Schon seit vergangenem Februar ist ein deutlicher Anstieg der Meeresoberflächentemperaturen im äquatorialen Pazifik zu verzeichnen, die Erwärmung entlang der Küste Südamerikas fiel dabei besonders stark aus.

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Laut einer Prognose der UN wird sich die Welt mit hoher Wahrscheinlichkeit in den nächsten Monaten auf eine weitere Temperatursteigerung einstellen müssen. Schuld daran ist das Klimaphänomen El Niño, dessen Ausläufer schon jetzt für höhere Temperaturen des Oberflächenwassers im zentralen und östlichen Pazifik sorgen, wie die Weltwetterorganisation (WMO) am Mittwoch berichtet. Mit Blick auf 2024 und 2025 seien wegen El Niño sogar Temperaturrekorde zu befürchten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein El Niño entwickelt, liege für die Periode Mai bis Juli bei 60 Prozent, für Juni bis August bei 70 Prozent und für Juli bis September bei 80 Prozent, teilte die WMO mit. Das könne die globale Durchschnittstemperatur, die durch menschengemachte Treibhausgase seit Jahrzehnten steigt, zusätzlich in die Höhe treiben.

Rekordjahre trotz La Niña

"Wir haben gerade die acht wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen hinter uns, obwohl wir in den letzten drei Jahren eine abkühlende La Niña hatten", sagte WMO-Chef Petteri Taalas in Genf. "Die Entwicklung eines El Niño wird daher höchstwahrscheinlich zu einem erneuten Anstieg der globalen Erwärmung führen und die Chance erhöhen, dass Temperaturrekorde gebrochen werden."

Die Grafik zeigt die typische globale Regenverteilung während El Niño. Ob dies auch diesmal so eintritt, ist freilich unsicher.
Grafik: WMO

El Niño ist ein alle paar Jahre unregelmäßig und daher schwer vorhersagbar auftretendes Phänomen, das von warmen Meeresströmungen im tropischen Pazifik ausgelöst wird. Östliche Teile des Pazifiks rund um den Äquator werden dabei wärmer als normalerweise, westliche Teile kühlen hingegen ab. Zugleich werden die Passatwinde schwächer.

Überschwemmungen und Dürren

Dies führt in manchen Regionen der Welt, darunter in Teilen Südamerikas, den südlichen USA und am Horn von Afrika, zu Starkregen und Überschwemmungen. In Australien, Indonesien und Teilen von Südasien ist dagegen mit Dürren und Waldbränden zu rechnen. Der Einfluss auf das europäische Wettergeschehen dürfte im Vergleich jedoch gering sein. El Niño (spanisch für Kind, hier Christkind) wird das Klimaphänomen genannt, weil es häufig kurz vor Weihnachten zu beobachten war.

Globale Lufttemperaturprognosen für Mai bis Juli 2023.
Grafik: WMO

Auch El Niños Gegenstück La Niña begünstigt Extremwetter in vielen Weltregionen. Während El Niño die globale Durchschnittstemperatur in die Höhe treibt, hat La Niña einen kühlenden Effekt, der sich in den vergangenen drei Jahren auf das globale Klima ausgewirkt hat. "Das wirkte wie eine Bremse auf den globalen Temperaturanstieg", sagte Taalas.

Sturmgefahr

Wie lange El Niño anhalten wird oder wie stark die Folgen sind, können Fachleute nicht exakt voraussagen. Die WMO und die nationalen meteorologischen und hydrologischen Dienste werden daher die Entwicklungen genau beobachten. Von Juni bis September steige bei El Niño jedenfalls die Gefahr von schweren Stürmen im zentralen und östlichen Pazifik, während sich im Atlantik oft weniger Hurrikans bilden.

Globale Niederschlagsentwicklung für Mai bis Juli 2023.
Grafik: WMO

2014 bis 2016 waren durch einen sehr starken El Niño gekennzeichnet. Dies trug zusätzlich zu den Folgen des Klimawandels dazu bei, dass 2016 das heißeste Jahr seit der Industrialisierung war. Die globale Durchschnittstemperatur lag nach Angaben der WMO rund 1,3 Grad über dem Durchschnittswert von 1850–1900. Allerdings muss nicht jeder El Niño so starke Auswirkungen haben. (tberg, red, APA, 4.5.2023)