Tränengaseinsatz in Peschawar.

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Imran Khan wurde verhaftet.

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Islamabad – Nach der Verhaftung des ehemaligen Premierministers Imran Khan ist es in Pakistan am Dienstag in mehreren Städten des Landes zu Ausschreitungen gekommen. Wie der Geheimdienst der dpa bestätigte, stürmten Imran Khans Anhänger das Hauptgebäude des pakistanischen Militärs in der Millionenstadt Rawalpindi. Auch in der Stadt Lahore im Nordosten des Landes drangen Demonstrierende in ein Militärgebäude ein.

Ein Demonstrant kam ums Leben, zehn Menschen, darunter sechs Polizisten, wurden verletzt. In drei von vier Provinzen des Landes setzten Behörden Notstandsgesetze in Kraft und verboten öffentliche Versammlungen. Das Innenministerium ordnete die Einschränkung der Kommunikation über Internet an.

Der ehemalige Regierungschef und Kricket-Star war am Dienstag aus einem Gericht in der Hauptstadt Islamabad abgeführt worden, wo er in Zusammenhang mit einem Kautionsantrag erscheinen musste. Lokale TV-Sender zeigten Bilder, wie Khan von Beamten in ein gepanzertes Fahrzeug geschoben wurde. Der Polizei von Islamabad zufolge ist Khan wegen Korruptionsvorwürfen verhaftet worden. Haftbefehle waren von der Antikorruptionsbehörde (NAB) ausgestellt worden.

Durch Misstrauensvotum abgesetzt

Khan wurde im April 2022 durch ein Misstrauensvotum nach fast vier Jahren als Premierminister abgesetzt. Ihm wurde unter anderem Missmanagement in der Wirtschaft vorgeworfen. In den vergangenen Monaten hatte Khan als Oppositionspolitiker immer wieder zu Massenprotesten gegen die Regierung und Neuwahlen in dem Land aufgerufen. Während einer Demonstration im November schoss ihm ein Attentäter ins Bein.

Die Verhaftung erfolgte einen Tag nachdem das Militär eine Erklärung abgegeben hatte. Darin wurden Khans "erfundene und böswillige Behauptungen", dass hochrangige Militärs hinter den Attentatsversuchen gegen ihn steckten, bedauert.

Das Gerichtsgebäude wurde abgesichert.
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Seit Khans Absetzung hatte die pakistanische Justiz immer neue Vorwürfe gegen ihn vorgebracht. Er muss sich mittlerweile in rund 100 Fällen vor Gericht verantworten. Bei den Vorwürfen geht es um Korruption, Geldwäsche und Beleidigung einer Richterin.

Ein Versuch, Khan im März in seiner Residenz in der Millionenstadt Lahore zu verhaften, scheiterte nach schweren Zusammenstößen mit seinen Anhängern. Der 70-Jährige hatte sich etwa eine Woche lang in dem Haus verschanzt, um einer Festnahme zu entgehen. Sein Nicht-erscheinen zu mehreren Gerichtsterminen in der Vergangenheit hatte er mit Drohungen gegen ihn begründet.

Unruhige Lage

Die Verhaftung Khans könnte die politischen Unruhen in Pakistan noch weiter verstärken. Das Land mit mehr als 230 Millionen Einwohnern kämpft zudem mit massiver Inflation, dem Erstarken der pakistanischen Taliban und den Folgen der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer.

Beobachter sehen das Vorgehen gegen Khan als politisch motiviert an. Auch unter Khan als Ministerpräsident wurde die Justiz benutzt, um Oppositionelle an ihrer politischen Tätigkeit zu hindern. "Gestern war es Imran Khan, der seine politischen Gegner ins Gefängnis schickte, und heute passiert ihm das Gleiche", sagte der pakistanische Politikanalyst Zafarullah Khan. (APA, red, 9.5.2023)