Der Warnstreik ist von Sonntagabend 22 Uhr bis Dienstagnacht um 24 Uhr geplant.

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Berlin – Bahnreisende in Deutschland müssen sich auf den bislang längsten Streik im diesjährigen Tarifkonflikt einstellen. Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) will ab Sonntagabend 22 Uhr bis Dienstagnacht 24 Uhr bundesweit praktisch den gesamten Bahnverkehr lahmlegen, wie die EVG am Donnerstag ankündigte. Der dritte Warnstreik in der Tarifrunde wäre damit mit 50 Stunden auch der längste. Er soll die Deutsche Bahn (DB), aber auch fast alle der rund 50 weiteren Bahnanbieter treffen.

Die Gewerkschaft begründete dies mit den stockenden Gesprächen, die seit über zwei Monaten geführt werden. "Wir werden deshalb noch einmal unübersehbar signalisieren, dass die vorliegenden Angebote erheblich nachgebessert werden müssen", sagte Tarifvorstand Cosima Ingenschay. "Da sich an den Verhandlungstischen nur wenig bewegt, wird jetzt noch einmal gestreikt."

DB-Vorstand: Arbeitskampf ist "restlos überzogen"

"Die Auswirkungen und Ausfälle werden diesmal gravierender und länger andauern als bei den letzten Streiks in Deutschland", warnen die ÖBB. Alle betroffenen Reisenden werden gebeten, auf nicht notwendige Fahrten zu verzichten oder auf alternative Verkehrsmittel umzusteigen. Die Detailinformationen über betroffene Verbindungen werden laufend über die Homepage oebb.at beziehungsweise die ÖBB-Fahrplanauskunft Scotty aktualisiert.

Der Personalvorstand der Deutschen Bahn, Martin Seiler, kritisierte den angekündigten Arbeitskampf am Donnerstag als "irrsinnig" und "restlos überzogen". "Statt Kompromisse zu suchen, will die EVG unglaubliche 50 Stunden das Land lahmlegen. Das ist quasi der Vollstreik ohne Urabstimmung", teilte er mit. Bei der DB arbeiten 180.000 der 230.000 Beschäftigten, für die die EVG aktuell verhandelt.

Gewerkschaft will zwölf Prozent mehr Lohn

Bereits Ende März hatte die EVG gemeinsam mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi den Verkehr in Deutschland weitgehend lahmgelegt. Ende April legte die EVG mit einem achtstündigen Warnstreik bei den Bahnen nach. Die Tarifverhandlungen im Bahnsektor laufen seit Ende Februar.

Die Gewerkschaft verhandelt für rund 230.000 Beschäftigte bei rund 50 Bahn- und Busunternehmen und pocht auf zwölf Prozent mehr Lohn, mindestens aber 650 Euro im Monat mehr. Die Bahn will sich am Abschluss des öffentlichen Dienstes orientieren. Die Offerte des Staatskonzerns umfasst rund zehn Prozent mehr Lohn für untere und mittlere Einkommen, acht Prozent mehr Geld für höhere sowie zusätzlich 2.850 Euro Inflationsausgleichsprämie für alle.

Zuletzt kam die Bahn der EVG zwar bei der Verankerung des Mindestlohns in den Tariftabellen entgegen, die Gewerkschaft hält dies aber für unzureichend. Rund 2.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erhalten diesen aktuell bei der Deutschen Bahn nur über Zulagen. Die EVG will vor den Verhandlungen über Tariferhöhungen zunächst den Mindestlohn von zwölf Euro in der Gehaltstabelle verankern. (Reuters, APA, red, 11.5.2023)