Der ewige Vorarlberger.

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Als Markus Mader zehn oder zwölf Jahre alt war, wollte er unbedingt Koch werden. Das lag nicht unbedingt am großen Appetit, sondern an seiner Schüchternheit. Der Bub aus Bregenz empfand Mädchen als doof, im Sinne von "kompliziert". Er konnte sich nie und nimmer vorstellen, irgendwann eine Frau zu haben. Da ihm ein gewisser Weitblick gegeben war, dachte er: "Ich muss ja was essen, also werde ich Koch." Er wurde es nicht. Kinder können sich irren.

Markus Mader wird am 19. Mai 55 Jahre alt. Selbstverständlich ist der Trainer von Austria Lustenau verheiratet, die beiden Kinder sind erwachsen und flügge. Er wohnt mit seiner Frau seit 1997 in einem Häuschen in Dornbirn, der Garten muss gepflegt werden, Rasenmähen zählt allerdings nicht zu den Lieblingsbeschäftigungen. "Andererseits bin ich in der privilegierten Lage, Rasen mähen zu dürfen." An der weißen Küchenwand steht in großen schwarzen Buchstaben geschrieben: "Hier bin ich Mensch, hier darf ich sein." Der Spruch stammt von Johann Wolfgang von Goethe. "Ich mag diesen Satz, das ist unser Zuhause, jeder wird so akzeptiert, wie er ist. Mit all seinen Macken und positiven Eigenschaften."

Lokale Größe

Mader hat das Ländle, von Dienstreisen und Urlauben abgesehen, nie verlassen. "Vorarlberg ist meine Heimat, es hat sich nichts anderes ergeben." Sein Vater war Buchhalter, die Mutter Hausfrau, eine typische Kleinfamilie, dazu gehörte auch Maders jüngere Schwester. Er selbst spielte ganz passabel Fußball, die Position war die des Stürmers. "Ich habe gar nicht so selten ins Tor getroffen." Er schaffte es zu einer lokalen Größe, vergnügte sich in den unteren Klassen, bei Schwarz-Weiß Bregenz, FC Hard, FC Wolfurt, Admira Dornbirn, FC Egg, nicht einmal der FC Langenegg fehlt in seiner Vita. Zum Profi reichte es nie, das lag auch an den geografischen Gegebenheiten. "In Vorarlberg gab’s damals keine Profimannschaft, ich hätte wegziehen müssen, das habe ich mich nicht getraut." Zudem habe es ihm am herausragenden Talent gemangelt. "Und ein bisserl faul war ich auch."

Die wirklich begabten Vorarlberger zog es in den Osten Österreichs. Mader hat im Westen keine Bäume und schon gar keine Wälder ausgerissen, nicht einmal zu einem Vorbild, dem man nacheifern wollte, hat es gereicht. "Der Hans Krankl war viel zu weit weg. Fußball war nur mein Hobby. Wir genossen es, nach den Spielen mit den Familien und Freunden beisammenzusitzen." Mader musste tagsüber arbeiten, er war im Außendienst tätig, verkaufte Büroartikel, Leasing- und Kreditverträge, auch in der Immobilienbranche stellte er seinen Vorarlberger. "Ich habe sogar Fenster verkauft." Hochwertige Fenster.

Egg, Blau-Weiß Feldkirch, Schwarzach, Hatlerdorf

Als Trainer, diese Art Karriere begann 2006, blieb er Amateur. Egg, Blau-Weiß Feldkirch, Schwarzach oder Hatlerdorf eint, kein Geld für Anstellungen oder anderen Übermut zu haben. Im Sommer 2021 sollte sich das Leben des Markus Mader radikal ändern. Obwohl er in Vorarlberg geblieben ist. Zweitligist Austria Lustenau hat ihn engagiert. Und Mader konnte zum ersten Mal vom Fußball leben.

Der Rest ist eine fast kitschige Geschichte, Aufstieg in die Bundesliga, Lustenau führt aktuell die Tabelle der Qualifikationsgruppe an, kann vier Runden vor Schluss nicht mehr absteigen. Die Teilnahme am Europacup-Playoff ist nicht unwahrscheinlich. Am Samstag führt die Dienstreise zum Wolfsberger AC. Das Erfolgsgeheimnis der Mannschaft? "Sie hat einen unglaublichen Charakter, ist ein eingeschworener Haufen, keiner lässt sich hängen, sie sind demütig unterwegs. Natürlich ist Lustenau für die meisten Spieler nur eine Zwischenstation, ein Sprungbrett, das wissen wir." Anders ausgedrückt: Sie sind nach Vorarlberg gekommen, um Vorarlberg gestärkt zu verlassen. Haris Tabako-vic, den es in den Osten zur Wiener Austria zog, ist nur eines von vielen Beispielen.

Humor zählt

Mader hat einen Leitsatz: "Mit Humor fällt alles leichter. Humor und Respekt sind die wichtigsten Tugenden. Ich bin ein lustiger Mensch." Vorbilder als Trainer hat er keine, wie sollte er auch. "Ich habe ja nie gedacht, das ich einmal in der Bundesliga arbeite. Es ist eine außergewöhnliche Reise, die ich spät angetreten habe. Der Eintritt in die große Welt, jedes Spiel ein Highlight, die Gegner heißen Salzburg, Sturm oder Rapid. Auf einmal trage ich Verantwortung, hab’ 24 Stunden am Tag Fußball im Kopf."

Er zählt sich nicht zur Spezies "der Laptoptrainer. Die werfen mit Begrifflichkeiten herum, die keiner versteht. Ich bin der einfach Gestrickte, versuche mit einfachen Methoden und Worten alle zu erreichen. Du sollst nicht zu kompliziert sein. Ich habe einen roten Faden, bin kein Besserwisser, möchte mit den Spielern zusammenarbeiten, da braucht es Empathie, Ehrlichkeit, hundertprozentige Leidenschaft. Wesentlich ist, dass du Mensch bleibst, dich nicht verbiegst, die Augen und Ohren immer offen hältst, aus Fehlern lernst."

Mader hat in Lustenau einen Vertrag bis 2024. "Verträge sind nur ein Stück Papier", sagt er. "Es kann schnell gehen, Fußball ist ein Ergebnissport." Ob er sich vorstellen kann, Vorarlberg irgendwann doch zu verlassen? "Du darfst im Leben nichts ausschließen. Ich bin das beste Beispiel dafür."

Rasenmäher hat Markus Mader in seinem alten Leben übrigens nie verkauft. (Christian Hackl, 12.5.2023)

Technische Daten und mögliche Aufstellungen

Wolfsberger AC – SC Austria Lustenau (Wolfsberg, Lavanttal-Arena, 17.00 Uhr, SR Ciochirca). Bisherige Saisonergebnisse: 3:1 (a), 0:1 (h), 3:1 (a)

WAC: Bonmann – Veratschnig, Baumgartner, Piesinger, D. Gugganig, Scherzer – Omic, Leitgeb, Boakye – Baribo, Malone

Es fehlen: Taferner (gesperrt), Kerschbaumer (Bänderblessur im Knie), Gütlbauer (im Training)

Lustenau: Schierl – Adriel, Maak, Hugonet – Anderson, Grabher, Surdanovic, Tiefenbach, Guenouche – Diaby, Fridrikas

Fraglich: Grujcic (Zehenverletzung)

SCR Altach – TSV Hartberg (Altach, Cashpoint Arena, 17.00 Uhr, SR Altmann). Bisherige Saisonduelle: 1:2 (a), 1:0 (h), 2:2 (a)

Altach: Casali – Strauss, L. Gugganig, Edokpolor, Herold – Jurcec, Zwischenbrugger, Haudum, Balic – Bischof, Nuhiu

Es fehlen: Jäger (gesperrt), Schreiner (Knie), Reiter (Kreuzbandriss), Bähre (Unterschenkel), Thurnwald (Achillessehne), Tartarotti (Adduktoren)

Hartberg: Sallinger – Heil, Sonnleitner, Rotter, Pfeifer – Frieser, Kainz, Sangare, Prokop – Avdijaj, Providence

Es fehlt: keiner