Wieso jetzt?", fragte Vizekanzler Werner Kogler in die Runde von Journalistinnen und Journalisten. Ja, wieso bauen die Grünen genau jetzt ihr neues Generalsekretariat auf?

Der erste Grund ist banal: Sie hatten keines und die schwierige Zeit mit Miniteam und Millionen Schulden nach dem Rauswurf der Grünen aus dem Nationalrat im Jahr 2017 sei passé. Deshalb steigt die Kärntnerin Olga Voglauer in dieses Amt auf. Sie wurde einstimmig vom grünen Bundesvorstand abgesegnet.

Der zweite Grund dürften die Vorbereitungen auf die Nationalratswahl sein, die regulär im nächsten Jahr stattfinden wird. Das stellte Kogler in Abrede, aber frohlockte: "Liebe Olga, let’s do it, let’s go".

Werner Kogler, Vizekanzler und Grünen-Parteichef, bestreitet, dass die Besetzung des Generalsekretariats etwas mit der bevorstehenden Nationalratswahl 2024 zu tun habe.
Foto: APA/EVA MANHART

Die 42-jährige Kärntner Slowenin und Biobäuerin wird jedenfalls den bevorstehenden Wahlkampf der grünen Bundesebene managen. Das ist insofern interessant, da Voglauer erst heuer im März als Spitzenkandidatin in Kärnten den Einzug in den Landtag verpasst hatte. Die Grünen legten verschwindend gering zu und kamen unter der Fünf-Prozent-Marke zum Stehen.

Für Kogler ist die Nationalratsabgeordnete Voglauer dennoch die Richtige, "eine Frau mit Wucht und Vorwärtsdrang", die trotz des verpassten Ziels in Kärnten den grünen Anhang auf der Wahlparty so habe mitreißen können, "dass kein Auge trocken geblieben ist".

Saftige Wiesen und Futter

Die Grünen schließen mit ihrer neuen Generalsekretärin eine schon länger klaffende Personallücke, die es bei der politischen Konkurrenz so nicht gibt. Das Amt war vor einigen Jahren für den Tiroler Thimo Fiesel geschaffen worden, nachdem er 2019 für die Grünen die Europa- und auch die Nationalratswahl organisiert hatte. Kurz darauf zog sich Fiesel aus familiären Gründen zurück.

Von so manchem Grünen wird die Entscheidung für Voglauer sogar als richtungsweisender gesehen, als es den Anschein hat. Voglauer werde nicht nur Kogler Arbeit abnehmen, wenn es um die Ausrichtung der Partei gehe, dahinter könne auch der Aufbau einer potenziellen Spitzenpersonalie verstanden werden. "Sie kann mit Menschen umgehen, ist empathisch, du magst sie einfach", sagt ein Grüner im Off. Das Kärntner Ergebnis sei zweitrangig.

Voglauer selbst grüßte mit einem "herzlichen Dober dan" und zog eine Analogie zu ihrem Bauernhof in Kärnten. Da könne es zwar im Mai saftige Wiesen und genügend Futter für die Tiere geben, unklar bleibe aber, wie die Ernte am Ende des Jahres aussehen werde. Kommt es zu Schwierigkeiten, sei Aufgeben keine Möglichkeit. So halte sie auch mit der Politik und den Grünen. In Kärnten habe man keine leichte Zeit hinter sich. Aber es sei immerhin gelungen, "die Partei zu einen".

Weit weg vom Potenzial

In ihrer Antrittsrede schnitt Voglauer die "schwierigen Zeiten" an, in der sich die Welt befinde, da sei die Klimakrise, der Krieg in der Ukraine, die Energiekrise, die Teuerung, kurzum: Es habe sich ein Ohnmachtsgefühl bei vielen Menschen breitgemacht. Auch in ihrem Kärntner Ort: Fellersdorf. Da erlebe sie die Alltagssorgen. Deshalb brauche es umso mehr eine stabile Politik, und eine "grüne Kante gegen rechte Hetzer, die an den Säulen der Demokratie rütteln", sagte Voglauer.

Die Grünen-Politikerin tat sich bei Wahlkampfauftritten in Kärnten zuletzt durch Bodenständigkeit und Eloquenz hervor. An das Potenzial von 12,1 Prozent, das die Grünen im südlichsten Bundesland schon einmal hatten, kam aber auch Voglauer bei weitem nicht heran.

Kritiker merkten an, dass es womöglich auch an der Strategie, an der Monothematik im Wahlkampf gelegen sei. Die Grünen setzten fokussiert auf Klimaschutz und Energiewende. Aber selbst hier scheint die Kommunikation nicht ganz überzeugend gewesen zu sein. Denn in Vorwahlbefragungen waren Umwelt- und Klimathemen – also grüne Kernanliegen – am zweithäufigsten als Wahlmotiv genannt worden. Andere diskutierte Problembereiche wie die Teuerung oder der Dauerbrenner des mehrheitlich privatisierten "Flughafens Klagenfurt" blieben eher unterrepräsentiert.

Voglauer trat den Grünen 2017 bei, als diese aus dem Nationalrat geflogen waren. Politisch engagierte sich die 42-Jährige aber schon in der Schule und an der Universität für Bodenkultur. Aktuell ist Voglauer unter anderem im Vorstand der Caritas Kärnten vertreten. (Jan Michael Marchart, Walter Müller, 9.5.2023)