Aurelio De Laurentiis hat den Verein SSC Napoli entschuldet und dann polternd, aber beharrlich den Gipfelsturm vorbereitet.

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Heiligenverehrung, wie sie Diego Maradona in Neapel zuteilwird, blüht Aurelio De Laurentiis nicht. Dabei wäre die Società Sportiva Calcio Napoli ohne den 73-jährigen Römer jetzt ebenso wenig italienischer Fußballmeister, wie sie ohne die Künste des legendären Goldjungen aus Argentinien die ersten beiden Scudetti der Vereinsgeschichte (1987, 1990) geholt hätte.

Auch aus Liebe zur Stadt hat der damals in den USA lebende und wirkende Filmproduzent 2004 die Napoli Soccer AG um 29 Millionen Euro übernommen. Gli Azzurri waren nach den wahnwitzigen Tagen Maradonas tief gefallen – insolvent und nach der Neugründung in der dritten Liga.

Sohn eines Nudelfabrikanten

Die Liebe des Präsidenten zur seinerzeit wirtschaftlichen und sportlichen Ruine aus dem Stadtteil Fuorigrotta ist familienbedingt. Sein Vater Luigi, Sohn eines Nudelfabrikanten, stammte aus Torre Annunziata in der Metropolregion Neapel. Auch er war im Filmgeschäft tätig, in dem sich allerdings Luigis jüngerer Bruder Dino den größten Namen machte – als Produzent von cineastischen Perlen wie Bitterer Reis, Blockbustern wie Dune oder Klamotten wie Conan der Zerstörer, Arnold Schwarzeneggers zweitem Barbaren-Aufguss. Der Neffe des Oscar-Gewinners, also Aurelio, wurde mit fast durchwegs leichter Kinokost seiner Produktionsfirma Filmauro millionenschwer. Mit dem Einstieg in den Fußball trat der Vater dreier Kinder aus zweiter Ehe ins Rampenlicht der alten Heimat.

Unter Polizeischutz

Sein Herz trägt Aurelio De Laurentiis auf der Zunge, zum Wohl seines Vereins legt er sich mit jedem an – den Institutionen, den Medien, ja sogar mit den eigenen Fans. Selbst in der Stunde des Triumphes benötigt er Polizeischutz. Ultras nehmen erhöhte Eintrittspreise und gewisse Einschränkungen bei Stadionchoreografien sehr persönlich.

"Du legst das Geld auf den Tisch, dann siehst du das Kamel", ist die Maxime des gerne auch vulgären Präsidenten. Er hat den Verein entschuldet und dann polternd, aber beharrlich den Gipfelsturm vorbereitet. Erfolge auf Pump, wie sie andere feiern, wollte der Befürworter einer europäischen Superliga nicht. Wenn er investiert, wie die 60 Millionen Euro in Stürmer Victor Osimhen, der 2020 aus Lille kam, dann macht er zumeist Gewinn. Heute ist der Nigerianer auf dem Weg zum Schützenkönig und leicht das Doppelte wert. Heiligenschein gibt es dafür keinen, aber tiefe Emotionen bei Aurelio De Laurentiis. "Die sind bei mir daheim." (Sigi Lützow, 5.5.2023)