Gemeinsame Aktivitäten in der Schulsportwoche stärken die Klassengemeinschaft. Oft wird noch viele Jahre später beim Klassentreffen darüber geredet.

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Die Jahreszeit ist, gefühlt erst seit kurzem, eine andere. Doch abgesehen davon trennt Winter- und Sommersportwochen weniger, als man meinen möchte. Eine Schulklasse geht auf Reisen, manchmal reisen auch mehrere Schulklassen gemeinsam. Das kann einerseits die Klassengemeinschaft stärken und tut es in vielen Fällen auch. Das kann aber auch diverse Probleme mit sich bringen oder verstärken. So oder so wird oft selbst viele Jahre später, dem Vernehmen nach noch beim 25. und sogar beim 30. Klassentreffen, in der Rückschau vor allem über diese Sportwochen und über all das geredet, was es da zu erleben gab.

"Es wird heuer vieles nachgeholt, was in den Pandemiejahren nicht stattfinden konnte", bestätigt Sonja Spendelhofer, die in der Bildungsdirektion Wien zuständige Fachinspektorin für Bewegungserziehung und Sport. Ob es auf Schulsportwoche geht oder nicht, ist im Sommer wie im Winter von der Zustimmung in einer Klasse abhängig. Bei 70-prozentiger Beteiligung steigt die 3A oder die 6B in den Zug oder Bus, doch auch bei 50-prozentiger Beteiligung geht es los, so die zuständige Bildungsdirektion die Ausnahmegenehmigung erteilt.

Laut Spendelhofer sind es unterschiedliche Argumente, mit denen Absagen für eine Schulsportwoche begründet werden. Manchmal, sagt sie, werden religiöse Gründe angeführt. "Es gibt Eltern, die wollen einfach nicht, dass ihr Kind eine Nacht außer Haus verbringt." Die Zustimmung der Eltern für Auswärtsübernachtungen sei aber unabdingbar. Bei den Jugendlichen selbst spielt manchmal eine gewisse Angst vor Bodyshaming mit, beileibe übrigens nicht nur bei Mädchen. "Körperkult ist bei Burschen sogar manchmal stärker ausgeprägt als bei Mädchen", sagt Spendelhofer. Manch 13-Jähriger kann es kaum erwarten, dass er mit 14 endlich ins Fitnesscenter darf.

Es braucht Anerkennung

Bei Bodyshaming- oder auch Mobbing-Ansätzen sind die Pädagoginnen und Pädagogen besonders gefragt. Auch im Sport, hielt Spendelhofer einmal fest, brauche es "Anerkennung gerade für die Schülerinnen und Schüler, die sonst nicht so im Vordergrund stehen. Niederlagen sind per se keine Katastrophe. Problematisch wird es, wenn einer chancenlos ist, pausenlos verliert und dann noch darauf herumgeritten wird."

Es braucht Geld

Auch die Kosten von Sportwochen werden nicht selten angeführt. Im Sommer, das mag überraschen, sind sie generell sogar höher als im Winter. Marco Cerny, Projektleiter der im Haus des Sports in Wien angesiedelten Servicestelle Schulsportwochen, kennt die Zahlen. 2018/19, im letzten Vor-Corona-Jahr, fuhren knapp 110.000 oder 9,67 Prozent der Schülerinnen und Schüler auf Sommersportwoche – während 14,5 Prozent an Wintersportwochen teilnahmen. Schon da schlug ein Wintersportwochentag mit 65, ein Sommersportwochentag aber mit 76 Euro pro Kopf und Nase zu Buche. Wieso der Sommer mehr kostet? Cerny: "Das Angebot ist breiter, es müssen mehr externe Anbieter hinzugezogen werden."

Nicht jeder Lehrer, nicht jede Lehrerin kann segeln, klettern, Tennisspielen, windsurfen oder reiten. Deshalb werden Fachleute eingebunden. In dem Zusammenhang weist Gerhard Angerer, Spendelhofers Kollege aus Niederösterreich, einerseits auf das Rundschreiben 17/2014 hin. Hier hat das Bildungsministerium genau festgelegt, wofür ein Lehrer oder eine Lehrerin eine Zusatzqualifikation braucht und wofür nicht. Zum Beispiel? Angerer: "Für das Radfahren auf dem Radweg braucht es keine, wenn man sich kundig fühlt. Fürs Mountainbiken braucht es aber auf jeden Fall eine." Ende Mai absolvieren allein 150 Lehrerinnen und Lehrer aus Niederösterreich in Saalbach eine viertägige Aus- und Fortbildung im Mountainbiken.

Es braucht Zeit

Andererseits betont Angerer nicht nur den sportlichen, sondern vor allem den sozialen Aspekt von Schulsportwochen. "Die Lehrerinnen und Lehrer sollen möglichst viel Zeit mit der Schulklasse verbringen. Deshalb ist es gut, wenn nicht nur Angebote von außerhalb in Anspruch genommen werden. Was möglich ist, sollen die Lehrer selbst machen. Das ist mein Credo."

Von den Kosten ganz zu schweigen. Es soll Schulsportwochen geben, für die Eltern wegen Zusatzangeboten 700 Euro berappen. Kein Wunder, dass da der eine oder die andere nicht mitkann. Angerer: "Die Teuerung gibt es nicht nur im Supermarkt. Politik und Wirtschaft sind gefordert, an einem Strang zu ziehen." Die erwähnte Servicestelle wurde von drei Ministerien (Bildung, Sport, Wirtschaft), der Wirtschaftskammer und Sport Austria auf die Beine gestellt und mit 300.000 Euro gespeist, sie macht pro Bedarfsfall bis zu 100 Euro locker. Auch Elternvereine setzen sich ein. Und die Bundesländer helfen in unterschiedlicher Ausprägung, etwa Wien mit 80 Euro oder Salzburg mit bis zu 270 Euro oder Niederösterreich (bei Landesschulen) mit genau gar nichts.

Laut Spendelhofer und Angerer überwiegen die Chancen, die Schulsportwochen bieten, die Risiken klar. Viel hänge von der Motivation der Pädagoginnen und Pädagogen ab. "Wenn sie voll Vorfreude sind", sagt Sonja Spendelhofer, "dann schwappt diese Vorfreude auf die Schülerinnen und Schüler über." (Fritz Neumann, 11.5.2023)