffen der beiden Innenminister am Mittwoch war ein gemeinsamer Besuch beim Generalinspektorat der Grenzpolizei in Bukarest geplant. Es ist das erste bilaterale Treffen zwischen den beiden Innenministern seit dem Schengen-Veto Österreichs, das für viel Unmut in Rumänien gesorgt hatte. Die Regierung zog aus Protest vorübergehend den rumänischen Botschafter in Wien ab. Der Regierung in Wien wurde vorgeworfen, in letzter Sekunde eine Kehrtwende vollzogen und überdies mit falschen Daten operiert zu haben.

Rumänien war ebenso wie Bulgarien und Kroatien im Vorjahr nach jahrelangen Vorbereitungen von der EU-Kommission die Schengen-Reife bescheinigt worden. Der für Jahresbeginn geplante Beitritt zum grenzkontrollfreien Schengen-Raum von Rumänien und Bulgarien scheiterte wie berichtet jedoch im Dezember am Widerstand Österreichs. Gegen die Aufnahme Bulgariens hatten auch die Niederlande Vorbehalte.

Mit dem Veto steht Österreich innerhalb der EU weitgehend isoliert da. Zahlreiche EU-Länder bemühten sich in den vergangenen Wochen, die Bundesregierung zu einer Änderung ihrer Haltung zu bewegen – zuletzt vergangene Woche Spaniens Innenminister Fernando Grande-Marlaska, dessen Land mit 1. Juli den EU-Vorsitz übernimmt, bei einem Besuch in Wien. (APA, 26.4.2023)