Es war ein Schlag, der auch in Israel für viele überraschend kam. Bei gezielten Angriffen auf Ziele der Terrororganisation Palästinensischer Islamischer Jihad durch die israelische Luftwaffe wurden in der Nacht auf Dienstag 13 Menschen getötet. Israels Armee spricht von einer präzise geplanten Operation mit klarem Erfolg: dem Tod dreier führender Mitglieder des Islamischen Jihad. Laut palästinensischen Organisationen kamen dabei aber auch zehn Zivilisten ums Leben: vier Kinder, fünf Frauen und ein Krankenhausmanager. Der Gazastreifen ist dicht besiedelt, auf einem Quadratkilometer leben hier im Schnitt rund 6.500 Menschen.

Erst vor einer knappen Woche hatte Israel mit Luftangriffen Vergeltung für mehr als hundert Raketenabschüsse aus dem Gazastreifen geübt, danach war mit ägyptischer Vermittlung eine Waffenruhe vereinbart worden, die bis zuletzt auch gehalten hatte.

Stimmen für Raketen

Lautes Säbelrasseln war in den Tagen zuvor hingegen in Israels Innenpolitik zu hören gewesen. Israels Minister für Nationale Sicherheit Itamar Ben-Gvir hatte nach den israelischen Vergeltungsschlägen auf Gaza vergangene Woche weitere Luftangriffe gefordert, weil dem Scharfmacher die bisherige Reaktion zu lasch war. Aus Protest erklärte Ben-Gvirs Fraktion Otzma Jehudit den Parlamentsboykott. Man werde Regierungsanliegen in der Knesset nicht unterstützen, solange keine weiteren Angriffe auf Gaza stattfinden, hieß es. Dieser Boykott wurde nach den jüngsten Angriffen für beendet erklärt – Ben-Gvir ist bis auf weiteres befriedigt.

Rauch geht auf in Khan Younis im südlichen Gazastreifen.
Foto: REUTERS/Ibraheem Abu Mustafa

Umso angespannter ist die Lage im Süden Israels, wo jederzeit mit Raketenalarm gerechnet werden muss. Schulen blieben am Dienstag geschlossen, Verteidigungsminister Joav Gallant bereitete Bürgermeister nahe der Grenze zum Gazastreifen auf "alle möglichen Szenarien" vor. Auch eine längere militärische Auseinandersetzung sei nicht auszuschließen, warnte Gallant.

Das Heimatfrontkommando stellt sich nun selbst im Großraum Tel Aviv auf Beschuss ein. Vieles hängt davon ab, ob sich die Eskalation auf den Islamischen Jihad beschränkt oder ob sich auch die ungleich stärkere Hamas in die Auseinandersetzung einschaltet.

Beim letzten dreitägigen Schusswechsel zwischen Israel und dem Islamischen Jihad im vergangenen August hielt sich die im Gazastreifen de facto regierende Terrorgruppe zurück – die Eskalation konnte so nach wenigen Tagen überwunden werden. (Maria Sterkl aus Jerusalem, 9.5.2023)