Am Dienstag ging es am Ballhausplatz hoch her, als gegen die Einstampfung der Wiener Zeitung demonstriert wurde.

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Vergangenen Dienstag bin ich beim Protestzug gegen die Demolierung der Wiener Zeitung mitmarschiert. Es war eine gar nicht so kleine und hochengagierte Schar von Leuten, die von der Albertina bis zum Ballhausplatz zog, um ihren Missmut zu äußern. Genutzt haben wird es vermutlich nichts (ich schreibe diese Kolumne vor der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes im NR), und Frau Raab und Frau Blimlinger, die Ausführungsorgane dieses exquisiten Zerstörungsaktes, werden alles gut finden und sich jeweils einen selbstherrlichen Ast lachen.

Ausbildung im Bundeskanzleramt

Eine der Königsideen des neuen türkis-grünen Medienregimes ist eine Stätte für Journalistenausbildung ("Media Hub"), die direkt beim Bundeskanzleramt angesiedelt ist, damit das Naheverhältnis zwischen Politik und Medien nicht erst umständlich im Café nebenan, sondern gleich inhäusig befestigt werden kann. Das wird Österreich beim internationalen Ranking der Pressefreiheit (derzeit ein mieser 31. Platz) wieder fest nach unten schieben. Aber bitte: Wenn medien- und demokratiepolitisch ein wenig der Kot am Schmoren ist, kratzt das doch keinen.

Was im "Hub" (Kennern der Materie auch als Fleischmann-Stiftung geläufig) auf dem Curriculum steht, ist noch geheim. Durchgesickert ist nur, dass es zwei Seminarreihen "Schönschwätzen für Anfänger" und "Gutfinden für Fortgeschrittene" geben wird, zu denen Nehammer auf einen Sprung als Gastdozent vorbeischaut. Vielleicht lässt sich sogar Basti, Narziss und Goldmund in einer Person, breitschlagen, seine besten Tricks zur verbalen Wirklichkeitsbehübschung zu verraten. Die Ausformulierung harter politischer Wahrheiten ("Hure der Reichen") überlasse man lieber Thomas Schmid, dem Meister der ungeschminkten Rede. Der soll das in seine geheimen SMS schreiben, diesmal aber bitte verschlüsseln.

Ex-ÖVP-Politiker gegen Türkis

Doch zurück zum Ballhausplatz. Elfriede Jelinek und Robert Menasse hatten Grußbotschaften an die Protestierenden geschickt. Und ein wirklicher Hammer war Franz Fischler, der der Regierung nicht nur im besten Tirolerisch die Leviten las, sondern mehr oder weniger unverblümt meinte, man solle bei den nächsten Wahlen weder Türkis (!) noch Grün wählen, wenn die mit ihrem Medienmurks weitermachen. Das muss man sich erst einmal auf der Zunge zergehen lassen und dann mit einem Extra-Applaus quittieren. (Christoph Winder, 29.4.2023)