David Bowie (rechts) und Oswald Tschirtner im Garten, vor dem Haus der Künstler in Gugging am 8. September 1994.
Foto: Christine de Grancy, Courtesy Galerie Crone, Berlin Wien

David Bowie hockt auf dem belaubten Boden, in seiner Hand hält er leger eine Zigarette. Seine ganze Aufmerksamkeit gilt der bunten Bemalung des Hauses der Künstler im niederösterreichischen Gugging. So hielt die Fotografin Christine De Grancy den britischen Sänger 1994 fest, als er mit Musikproduzent Brian Eno die Gugginger Künstler besuchte.

Gekommen waren die zwei Männer – übrigens über die Vermittlung von André Heller –, um sich Inspiration für ihr Album 1. Outside zu holen. Dies erschien 1995 und beschäftigte sich nicht implizit mit Gugging, nahm aber die dortige Stimmung auf. "Wir wollten verstehen, wie es ist, ein Künstler zu sein, der malt und schöpferisch tätig ist, ohne darüber nachzudenken, dass andere an ihm urteilen", so Bowie.

"Lehrer" und "bester Künstler": Peter Pongratz verehrte den Gugginger Künstler Johann Hauser und zitierte dessen Motive in seiner Malerei. Hier: "Lob der Schizophrenie", 1967.
Foto: Stefan Fiedler / Bildrecht, Wien 2022

Diese Geschichte wird im zentralen Raum der neuen Ausstellung Gugging inspiriert.! Von Bowie bis Roth im Museum Gugging erzählt: Die schwarz-weiße Fotoserie zeigt Bowie im Gespräch mit Künstlern, ständig Notizen nehmend, Arm in Arm mit Oswald Tschirtner. Bowie empfand vor allem die Verbindung von "Malerei und Wahnsinn" in Gugging als interessant, Schizophrenie war auch in seiner eigenen Familie öfter aufgetreten.

Von Musik und Malerei ...

Mitte der 1960er-Jahre hatte der Psychiater Leo Navratil mit seiner Publikation Schizophrenie und KunstI auch international für Aufmerksamkeit gesorgt. Der damalige Leiter der Nervenheilanstalt Gugging führte Zeichenversuche zu diagnostischen Zwecken mit Patienten durch, ab 1969 wurden die Gugginger Künstler der Kunstrichtung Art brut zugeordnet. Heute gibt es neben der Galerie Gugging und dem Haus der Künstler auch das Museum Gugging. Navratils Nachfolger und langjähriger Direktor des Museums, Johann Feilacher, baute Gugging schließlich zum Ort für Psychotherapie und Kunst aus.

Die inspirierende Bildvorlage von Johann Hausers "Frau und Mann", 1966.
Foto: Privatstiftung - Künstler aus Gugging

Seit Beginn des Jahres wird das Museum von Nina Ansperger geleitet, die bereits 14 Jahre als Kuratorin und Kunstvermittlerin am Haus tätig war. Die Idee zu der von ihr konzipierten Themenausstellung schwirrte schon länger herum, erzählt sie. Sie wollte aufzeigen, welche Bedeutung die Gugginger Künstler für Kunstschaffende aus unterschiedlichen Bereichen hatten und immer noch haben. Insgesamt ist der Expertin ein spannender Auftakt gelungen, der die inhaltliche Richtung in Gugging aufzeigt – und eine weitere Öffnung forciert.

Die zugänglich gestaltete Sonderschau beginnt mit der Kooperation zwischen Arnulf Rainer – einer der ersten Fans – und einigen Künstlern aus Gugging. Und hantelt sich zu Gemälden von Peter Pongratz und Fotos des Schriftstellers Gerhard Roth weiter. Pongratz beschäftigte sich direkt mit der formalen Sprache der Gugginger und hebt in einem Videointerview die Qualität der Kunst hervor. Speziell Johann Hauser – bekannt für seine stilistischen Eigenheiten – galt ihm als Idol. Er nannte ihn seinen "Lehrer" und "einen der besten Künstler Österreichs".

Der schottische Modedesigner Christopher Kane schuf eine ganze Kollektion mit Motiven der Gugginger. Hier mit Blumen von Heinrich Reisenbauer.
Foto: Laurence Ellis

... zu Fotografie und Mode

Bei Johann Rausch geht die Verehrung so weit, dass er 2022 für acht Tage in das üppig gestaltete Zimmer von August Walla im Gugginger Haus einzog. Und der schottische Modedesigner Christopher Kane schuf eine ganze Kollektion mit Motiven der Gugginger Johann Korec und Heinrich Reisenbauer. Ansperger erzählt, dass sich die Gugginger Künstler zwar über die Ehrungen von außen freuten. Großen Wert legten sie allerdings nicht darauf, sie machten einfach ihr Ding. (Katharina Rustler, 30.4.2023)