Die Silicon Valley Bank machte im März den Anfang. Seitdem sind zwei weitere US-Regionalbanken in die Knie gegangen. Der Druck im Sektor ist hoch, die Unsicherheit bei Anlegern und Investoren enorm.

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Die Lage im US-Bankensektor ist wahrlich nicht einfach. Beinahe täglich kommt ein weiteres Institut ins Straucheln. Die Finanzaufsicht in den USA gerät nach den erneuten Turbulenzen nun immer stärker unter Druck. Es wird gefordert, dass die Behörde eingreift und die Krise entschärft.

Manager an der Wall Street und Bankanalysten riefen die Regulierungsbehörden dazu auf, schnell mehr Schutz für Bankeinlagen sicherzustellen und auch weitere Schritte in Betracht zu ziehen. Aus ihrer Sicht kann nur ein beherztes Eingreifen ein Ausufern der Krise stoppen. Sie argumentieren, dass nur eine starke Intervention die Bankenkrise stoppen könnte. Immerhin ist mit der First Republic das dritte Unternehmen in die Pleite gerutscht. Pacwest prüft strategische Optionen, und das war sicher noch nicht das Ende der Krise im Sektor.

Sicherheitsnetz

Um die Kaskade zu stoppen, bevor es zu weiteren Zusammenbrüchen komme, sei es womöglich an der Zeit, dass das Finanzministerium und die US-Notenbank Fed aktiv werden und eine Art Sicherheitsnetz schaffen, schreibt Erika Najarian, Bankenanalystin von der Schweizer Großbank UBS, in einer Studie.

Der aktivistische Investor Nelson Peltz forderte in der "Financial Times", die Einlagensicherung auszuweiten. Damit blies er ins gleiche Horn wie der Großinvestor Bill Ackman. Das Versäumnis der Aufsichtsbehörden, das Absicherungssystem zu erweitern, habe "mehr Nägel in den Sarg gehämmert", twitterte er. Peter Orszag, Chef der Finanzberatung bei Lazard, forderte, für unversicherte Einlagen Garantien für einen Zeitraum von sechs Monaten zu geben. Damit würde Vertrauen geschaffen. Bankkunden könnten so davon abgehalten werden, Gelder von Konten kleinerer und mittelgroßer Banken abzuziehen.

Das US-Finanzministerium erklärte am Donnerstag, es werde die Börsenentwicklungen weiterhin "genau beobachten". Das Bankensystem verfüge aber über erhebliche Liquidität, und die Einlagenströme seien stabil.

Schlag auf Schlag

Das US-Bankenbeben hatte im März begonnen, als Kunden massiv Gelder von den Regionalbanken Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank abgezogen haben. Als die kalifornische SVB zusammenbrach, hatten Kunden zuvor zeitweise innerhalb von nur fünf Stunden 42 Milliarden Dollar an Geldern von ihren Konten abgeräumt. Es war der größte Kollaps einer Bank seit der globalen Finanzkrise 2008. Die in New York ansässige Signature Bank war zwei Tage nach der SVB kollabiert. Sparer brachten im Zuge der Turbulenzen Gelder bei größeren US-Banken in Sicherheit. Um eine Ansteckung zu verhindern, ergriffen Aufsichtsbehörden Sofortmaßnahmen, um alle Kunden bei den beiden Krisenbanken zu entschädigen. Die Fed stellte Instituten zusätzliche Liquiditätshilfen bereit.

Die Finanzmärkte hatten sich zuletzt im April wieder etwas beruhigt. Doch am vergangenen Wochenende war mit der in Kalifornien ansässigen First Republic schließlich die dritte Bank in die Knie gegangen. Aufsichtsbehörden hofften diesmal, dass ein Notverkauf an die Großbank JPMorgan das Bankenbeben beenden würde. Doch die Nervosität der Anleger wurde dadurch nur wieder neu bestärkt. Am Montag hatte die Einlagensicherung FDIC mögliche Reformen vorgestellt – darunter eine Anhebung der derzeitigen Obergrenze der Einlagenabsicherung von derzeit 250.000 Dollar pro Bank und Person. Eine solche Reform würde aber die Zustimmung des US-Kongresses erfordern.

Investoren zurückhaltend

"Der Kongress scheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht bereit zu sein, diese Option auszuüben", sagt etwa Carl Riccadonna, Chefökonom bei BNP Paribas. Wenn es also keine Änderung der FDIC-Abdeckungsgrenzen gebe, bestehe die Gefahr, dass der strukturelle Gegenwind anhalte. Großbanken und Private-Equity-Firmen hatten sich zuletzt geweigert, Instituten Kapitalspritzen ohne staatliche Rückabsicherung anzubieten, weil sie mögliche Verluste vermeiden wollen.

Aus Sicht von Ed Mills, Analyst bei der Investmentbank Raymond James, könnten Aufsichtsbehörden auch andere Optionen in Betracht ziehen. Sie könnten beispielsweise signalisieren, dass Anteilseigner der Banken geschützt werden könnten. Auch zusätzliche Hilfen der US-Notenbank seien denkbar. Doch Mills ist skeptisch. Er glaube nicht an ein Eingreifen der Behörden – "bevor sich die Lage nicht erheblich verschlechtert".

Regionalbankenindex bricht ein

Dass die Lage im Sektor angespannt ist, zeigt auch der KBW Regional Banking Index. Dieses Barometer ist in diesem Jahr um etwa 31 Prozent eingebrochen. Schließlich wurde in den vergangenen Wochen ein Marktwert in Milliardenhöhe vernichtet. Allein im Mai ist der Index bisher um 12,1 Prozent gefallen.

"Nach dem Fall von Silvergate, der Silicon Valley Bank und First Republic sucht der Markt eindeutig nach den schwächsten Gliedern", sagt Russ Mould, Investment Director beim Börsenmakler AJ Bell. Pacwest sucht ja bereits nach strategischen Optionen, Western Alliance hat anstehende Verkaufsgespräche dementiert.

Die kanadische Toronto-Dominion Bank Group hat derweil den angedachten Kauf der First Horizon für 13,4 Milliarden Dollar wieder abgesagt. Als Grund werden zeitliche Unsicherheiten genannt, wann die Aufsichtsbehörden dem Deal zustimmen würden.

Kurzes Aufatmen

Nach der turbulenten Woche gab es für die US-Regionalbanken zumindest ein kurzes Aufatmen vor dem Wochenende – zumindest an den Börsen. Dort haben sich die Kurse nach dem tagelangen Sell-off wieder etwas gefangen. Im vorbörslichen Handel haben sich die Kurse stabiler gezeigt. Alle Banken, die in den vergangenen Tagen in die Schlagzeilen geraten waren, konnten zulegen. Western Alliance hatte einen anstehenden Verkauf dementiert. (Reuters, bpf, 5.5.2023)