Julia Jentsch und Nicholas Ofczarek sind die ungleichen Ermittler Ellie Stocker und Gedeon Winter in der Krimithrillerserie "Der Pass". Die dritte und letzte Staffel startet am 4. Mai.

Foto: Sky Deutschland / W&B Television / Sammy Hart

Es wird noch einmal finster im Grenzgebiet zwischen Tirol und Bayern. Wieder treibt ein brutaler Serienmörder sein Unwesen, das Einsatzteam tappt im Dunkeln. Es geht um unsaubere Geschäfte, um Korruption, Missbrauch, Gewaltverherrlichung, aber auch um Okkultismus und Sektiererei. Zum dritten und letzten Mal prallen in der Sky-Serie "Der Pass" ab 4. Mai Welten aufeinander: Stadt, Land, Österreich, Deutschland, good cop, bad cop. Überall, wo Spannungen entstehen können, schaut dieser Krimithriller hin, und davon gibt es einiges. Die Drehbücher stammen von Christopher Schier, Senad Halilbašić und Robert Buchschwenter. Schier führte neben Thomas W. Kiennast auch Regie. Mit dabei ist auch Schauspielentdeckung Felix Kammerer ("Im Westen nichts Neues").

Das ungleiche Ermittlerteam, die geradlinige Deutsche Ellie Stocker und der gebrochene Wiener Gedeon Winter, hatte in der Vergangenheit seine Pinkerl zu tragen, die Zusammenarbeit wird dadurch nicht einfacher. Zu gegensätzlich sind die beiden, bis sich schließlich doch Gemeinsamkeiten zeigen. Ein Showdown zum Schluss ist zu erwarten. Julia Jentsch sieht dem Finale mit gemischten Gefühlen entgegen.

STANDARD: Es fällt auf, dass bei der Serie "Der Pass" nie die Sonne scheint. Haben Sie beim Drehen speziell auf schlechtes Wetter geachtet – oder war das einfach so?

Jentsch: Wir haben im Sommer angefangen zu drehen und mit den Innenräumen begonnen. Das heißt, man hat ganz gezielt auf das eher etwas herbstliche, feuchte Wetter draußen gewartet. Wir wussten, wir werden diesen Schnee, der für die Serie so charakteristisch ist, dieses Mal nicht haben. Wodurch ersetzt man ihn? Und da hatten die Regisseure den Plan, ein gewisses Maß an Feuchtigkeit ins Spiel zu bringen. Und deshalb gibt es eben viele nasse Straßen und viel Regen.

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STANDARD: Die dritte Staffel verlangt von Ihnen wieder einiges ab. Es gibt Verfolgungsjagden, Attacken, Schussszenen. Worin bestanden die Herausforderungen beim Drehen?

Jentsch: Das Gelände, in dem ich mich bewegt habe, war in dieser dritten Staffel die größte Herausforderung. Es waren Geröllfelder, ausgetrocknete Flussbetten und recht steile Hänge in Wäldern mit vielen Wurzeln, durch die wir uns schnell bewegen mussten und die durch die Nässe sehr rutschig waren.

STANDARD: Nicholas Ofczarek ist wieder ein sehr präsenter Partner an Ihrer Seite. Wie haben Sie sich da behauptet?

Jentsch: Ich kann nur sagen, Niki ist ein großartiger Partner, und er ist mir über diese drei Staffeln wirklich extrem ans Herz gewachsen – als Spielpartner und als Mensch natürlich auch. Ich werde ihn auf jeden Fall sehr vermissen. Es ist ein großes Geschenk, mit einem starken Kollegen wie ihm zu drehen. Es ist eine Herausforderung, aber das macht Spaß.

STANDARD: Ellie Stocker ist eine recht ernste und ernsthafte Ermittlerin. Gab es eine Figur in der Krimifilm- oder -seriengeschichte, an der Sie sich orientiert haben?

Jentsch: Ich hatte das Gefühl, ich kann alles sein. Als wir die Figur entwickelten, ging es uns darum, Ellie Stocker als weibliche Person zu zeigen, also sie sollte nicht burschikos sein, nur weil sie in diesem taffen Job arbeitet. Sie sollte eine Frau sein dürfen.

STANDARD: Sie hat einiges durchgemacht. Wie würden Sie diesen Weg beschreiben?

Jentsch: Absolut. Ich hatte seit der ersten Staffel das Gefühl, mehrere verschiedene Ellie Stockers spielen zu dürfen. Sie ist leidenschaftlich, engagiert, optimistisch gestartet, erfuhr Schicksalsschläge, wurde mit diesem extremen Mordfall konfrontiert. Dass sie einem Mörder so nahe kommen würde, hätte sie sich nie träumen lassen. Das hat natürlich extreme Spuren hinterlassen. In der zweiten Staffel startet sie wieder – frisch und neu? Nein, aber sie hat das Gefühl, sie kriegt das noch irgendwie hin. Jetzt hat Ellie Stocker immer noch in den entscheidenden Momenten die Empathie, aber sie ist trotzdem viel härter geworden.

STANDARD: Als Vorlage von "Der Pass" galt immer "Die Brücke". Von der Figur der autistischen Ermittlerin in der schwedischen Serie konnten oder wollten Sie sich nichts abschauen?

Jentsch: Ich gebe zu, ich wurde ein bisschen damit gelockt. Als die Anfrage kam, hieß es ja, es soll eine deutsche Version von "Die Brücke" geben. Und ich fand diese Frauenfigur toll und spannend in dieser speziellen Form des Autismus und freute mich schon auf die schauspielerische Herausforderung. Es war aber recht schnell klar, dass das Einzige von "Die Brücke" Teams aus zwei angrenzenden Ländern sein werden und die erste Leiche auf der Grenze liegt.

STANDARD: Wie zufrieden sind Sie mit dem Ende von "Der Pass"?

Jentsch: Extrem zufrieden. Wenn jemand die ultimative Idee aus dem Hut gezaubert hätte, weiß ich natürlich nicht, wie verführerisch es gewesen wäre, eine weitere Staffel zu machen. Es schwingt viel Wehmut mit in diesem Abschied. Aber das Ende ist für mich absolut stimmig, und ich finde es sehr schön erzählt.

STANDARD: Immer wieder verstörend ist die unfassbare Brutalität, mit der die Morde in "Der Pass" passieren. Für diese Gewaltdarstellungen gab es Kritik. Wie stehen Sie dazu?

Jentsch: Es ist ein Teil dieser Serie, und es gehört dazu. Wenn ich ganz persönlich gefragt werde, dann würde mir eine minimalistische Darstellung reichen.

STANDARD: "Der Pass" ist ja auch Sinnbild für das Trennende. Hier Österreich, dort Deutschland. Was ist es denn, das uns trennt?

Jentsch: Da bin ich wahrscheinlich die Falsche, die Sie fragen, weil ich tendenziell eher immer nach dem Verbindenden suche als nach dem Trennenden.

STANDARD: Und was verbindet uns?

Jentsch: Dass wir ziemlich nahe beieinander leben, gemeinsame Sehnsüchte und Wünsche haben und im Grunde genommen nicht wirklich voneinander zu trennen sind. (Doris Priesching, 4.5.2023)