Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch ist ein Beschluss, einen "externen Informatiker" zur Überprüfung des Abstimmungsprozesses hinzuziehen, nicht gültig.

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Wien – Just nach Ende der Stimmabgabe bei der SPÖ-Mitgliederbefragung ist der Dauerstreit in der Partei neuerlich eskaliert. Am Sonntag war etwa die Rede von "Heckenschützen", "Gehässigkeiten" und "Privatmeinungen". Die Protagonisten dieser Auseinandersetzung waren die neue Leiterin der Wahlkommission Michaela Grubesa, und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch. Erstere wirft Zweiterem vor, die Arbeit des Gremiums zu behindern.

Wirksamer Beschluss oder nicht?

Zur Vorgeschichte: Der Leiter der Wahlkommission Harry Kopietz war am Donnerstag gesundheitsbedingt zurückgetreten. Am Sonntag davor hatte das Gremium – laut Deutsch während Kopietz' Krankenstand – mehrheitlich per Umlaufbeschluss festgelegt, dass ein "externer Informatiker" zur Überprüfung des Abstimmungsprozesses zugezogen werden soll und die beiden USB-Sticks, auf denen der Präsident der Notariatskammer die elektronisch abgegebenen Stimmen verwahrt, ebenfalls von einem "unabhängigen Informatiker" überprüft werden sollen.

Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch will das so nicht akzeptieren. Der "angebliche Umlaufbeschluss" sei "aus Formalgründen gar nicht wirksam", heißt es in einem Schreiben an die APA. Denn die Wahlkommission müsste einstimmig beschließen, dass überhaupt ein Umlaufbeschluss gemacht werden könne. Damit müssten alle Mitglieder einverstanden sein.

Grubesa zu Deutsch: "Nicht sein Zuständigkeitsbereich"

Das wiederum wollte Grubesa, die dem Lager des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Peter Doksozil zugerechnet wird, nicht so stehen lassen. Deutsch sei kein Teil der Wahlkommission, er mische sich "mit seiner Privatmeinung in Angelegenheiten ein, die nicht in seinen Zuständigkeitsbereich fallen", meinte die neue Leiterin der Kommission Sonntagmittag zur APA.

Darüber hinaus widersprächen Deutschs Behauptungen den Statuten und dem geltenden Regelwerk: "Ich appelliere an ihn, die demokratisch legitimierte Wahlkommission arbeiten zu lassen, damit wir Transparenz, sowie eine faire und nachvollziehbare Wahl sicherstellen können und uns in unserer Arbeit nicht zu behindern."

Deutsch kritisiert "Heckenschützen"

In und um die Wahlkommission gibt es seit Wochen eine intern erbittert ausgetragene Fehde zwischen dem vor allem von Wien repräsentierten Lager von Amtsinhaberin Pamela Rendi-Wagner und jenem des burgenländischen Landeshauptmanns Doskozil, in dem sich etliche Bundesländer-Vertreter befinden. Letztere Gruppe vermisst Transparenz, was erstere zurückweist.

Kopietz, der als Wiener seit Beginn des Prozesses mit Misstrauen vor allem aus den anderen Bundesländern konfrontiert war, war zuletzt gesundheitsbedingt zurückgetreten. Gerüchte, wonach der Schritt mit dem Umlaufbeschluss zusammenhing, werden von Deutsch scharf zurückgewiesen: "Dass Gehässigkeiten gegen eine Person sogar noch nach seinem Rücktritt weitergehen, passt ins Gesamtbild." In dem Schreiben des Bundesgeschäftsführers ist von "Heckenschützen" die Rede, die Lügen verbreiteten, dies auch im Zusammenhang mit der letzten Mitgliederbefragung aus dem Jahr 2020.

Grubesa wiederum, die automatisch als Vize aufrückte, hatte umgehend nach Kopietz' Rückzug quasi eine Transparenz-Offensive ausgerufen. Unter anderem sollen alle drei Kandidaten-Teams Wahlzeugen für den gesamten Auszählungsprozess nominieren können. Rendi-Wagner verzichtete darauf, Doskozil entsendet einen Anwalt.

SPÖ: "Sicherste Mitgliederbefragung Österreichs"

Die SPÖ hält am Sonntag in Deutsch' Schreiben fest, dass der gesamte Prozess transparent, korrekt und nachvollziehbar aufgesetzt sei und auf vom Bundesparteivorstand beschlossenen Verfahrensrichtlinien basiere. Noch nie sei in Österreich eine Mitgliederbefragung durchgeführt worden, die sicherer sei. Ein Notar und ein IT-Sachverständiger seien in die Abwicklung und Überprüfung der Vorgänge eingebunden.

Am vergangenen Donnerstag gaben jedoch Sicherheitsforscher von Certitude Consulting bekannt, dass das Erhebungstool für die SPÖ-Mitgliederbefragung nicht sicher genug gewesen sei, um eine Manipulation ausschließen zu können. Sie konnten zwei kritische Schwachstellen identifizieren. Die SPÖ wies dies "entschieden" zurück.

Die Befragung an sich ist längst geschlagen, zuletzt konnten am Mittwoch Stimmen abgegeben werden. Doch wird das Ergebnis erst mit 22. Mai feststehen. Da tritt die Wahlkommission zusammen. Dass es so lange dauert, wird damit begründet, dass bei den Briefstimmen der Poststempel gilt und man daher noch einige Tage abwarten muss. Dann folgt das verlängerte Feiertagswochenende, das die Auszählung weiter verzögert. Die Siegerin oder der Sieger wird danach die wohl nicht einfache Aufgabe haben, die unterschiedlichen Lager in der Partei zu befrieden. (APA, red, 14.5.2023)