Im Gastblog erklärt Rechtsanwältin Theresa Kamp, wie sich das Kontaktrecht an verschiedene Familienmodelle angepasst hat.

Juristische Laien können oft mit dem Begriff Kontaktrecht nicht sehr viel anfangen. Obwohl der Begriff Besuchsrecht schon länger nicht mehr im rechtlichen Rahmen verwendet wird, kommen viele Menschen darauf zurück. Der Grund, warum man Besuchsrecht nicht mehr verwendet, ist, dass man davon ausgeht, dass er insofern irreführend ist, als kein Elternteil als "Besucher" oder "Besucherin" gesehen werden soll. Weiter ist auch oft unbekannt, dass nicht nur Eltern ein Kontaktrecht zukommen kann.

Kontaktrecht in modernen Familienkonstellationen

In gerichtlichen Verfahren, die die Obsorge oder das Kontaktrecht betreffen, geht es immer um das Kindeswohl. Können sich die Eltern nicht einigen, muss oft das Gericht entscheiden, wie das Beste für das Kind aussehen könnte. Legt das Gericht die Kontakte fest, hat es dabei Alter, die Bedürfnisse und die Wünsche des Kindes sowie die Intensität der bisherigen Beziehung zu berücksichtigen.

Findet eine Trennung etwa innerhalb einer Patchworkfamilie statt, gibt es mehr Personen als nur die Eltern, für die das Kontaktrecht relevant ist.
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Nun entspricht aber in unserer heutigen Lebensrealität die gelebte Familie nicht mehr dem Konzept unserer Großeltern. Familie besteht nicht mehr zwingend aus Vater, Mutter und Kind. Es gibt Familien mit zwei Müttern oder zwei Vätern oder auch Patchworkfamilien. Biologische Elternschaft ist nicht mehr die einzige Möglichkeit für familiäres Miteinander. Patchworkfamilien, Beziehungen oder Ehen, sind aber ebenso wenig gegen Trennungen oder Scheidungen gefeit – und damit stellen sich schließlich in weiterer Folge auch rechtliche Fragen betreffend die Kinder.

Kontakte zu Dritten

Gesetzlich ist geregelt, dass auch sogenannten "dritten Personen", also Personen, die nicht die Eltern des Kindes sind, ein Kontaktrecht zukommen kann. Wie immer steht das Wohl des Kindes im Fokus. Das bedeutet, dass, wenn der Kontakt mit der dritten Person dem Wohl des Kindes zuträglich ist, das Gericht auf Antrag Kontakte festsetzen kann. Mit dritten Personen gemeint sind beispielsweise ehemalige Lebensgefährten der Eltern, die eine Beziehung zum Kind entwickelt haben. Aber auch Pflegeeltern oder Menschen in einem familiären Rahmen. Mittlerweile hat auch diese dritte Person – wenn sie in einem familiären oder besonderen persönlichen Verhältnis zum Kind gestanden ist – ein eigenen Antragsrecht bei Gericht. Wenn jemand eine soziale Elternrolle eingenommen hat, hat diese Person auch nach Beendigung der Beziehung das Recht, einen Kontaktrechtsantrag zu stellen. Müssen Gerichte entscheiden, wird das zuzusprechende Ausmaß der Kontakte auch davon abhängen, wie weitgehend die Beziehung zwischen der dritten Person und dem Kind ist. Außerdem, inwieweit sie im Interesse des Kindes aufrechtzuerhalten ist.

Im Jahr 2018 musste sich der Oberste Gerichtshof mit diesem Thema (9Ob46/17f) auseinandersetzen. Im konkreten Fall wollte der Ex-Lebensgefährte der Mutter, der mit dieser auch ein eigenes Kind hatte, ein ausgedehntes Kontaktrecht zu dem Kind, das die Mutter in die Beziehung "mitgebracht" hatte. Das beantragte Kontaktrecht ging sogar über das Kontaktrecht zu seinem eigenen Kind hinaus. Zwischen Kind und Ex-Lebensgefährte bestand eine innige Beziehung, und das Kind bezeichnete ihn als "Papa". Zum biologischen Vater hatte das Kind keinen Kontakt. Die Mutter sprach sich aber dagegen aus, mit der Begründung, dass dies nicht im Kindeswohl gelegen sei, weil die schulischen Belange des Kindes dann zu kurz kämen.

Der Oberste Gerichtshof führte aus, dass auch mitbedacht werden müsse, dass Dritte nicht die gleichen elterlichen Rechte und Pflichten hätten, was sich auch im zuzusprechenden Kontaktrecht widerspiegeln müsse. Auch miteinzubeziehen sei, dass die Beiziehung eines Dritten gegen den erklärten Willen des obsorgeberechtigten Elternteils die Gefahr einer nachhaltigen Störung des Familienlebens berge, welche sich dann auch nachteilig auf das Kindeswohl auswirken könne. Im konkreten Fall kam dem Ex- Lebensgefährten zum Kind schließlich dasselbe Kontaktrecht zu wie zum leiblichen Kind.

Kontaktrecht von Großeltern

Großeltern können in manchen Konstellationen bei den Eltern nicht ganz so beliebt sein. Oft steigen Sympathien auch nach einer Trennung nicht plötzlich. Eher das Gegenteil ist der Fall. Häufig nicht bekannt ist aber, dass Großeltern ein eigenes Kontaktrecht zukommt.

Allerdings macht das Gesetz beim Kontaktrecht für die Großeltern – anders als bei den Eltern – Einschränkungen. Die persönlichen Kontakte der Großeltern sind so weit einzuschränken oder zu untersagen, als sonst das Familienleben der Eltern oder eines Elternteils oder deren Beziehung zu dem Kind gestört würde. Auch zeitlich ist das zustehende Kontaktrecht geringer als das von Eltern. Es gibt Rechtsprechung, dass beispielsweise bei einem einjährigen Kind ein Nachmittag im Monat oder bei einem vierjährigen Kind ein Nachmittag alle 14 Tage angemessen sei. (Theresa Kamp, 9.5.2023)