Egal ob man genügend Zeit für das Frühstück hat oder ob es schnell gehen muss – wer ein paar Dinge beachtet, findet immer eine ausgewogene Variante.

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Der Wecker klingelt, und dann muss es schnell gehen. Zähne putzen, duschen, anziehen und vielleicht noch die Kids in die Schule bringen – da bleibt kaum Zeit für ein ausgewogenes Frühstück. Komplett verzichten dabei aber die wenigsten, laut einer Umfrage des Instituts Marketagent frühstücken rund 90 Prozent aller Befragten zumindest gelegentlich etwas, und 52 Prozent sind der Meinung, dass das Frühstück ihnen einen guten Start in den Tag ermöglicht. Für ein wirklich ausgiebiges Frühstück hat jedoch jeder und jede Vierte im Alltagsstress keine Zeit.

Stress scheint also ein wahrer Frühstückskiller zu sein. Sätze wie "Das Frühstück ist die wichtigste Mahlzeit des Tages" oder "Ein guter Tag beginnt mit einem guten Frühstück" weisen das aber als Problem aus. Was hat es damit auf sich? Ist der Tag noch zu retten, wenn in der Früh schlicht Zeit oder auch Appetit fehlen? Ja, sagt Ursula Pabst, Ernährungswissenschafterin bei Resize. Wichtig sei nur, dass es im Laufe des Vormittags etwas zum Beißen gibt. "Ich halte eine erste Mahlzeit irgendwann am Morgen oder Vormittag für ideal. Meiner Erfahrung nach gibt das Energie für den Tag und stabilisiert den Blutzuckerspiegel, sodass spätere Heißhungerattacken ausbleiben. Aber das muss nicht sofort nach dem Aufstehen sein." Denn in der Nacht versorgt sich der Körper aus den Glukosespeichern in Leber und Muskeln. Da diese Speicher meistens recht voll sind, müssen sie nicht direkt nach dem Aufstehen wieder befüllt werden.

Kaffee kann Energieloch fördern

Während der erste Snack also etwas warten kann, sieht es mit der Flüssigkeit anders aus. Diese Speicher sollten recht bald nach dem Aufstehen wieder gefüllt werden. Das geht natürlich am besten mit Wasser, aber auch andere Flüssigkeiten bieten sich dafür an, erklärt Marlies Gruber, Ernährungswissenschafterin und Geschäftsführerin des "Forum Ernährung heute": "Über den Schweiß geben wir in der Nacht im Durchschnitt einen halben bis einen Liter Flüssigkeit ab. Diesen Flüssigkeitsverlust sollten wir in den ersten Stunden wieder ausgleichen. Dafür bietet sich in erster Linie Wasser an, aber auch Tee, Kaffee, Saft oder Kakao tragen dazu bei."

Bleiben wir gleich beim Kaffee. Auch hier gehen die Meinungen auseinander. Einige plädieren dafür, ihn nicht sofort nach dem Aufstehen zu trinken, andere kommen ohne Koffein einfach nicht in die Gänge. Klar ist: Kaffee ist nicht per se schlecht. Er liefert Antioxidantien, schmeckt gut, und wer ihn schwarz trinkt, nimmt damit auch keine Kalorien zu sich. Dennoch kommt es beim Genuss auf die richtige Zeit an, sagt Ursula Pabst: "Unser Körper produziert das Stresshormon Cortisol, das vor allem morgens ansteigt und dafür sorgt, dass wir munter werden. Wer dann gleichzeitig Kaffee konsumiert, pusht die Cortisolausschüttung zusätzlich. Das Hormon wird dann im Laufe des Vormittags weniger. Wenn der Cortisolspiegel durch den Kaffee auf einem sehr hohen Level ist, kann es passieren, dass man den Abfall noch stärker spürt." Der Effekt: Man fällt in ein Energieloch.

Besser wäre es, den ersten Kaffee erst am Vormittag zu trinken, wenn man den Energieabfall zu spüren beginnt. Auch über die empfohlene Menge wird häufig diskutiert. Fakt ist: "Es spricht nichts dagegen bis zu fünf Tassen Kaffee über den Tag verteilt zu trinken. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in ihrer Sicherheitsbewertung 2015 festgestellt, dass für gesunde, nicht schwangere Erwachsene 400 mg Koffein pro Tag unbedenklich sind. Das entspricht in etwa fünf Tassen", weiß Marlies Gruber.

Frühstück to go

Damit der Energieabfall erst gar nicht so stark ausfällt, plädieren viele dafür, zum Kaffee auch etwas zu essen. Oftmals wird die Frühstücksauswahl dann zur Routine, und es kommt fast jeden Tag das Gleiche auf den Tisch. Auch wenn beim Essen für Abwechslung plädiert wird, muss diese Routine nicht unbedingt schlecht sein. "Beim Frühstück muss man sich nicht jeden Tag neu erfinden. Und ein bisschen Variation ist ja fast immer dabei", erklärt Pabst. Wer es gern süß mag, kann mit unterschiedlichen Obstsorten Variation hineinbringen. Statt Joghurt kann Topfen oder auch Milch ins Müsli wandern, und wer gerne Ei mag, kann zwischen weichem Ei, Omelett oder Spiegelei variieren. Und auch Ernährungsberaterin Yasmin Eder aus Graz rät dazu, ruhig etwas Routine beim Frühstück aufkommen zu lassen. Denn das habe einen entscheidenden Vorteil: "Wenn ich mir nicht jeden Tag Gedanken darüber machen muss, was ich essen möchte, spart das Zeit und Stress." Und egal ob man zu Team Süß oder Team Salzig gehört, wichtig sei, eine gute Mischung aus Proteinen, Ballaststoffen, gesunden Fetten, Obst und Gemüse zu finden.

Aber seien wir realistisch. Das Omelett zum Frühstück oder das Müsli mit frisch geschnittenem Obst klingen zwar toll, dennoch schaffen es viele nur, auf dem Weg ins Büro noch schnell beim Bäcker reinzuspringen und sich ein Frühstück to go mitzunehmen. An sich ist das auch keine schlechte Sache, wenn man den süßen Versuchungen wie Muffins, fettreichen Croissants oder Kipferln widerstehen kann. Yasmin Eder weiß: "Es gibt einige Möglichkeiten für ein schnelles und gesundes Frühstück vom Bäcker. Vorzugsweise sollte man ein Weckerl wählen, das ballaststoffreich ist, also am besten eine Vollkornvariante. Für den Belag eignen sich eiweißreiche Aufstriche aus Ei, Hülsenfrüchten, ebenso Hüttenkäse oder Schnittkäse. Wenn obendrauf noch etwas Gemüse liegt, ist es perfekt."

Wer hingegen nur zum leeren Weckerl greift, riskiert, dass der Blutzuckerspiegel rasch ansteigt und auch rasch wieder abfällt. Man bekommt also schnell wieder Hunger, denn das wichtige Eiweiß fehlt. Ursula Pabst erklärt: "Die Mischung ist wichtig. Kohlenhydrate machen zufrieden, und Eiweiß macht satt. Schinken, Lachs, Eier, Käse, Topfen, Joghurt, Sojamilch oder Hülsenfrüchte sind eine perfekte Ergänzung zum Vollkornweckerl. Das Eiweiß bleibt länger im Magen und lässt den Blutzucker gleichmäßig ansteigen." Ein Frühstück mit genügend Eiweiß sorgt also dafür, dass es eine Zeitlang dauert, bis man wieder hungrig wird – im besten Fall bis zum Mittagessen.

Intervallfasten – wenn, dann richtig

Neben dem Faktor Zeit gibt es noch einen großen Trend, der das Auslassen des Frühstücks salonfähig gemacht hat: das Intervallfasten. Dabei wird nur innerhalb einer bestimmten Zeitspanne gegessen, in den restlichen Stunden verzichtet man komplett auf Nahrung. Sprich: Man isst etwa in einem Zeitraum von acht Stunden, die restlichen 16 Stunden trinkt man nur Wasser oder Tee. Wichtig sei es, sagt Pabst, bei diesem Intervall auf die Zeit zu achten, in der man esse: "An sich empfehle ich Intervallfasten nicht so gern. Isst jedoch jemand um zehn Uhr die erste Mahlzeit, um 14 Uhr die zweite und um 18 Uhr die letzte, würde ich das noch als gesundheitsförderliches Intervallfasten einstufen. Wer aber tagsüber hungert, um Kalorien zu sparen, nur um dann am Abend und in der Nacht hemmungslos zuschlagen zu können, gleicht höchstens seine Kalorienbilanz irgendwie aus, aber gesund ist das nicht."

Wer es unter der Woche schafft, eine gute Balance zwischen Kohlenhydraten, Eiweiß, Obst und Gemüse beim Frühstück zu kreieren, kann dann am Wochenende, wenn endlich mehr Zeit für das Frühstück ist, auch gern einmal schlemmen, mit Croissants, Marmelade oder Frühstücksspeck. Und wer am Wochenende oder an freien Tagen gern lang schläft, dem empfiehlt Ursula Pabst, Frühstück und Mittagessen gleich zu kombinieren: "Ein Brunch ist am Wochenende immer eine gute Idee." Da ist dann für jeden etwas dabei – egal ob süß oder herzhaft. Und vor allem hat man endlich genügend Zeit. (Jasmin Altrock, 15.5.2023)