Zahlreiche Preistreiber heizen die Inflation weiter an. Neben unverändert hohen Energie- und Mietkosten sind es auch Flugreisen, die einen wesentlichen Teil zur hohen Teuerung in Österreich beitragen.

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Die Teuerung lässt Österreich nicht los, zuletzt wurde der Lebensmittelhandel in Form eines Gipfels am Montag ins Rampenlicht gerückt.

Nun hat die türkis-grüne Regierung für Mittwoch ein Paket gegen die Teuerung in Aussicht gestellt. Das verlautete man Dienstagabend aus der Koalition. Im Fokus stehen dabei die Bereiche Energie und Lebensmittel. Details blieben vorerst unbekannt. Betont wird seitens der Regierung, dass die anhaltende Teuerung immer mehr Menschen belastet, vor allem jene mit kleinen bis mittleren Einkommen.

Kritisiert wird in Koalitionskreisen, dass sinkende Großhandelspreise für Strom und Gas von Energiekonzernen kaum an Endkunden weitergeben und gleichzeitig hohe Gewinne eingefahren werden.

Dem Vernehmen nach sollen im Bereich Lebensmittel Maßnahmen gesetzt werden, indem Lebensmittelketten stärker in die Pflicht genommen werden. Das Thema Lebensmittel polarisiert jedenfalls besonders, schließlich machen sich die Preissteigerungen an den Supermarktregalen für jede und jeden bemerkbar.

Auch Monika Köppl-Turyna, Chefin des industrienahen Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, meinte vergangenes Wochenende im STANDARD: "Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass die Lebensmittelpreise eigentlich kein großer Inflationstreiber in Österreich sind, auch wenn sie derzeit die Debatte bestimmen. Ich bezweifle deshalb, dass der aktuelle Fokus auf die Supermärkte der richtige ist."

Doch was stimmt nun? DER STANDARD hat die aktuellen Preistreiber genauer unter die Lupe genommen. Es zeigt sich: Es sind tatsächlich nicht die Lebensmittel, die die Inflation derzeit besonders stark antreiben – auch wenn die Menschen im Supermarkt die Preissteigerungen in diesem Bereich natürlich stark spüren. Wahre Preistreiber sind, basierend auf den letzten verfügbaren Daten vom März 2023, beispielsweise die folgenden sechs:

1. Die Fernwärme

Fernheizung, konkret deren Arbeitspreis (also der Preis der tatsächlich verbrauchten Energiemenge pro Kilowattstunde), ist jene Preissteigerung, die in der Inflationsstatistik derzeit am stärksten zum Tragen kommt. An der Teuerungsrate von 9,2 Prozent im März hatte allein die Fernheizung laut IHS-Preismonitor einen stolzen Anteil von 0,49 Prozentpunkten. Der Hintergrund: Die Wien Energie wie auch andere Versorger in Österreich haben ab September ihre Preise gehörig erhöht. Zwar sinken inzwischen die Energiepreise im Großhandel wieder. Allerdings sind die meisten Menschen mit langfristigen Verträgen ausgestattet, in denen die Preise auf Dauer fixiert sind. Bis die sinkenden Großhandelspreise auch bei den Kundinnen und Kunden ankommen, kann es also noch dauern.

2. Das Gas

Der Arbeitspreis bei Gas liegt gleich hinter der Fernwärme. Der Anteil an der gesamten Inflationsrate beträgt 0,46 Prozentpunkte. Die Gründe sind ziemlich ähnlich wie jene bei der Fernwärme. Alles in allem zeigt sich also: Die Energie spielt immer noch eine beachtliche Rolle bei Österreichs außergewöhnlich hoher Inflation.

3. Die Wohnungsmieten

Wohnungsmieten aller Kategorien waren mit einem Anteil von 0,34 Prozentpunkten für die Inflation im März mitverantwortlich. Allerdings zeigt ein genauer Blick auf die Daten: Auf das ganze Jahr betrachtet lag die Inflation bei den Mieten mit sieben Prozent unter der gesamten Inflationsrate. Dass die Mieten dennoch als Inflationstreiber wirken, lässt sich anhand ihrer Gewichtung im Warenkorb zur Berechnung der Teuerung erklären. Mit fünf Prozent sind sie einer der gewichtigsten Einzelposten. Grund dafür ist, dass Österreich einen vergleichsweise hohen Anteil an Mieterinnen und Mietern hat. Mit einer Mietquote von 43 Prozent liegt Österreich im europäischen Spitzenfeld. Entsprechend stark beeinflussen sie die Inflation, auch in normalen Zeiten, bestätigt IHS-Ökonom Sebastian Koch. In Zeiten hoher Inflation wie derzeit fallen sie erst recht ins Gewicht.

4. Gebrauchtwagen

Ein Blick auf Autoverkaufsplattformen im Internet zeigt es: Gebrauchtwagen zu kaufen ist teuer geworden. Tatsächlich trugen sie 0,31 Prozentpunkte zur Inflation im März bei – wohlgemerkt, diese Zahl bezieht sich nicht auf das Tanken, sondern nur auf den Autokauf selbst. Warum? "Es hängt noch mit den Lieferkettenschwierigkeiten der Corona-Pandemie zusammen", so IHS-Experte Koch. Knappheiten an Mikrochips und ähnlichen Gütern hätten dazu geführt, dass in dieser Situation Neuwagen knapp geworden seien – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Markt für Gebrauchtwagen, auf den die Konsumentinnen und Konsumenten nun ausgewichen sind.

5. Flugtickets ins Ausland

Auch Reisen, insbesondere Pauschalreisen, sind deutlich teurer geworden. Die Folge: Ganze 0,21 Prozentpunkte tragen Flugtickets ins Ausland laut aktuellen Daten zur Inflationsrate bei. Einerseits geben die Fluggesellschaften damit die steigenden Kosten für Rohstoffe, Energie und Personal weiter. Schließlich macht allein der Treibstoff Kerosin rund ein Drittel der Gesamtkosten der Airlines aus. Andererseits hängen gewisse Ersatzteile für die Wartung der Flugzeuge immer noch in vorgelagerten Lieferketten, das Angebot an Flügen bleibt damit weiterhin unter dem präpandemischen Niveau. Gleichzeitig verzeichnen Reisebüros und Fluggesellschaften heuer wieder eine gesteigerte Reiselust. Eine hohe Nachfrage trifft somit auf ein begrenztes Angebot – das öffnet Preiserhöhungen die Tür.

6. Wein und Schnitzel im Restaurant

Wein und Schnitzel im Restaurant sind – im Vergleich zu Faktoren wie Energie und Mieten – relativ geringe Ausgaben. Dass sie in der Inflationsstatistik unter den größten Preistreibern landen, spricht Bände – es zeigt, wie massiv sich die Restaurantpreise in Österreich erhöht haben. Konkret trägt allein der Wein im Gasthaus 0,15 Prozentpunkte zur Inflation von 9,2 Prozent im vergangenen März bei. Beim Schnitzel liegt der Anteil immerhin noch bei 0,07 Prozentpunkten. Der Hintergrund ist nicht nur, dass Restaurants ihrerseits steigende Kosten schultern müssen, etwa für Personal und Energie. Auch einige Gastronominnen und Gastronomen dürften sich gerade spürbar höherer Profite erfreuen. (Nicolas Dworak, Joseph Gepp, 9.5.2023)