Künstliche Intelligenz ist laut AIT eines der Forschungsfelder, in dem aktuell viel in Bewegung ist.
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Batterietechnologien, Quantenverschlüsselung und künstliche Intelligenz sind einige der Forschungsfelder, in denen Österreich in Europa und global künftig eine tragende Rolle spielen könnte. Diese Bereiche strich zumindest das Austrian Institute of Technology (AIT) bei seiner Jahresbilanz für 2022 explizit hervor. Diese fiel laut Aufsichtsratschef Peter Schwab mit einem Betriebserfolg von 5,1 Millionen Euro "finanziell hervorragend" aus, auch wenn der Gewinn vor Steuern mit 3,6 Millionen Euro deutlich unter dem Rekordwert des Vorjahres von 5,8 Millionen Euro lag.

Inflation als Spielverderberin

Als "besonders erfreulich" bezeichnete Schwab, dass die externen Erlöse aus kofinanzierten Projekten und Auftragsforschung erstmals in der Geschichte des AIT die 100-Millionen-Euro-Marke überschritten. Hoffnung für das aktuelle Jahr bereiten die gut gefüllten Auftragsbücher, die ein im Vergleich zum Vorjahr um ein Fünftel gestiegenes Volumen von 231 Millionen Euro aufweisen. Als Spielverderberin für neue Rekordgewinne dürfte sich allerdings die starke Inflationsdynamik erweisen. So rechnete AIT-Finanzchef Alexander Svejkovsky sowohl für dieses als auch die kommenden Jahre mit "ausgeglichenen Ergebnissen".

AIT-Geschäftsführer Wolfgang Knoll und Anton Plimon, Aufsichtsratsvorsitzender Peter Schwab und Finanzchef Alexander Svejkovsky bei der Pressekonferenz in Wien.
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An die Politik – das Klimaschutzministerium ist zusammen mit der Industriellenvereinigung Gesellschafter des AIT – appellierte er, dass die Inflation im Forschungsfinanzierungsgesetz berücksichtigt werden sollte. So könnten mehrjährig beschlossene Budgets für die Förderagenturen und Forschungseinrichtungen automatisiert angepasst werden. Entsprechende Gespräche diesbezüglich seien bisher positiv verlaufen, hofft Svejkovsky auf eine entsprechende Novellierung. Neben Rekordinvestitionen in Forschungsprojekte, aber auch Infrastruktur wie ein neues Batterielabor hob der AIT-Finanzchef auch den stärkeren Anstoß von Ausgründungen und Entrepreneurship-Programme hervor.

Neue Geschäftsführung

Für das AIT beginnt mit 1. Juli 2023 zudem eine neue Zeitrechnung. Die nach der Neuorganisation im Jahr 2008 bestellten Geschäftsführer Anton Plimon und Wolfgang Knoll legen ihre Funktion nach 15 Jahren zurück. Auf sie folgt erstmals eine Dreier-Geschäftsführung, der neben Finanzchef Svejkovsky auch die Physikerin Brigitte Bach als "Sprecherin der Geschäftsführung" und Andreas Kugi als "Geschäftsführer Wissenschaftliche Exzellenz" angehören wird.

Bach, derzeit Vorständin bei der Salzburg AG, war bis 2018 maßgeblich am Aufbau der Energieforschung am AIT beteiligt und wird künftig die strategische Positionierung des AIT, dessen Produktportfolio und Außenbeziehungen verantworten. Auch Kugi ist am AIT alles andere als ein Unbekannter. Neben seiner Tätigkeit als Professor für komplexe dynamische Systeme der TU Wien forscht er seit vielen Jahren am AIT und leitet dort seit 2017 das Center für Vision, Automation und Control.

Die neue AIT-Geschäftsführung: Andreas Kugi, Brigitte Bach und Alexander Svejkovsky.
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15 Jahre AIT neu

Die bisherigen Geschäftsführer zogen eine durchwegs positive Bilanz. Knoll sprach von einer großen Aufbruchsstimmung und Unterstützung, die man von Anfang an bei der Neuausrichtung erfahren habe und die er auch der künftigen Geschäftsführung wünsche. Die Geduld und Zeit, die man der mittlerweile größten außeruniversitären Forschungseinrichtung Österreichs entgegengebracht habe, zahle sich nun immer mehr aus.

"Je mehr man auch in europäische Konsortien hineinkommt, desto interessanter und sichtbarer werden die Projekte, was wiederum noch spannendere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzieht. Das ist eine kontinuierliche Entwicklung, bei der das eine ins andere greift", führte Knoll aus.

Als Zahlen, die die positive Entwicklung untermauern sollen, führte der Biophysiker und Chemiker die über 250 Publikationen in hochrangigen Journalen an, die 2022 erschienen sind, sowie die 82 Patente in 24 Patentfamilien. Als Beispiel für Forschungsexzellenz erwähnte Knoll die AIT-Mikrobiomforscherin Angela Sessitsch, die zum fünften Mal in Folge zum obersten Prozent der meistzitierten Forschenden der Welt zähle und nun auch an einem der fünf Exzellenz-Cluster des FWF beteiligt sei.

Spitzenpersonal gesucht

Entsprechende Fachkräfte und exzellentes wissenschaftliches Personal anzuziehen, sieht Ko-Geschäftsführer Plimon weiterhin als eine der größten Herausforderungen für den Wissenschaftsstandort Österreich. Dass ungeachtet bestehender europäischer Spitzenforschung bei Themen wie Batterieentwicklung, Photovoltaik oder eben auch künstlicher Intelligenz andere Regionen und Länder wie die USA oder China den Ton angeben, sieht Plimon auf STANDARD-Nachfrage differenziert.

"Gerade bei der Batterieforschung haben wir in den vergangenen Jahren rasant aufgeholt und zählen mittlerweile zur absoluten Spitze, was kobaltfreie Akkus, aber auch Flüssigelektrolyten angeht. Die Zusammenarbeit von angewandter Forschung und der Industrie war immer ausgezeichnet", erklärt er.

Thema KI "gekippt"

Beim Thema künstlicher Intelligenz hingegen sei die gesamte Forschungsthematik zuletzt stark gekippt. Seien Forschungsinvestitionen noch vor wenigen Jahren zu jeweils 50 Prozent aus der akademischen Welt und der Industrie bestritten worden, laute das Verhältnis nun zehn zu 90. "Das wirft einige spannende Fragen auf, der sich die Öffentlichkeit und vor allem die Demokratien dieser Welt stellen müssen."

Ungeachtet der positiven Entwicklung des AIT, das mittlerweile auf 1.465 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angewachsen ist, bereut Plimon, nicht noch risikofreudiger und mutiger agiert zu haben. Denn gerade die als riskanter eingestuften Forschungsfelder seien die gewesen, die sich besonders gut entwickelt hätten. Vom Portfolio her wäre also noch ein wenig mehr möglich gewesen – vorausgesetzt, man hätte die richtigen Fachkräfte dafür gefunden. Das sei allerdings nur ein kleiner Wermutstropfen, denn bekanntlich "weiß man es im Nachhinein immer besser", zog der scheidende AIT-Geschäftsführer dennoch ein positives Resümee. (Martin Stepanek, 9.5.2023)